Dohlenfelder Thronfolgestreit - Hagens Heer marschiert auf

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Texte der Hauptreihe:
K28. Sieg
K95. Kajax
F25. Epilog

Nordmarken, 1033

Alvide von Eichental wollte ihren Ohren kaum trauen, als Hagen von den Geschehnissen in Dohlenfelde berichtete. Wie die übrigen Heerführer auch stand sie gerüstet im Feldherrenzelt Hagens und hatte dessen Bericht gelauscht. Die Plattenrüstung aus Angbarer Stahl wog schwer, selbst wenn ihr Helm noch neben ihr auf dem Tisch lag.
Wer wohl hinter dem Attentat steckte? Unverhohlen ließ sie ihren Blick über die Anwesenden schweifen, doch konnte sie nichts als Überraschung und teils gar Entsetzen auf den Gesichtern sehen. Das Attentat würde nichts zum Guten ändern und vieles zum Schlimmeren. Hagen hatte seine Glaubwürdigkeit verloren und Angronds Truppen würden nun voller Rachegelüste angreifen. Für Hagen stand eine schwierige Schlacht bevor.
Die Aufstellung hatten sie bereits am Vortag ausgearbeitet. Alvide war nicht zufrieden, aber es war wohl die beste Formation, die man mit einem unerfahrenen Kommandeur, wie Hagen einer war, aushandeln konnte.
Hitzige Worte flogen hin und her. Hagen tobte und verlangte zu wissen, wer hinter dem Attentat steckte. Ein hitziger junger Ritter bezichtigte Rajodan von Eistenstein, doch dieser wies die Anschuldigungen nicht weniger hitzig zurück. Flüche und Anschuldigungen flogen hin und her, und so manch einer griff bereits nach den Schwertern.
Prinz Trishdan von Hartsteen diskutierte lautstark mit Baron Nerek von Schnakensee, und Vogt Leodegram von Starkenrast versuchte, sich lautstark bei Hagen Gehör zu verschaffen. Baron Roklan wurde von Vogt Sieggold vom Berg m.H. zur Seite gestoßen. Baron Ulfried von Streitzig packte den Vogt und begann, ihn zurechtzuweisen.
Alvide blickte entsetzt auf das Getümmel. Das war kein Kriegsrat mehr, sondern drohte in einem Handgemenge zu enden! Beherzt riss sie ihrer Knappin Birsel Has von Hügelsaum die Bartaxt aus der Hand. Ein kurzer Schwung und die Axt krachte in die Tischplatte. Das Getümmel endete mit einem Schlag. Alle Blicke richteten sich auf Alvide.
„Wer auch immer hinter dem Attentat steckt, hat uns keinen Gefallen getan. Angronds Truppen werden mit neuem Elan gegen uns anstürmen, aber wir werden standhalten und sie zerschmettern. Der Schlachtplan steht. Begeben wir uns also auf unsere Positionen und beginnen wir mit unserem blutigen Tagewerk.“
Hagen blickte seine Halbschwester kurz an.
Rondra mit Euch allen! Der gerechten Sache gebührt der Sieg, und so werden wir über Angronds Heer triumphieren!“
Sprachs und stapfte klirrend aus seinem Zelt heraus. Die übrigen Anführer folgten ihm.
Alvide schulterte ihre Bartaxt und verließ das Zelt. Draußen warteten bereits Knechte mit ihren Pferden. Schwerfällig schwang sich Alvide in den Sattel ihres Streitrosses und trieb es zu der Anhöhe, von der aus sie die Anfänge der Schlacht beobachten würde. Alvide hatte das Kommando über die Reserve inne. Eine Aufgabe, um die sie niemand beneidete. Schließlich war es ihre Aufgabe, die Schlachtsituation selbstständig soweit einzuschätzen, dass sie ihre Reserve an der richtigen Stelle in Position bringen konnte. Viel Ehre konnte man hier kaum erringen, aber Alvide hatte ihre Jugendträume am Nebelstein und auf dem Mythraelsfeld begraben.
Eigentlich wäre hier Hagens Position gewesen, aber der junge Baron hatte es vorgezogen, sich an die Spitze der Reiterei zu setzen. Immerhin hatte Alvide 250 Bewaffnete zu ihrer Verfügung. Wenn Hagen, oder irgendeiner der anderen Heerführer irgendwelche Dummheiten begehen würde, konnte sie mit aller Macht versuchen Einbrüche zu verhindern.
Als Alvide den Hügel erreichte hatte gab sie den Ingerimmpriestern einen Wink, und die gesamte Reserve kniete nieder. Den Feldgottesdienst der Rondrageweihten hatten sie natürlich ebenso gehört, doch welcher Koscher würde ohne den Segen des Schmiedegottes in die Schlacht ziehen? Während Alvide ihre Gebete sprach konnte sie die Spitzen von Angronds Heer beobachten, die langsam und wohlgeordnet die Brücke überquerten und, eine gute Meile Luftlinie entfernt, auf dem Schönbunder Grün Aufstellung nahm. Es hatte begonnen.
Alvides Blick glitt über ihre Begleiter. Der hünenhafte Barthalm von Rohenforsten betete voller Innbrunst, während Firntraut von Ödenhof mit geschlossenen Augen vor sich hin murmelte. Immerhin roch die Ritterin in ihrer Rüstung nicht ganz so streng, wie es sonst manchmal der Fall war. Der alte Balinor von den Silberfällen beobachtete das feindliche Heer und schenkte seinem Gebet wenig Aufmerksamkeit. Der Ritter suchte wohl nach dem Banner des Schratzelrothers, der ihn so dreist in einen Hinterhalt gelockt hatte.
Eichbart von Treublatt heftete beim Gebet seinen Blick mit religiöser Inbrunst auf seinen Morgenstern, während Halmdahl von Sindelsaum auch auf das beeindruckende feindliche Heer blickte, das dabei war Aufstellung zu nehmen – aber anstatt der Ruhe des Veterans sah Alvide Unsicherheit in seinen Augen. Halmdahl hatte bereits einige Scharmützel überstanden, aber noch nie eine Schlacht von diesem Ausmaß. Es würden mehr als zweitausend Streiter aufeinander treffen. Wann geschah das zuletzt in den Grenzen der Nordmarken? Vermutlich in der Kaiserlosen Zeit. Alvide schaute zu Halmdahl und war sich sicher, dass sich der Vetter ihres Mannes gut schlagen würde. Die Frage war nur, ob er überleben würde. Wer von ihnen würde am Abend noch in der Lage sein auf eigenen Füßen vom Schlachtfeld zu schreiten?
Die Ingerimmgeweihten beendeten ihr Werk und stimmten einen Choral an. Von den zwergischen Söldner geleitet stimmte das Heer ein. Sackpfeifen und Trommeln erklangen.
Alvide schauderte. So ähnlich war es einst am Nebelstein gewesen, kurz bevor die Tordochai über sie hergefallen waren. Aber hier hatten sie es nicht mit Orks zu tun, sondern mit Rittern, rief sich Alvide selbst in Erinnerung. Zwar Hinterkoscher Rittern, aber doch Rittern. Was mochte ihr mehr Ruhm sichern, als in einer solchen Schlacht ehrenvoll zu streiten?
Ihr Blick schweifte über die zahlreichen Söldner und von den Bogenschützen zu den Geschützen, die quietschend geladen wurden. Ein Ruf von ihr, und Erzward von Steinklos würde Angronds Heer gebührend begrüßen. Nein, Ehre würde sie heute nicht erringen. Dafür hatten spätestens die Attentäter gesorgt.
Hinter Alvide knatterte das Banner mit dem Dachskopf auf grünem Grund. Hier galt es für die Bande ihres Hauses zu streiten. Alvide ballte die gepanzerte Faust und streiten würde sie. Wenn schon keine Ehre, so zumindest der Sieg!
Am anderen Ufer des Darlin beim Niederhof konnte Alvide die Truppen des Allwasservogts Gorfang Reto und des Bürgermeisters Throndwig Gliependiek ausmachen. Dorthin waren die mehr als 250 Flussgardisten, Stadtwehrkämpfer und Söldner also gezogen! Offensichtlich wollten der Allwasservogt und der Bürgermeister eine gute Sicht auf das Schlachtfeld haben, gleichzeitig jedoch beiden Seiten ihre Neutralität kundtun – denn ein überraschendes Eingreifen in die Schlacht war von dort aus kaum möglich.
Nachdem Gorfang Reto seinen Zweikampf gegen den Edlen Darian von Lîfstein gewonnen hatte, hatte er Hagen verkündet, dass er und seine Flussgarde sowie der Bürgermeister sich nicht an der Schlacht beteiligen würden, war das unmittelbare Ziel Seiner Hoheit Jast Gorsam vom Großen Fluss, die Rückgewinnung der Wasserburg, doch erreicht.
Wut stieg in Alvide auf, als sie daran denken musste, wie Gorfang Reto trocken ergänzte:
„Ich würde mich freuen, Euch nach der Schlacht gegen Euren Bruder zum Sieg gratulieren zu dürfen. Angrond die Hand zu schütteln würde mir deutlich weniger Vergnügen bereiten.“
Mit den Flussgardisten und der Stadtwehr hätte Angrond keine zahlenmäßige Überlegenheit mehr gehabt, mit den Flussgardisten und den ambosszwergischen Söldnern Twergenhausens hätten erprobte Elitekämpfer bereit gestanden, die ausnahmslos jedem Streiter in Angronds Heer gewachsen gewesen wäre.
Die Baronin zu Sindelsaum ballte die Faust, denn so war es nicht. Sie unterdrückte mit Mühe einen Fluch. Es würde eine bittere Schlacht mit vielen unnötigen Toten geben – Dank der zynischen Neutralitätserklärung Gorfang Retos vom Großen Fluss und von Brüllenfels.
„Beim nächsten Turnier werde ich den Schwankelfelser in den Staub prügeln“, knurrte Barthalm, der Alvides Blick gesehen hatte.
„Und sobald er wieder im Sattel sitzt werde ich ihn erneut in den Staub treten“, gab Eichbart mit Bestimmtheit zu verstehen.
Halmdahl von Sindelsaum sah die Sache weniger gelassen.
„Erst zwingt uns der Hund aus unserem gut befestigten Lager auszurücken und jetzt, am Tag der Schlacht, stellt er sich auf die andere Flussseite und überreicht dem Sieger die Lorbeeren.“
Porquidstreue eben“, warf Firntraut von Ödenhof ein.
„Was soll man auch von einem Hinterkoscher erwarten?“
Zustimmendes Gemurmel erklang aus der Gruppe. Dann richtete sich die Aufmerksamkeit der Ritter auf Angronds aufziehendes Heer.