Dohlenfelder Thronfolgestreit - Derweil auf Burg Schwarzfels
Burg Schwarzfels, am Abend des 14. Rondra 1033 BF
Darian von Lîfstein saß zusammen mit Dartan di Salsavûr, seines Zeichens Condottiere der Söldnereinheit „Schwarze Adler“ und dem Hauptmann derselben, Gerion Gerdenwald in der Waffenkammer der Burg und suchte sich gerade einen Zweihänder aus der spärlichen Sammlung an Waffen, die dort lagerte aus.
„Das war keine kluge Entscheidung, Darian. Ein Duell um die Burg….“ Dartan schüttelte den Kopf. „Wir könnten die Burg, wenn ich mich nicht irre, einige Wochen halten. Der einzige Weg sie einzunehmen, wäre sie in stücke zu schießen oder sie im Sturmangriff zu nehmen.“
Gerion nickte zustimmend.
„Das würde dem Herrn der Baronie doch zu Gute kommen. Wir würden die gegnerischen Truppen hier binden und sollten sie gar einen Sturmangriff wagen, dann werden sie sich die Burg teuer erkaufen müssen.“
Der Condottiere schaute den Lîfsteiner an, der gerade mit einem Zweihänder herumhantierte.
„Wohl wahr, aber…“, Darian schaute kurz auf, „…aber wie viele von den Männern würden dann noch am Leben bleiben? Nein, das können wir auch anders lösen.“
Dartan schob den Zweihänder wieder in die Scheide und nahm ihn an sich. Diese Waffe, die König aller Waffen, wie manche sie nannten, würde darüber entscheiden, wem die Burg gehören würde.
„Ich habe dem Schwertbruder mein Wort gegeben und ich gedenke nicht mein Wort zu brechen, wie es mein morgiger Gegner in Albernia tat.“
Darian schaute seinem Söldnerführer in die Augen. „Sollte ich durch einen unglücklichen Zufall mein Leben verlieren, führe die Männer bitte Richtung Nilsitz zu Angrond von Sturmfels und meinem Onkel. Ich denke, sie werden sich über Verstärkung freuen. Außerdem habe ich noch was, was du bitte meinem Onkel Hagen übergibst.“
Mit diesen Worten überreichte der Herr von Schrazelroth Dartan einen Brief, den dieser mit einem Nicken annahm.
„Dann wollen wir uns mal zu Bett begeben. Sag den Männern, dass nur eine minimale Besatzung Wache halten soll. Alles andere hatten wir ja schon besprochen. Das Getreide ist verladen und was mit den Rotzen geschehen soll, weißt du ebenfalls. Ich wünsche euch eine angenehme Nacht, auch wenn sie recht kurz sein wird.“
Die beiden Söldnerführer wünschten ebenfalls guten Schlaf und entfernten sich dann in ihre Quartiere.
So dass Darian alleine in der Waffenkammer zurückblieb. Aber auch er verließ, mit dem Zweihänder in der Hand, recht bald die Kammer und begab sich zu Bett.
Burg Schwarzfels, am Morgen des 15. Rondra 1033 BF
Am ersten Tag des Schwertfestes, war Darian, ebenso wie viele andere in der Burg auch, früh erwacht. Schließlich hatte sich recht schnell herumgesprochen, was heute geschehen würde.
Er hatte sich frisch gemacht und etwas zu sich genommen. Danach war er wieder, zusammen mit den Söldnerführern, in seine Kammer zurückgekehrt, um sich zu rüsten.
Er hatte entschieden, dass er eine leichtere Rüstung nehmen würde. Aus dreierlei Gründen, er hatte lange nicht mehr mit dem Zweihänder gekämpft und sollte sich so weniger einschränken. Außerdem war er so wahrscheinlich schneller als sein Gegner. Der dritte Grund war, dass es wohl heute, trotz des Sommergewitters, das über Nacht aufgezogen war, heiß werden würde.
Zum Glück nicht so warm wie in den letzten Tagen und dafür dankte der Lîfsteiner den Göttern.
Als er fast fertig gerüstet war, kam einer der Söldner herein und meldete, dass das gegnerische Heer vor der Burg aufgezogen sei. Darian nahm die Nachricht dankend zur Kenntnis und ging gefolgt von Dartan und Gerion zu den Pferden.
Dartan würde ihn begleiten und ihm sekundieren, währenddessen würde Gerion das Kommando über die Burg übernehmen. Neben den Söldnerführer folgten dem Schrazelrother, noch ein Feldscher der Söldner und der Magier, der sich in einen weiteren Reisemantel gewandt hatte um nicht sofort aufzufallen.
Das Tor wurde geöffnet und die Zugbrücke herunter gelassen. Kurz darauf ritt die kleine Truppe in lockerer Geschwindigkeit vor die Burg.
Noch innerhalb der Rotzenreichweite der Burg, aber auch schon in der des Heeres ließen sie ihre Rösser zum Stehen kommen.
Als sie die Zugbrücke verlassen hatten, waren auch beim Heer Bewegungen auszumachen und eine kleine Gruppe Reiter kam auf Darians Gruppe zu.
Auf der Burgmauer hatten sich derweil fast alle Söldner samt den Trossleuten eingefunden, so dass man meinen konnte, dass in der Burg ein halbes Regiment lagern würde.
Als sich die Reiter gegenüberstanden, so konnte Darian sehen, dass in der gegnerischen Gruppe neben seinem Gegner, dem Allwasservogt, auch Hagen von Sturmfels, der Besatzer der Baronie ritt, sowie noch zwei weitere Reiter, die er nicht kannte. Aber einer von diesen war wohl ebenfalls ein Heiler.
Der Gruppe vorweg war der Initiator des Duells geritten.
Die Reiter stiegen ab und es wurden kurz die üblichen Begrüßungen ausgetauscht, außerdem stellte man sich einander vor.
Da es nicht mehr viel zusagen gab beschloss man, jetzt zum Duell zu schreiten.
Seine Hochwürden Throndwerth von Zweibruckenburg nannte für die Kontrahenten die Regeln des Duells. Außerdem sprach er noch einmal die jeweiligen Bedingungen für den Verlierer an.
Auf Wunsch Darians sprach der Schwertbruder noch ein Gebet.
Nachdem das geschehen war, wiederholten die beiden Kontrahenten noch einmal formell und für die Umstehenden hörbar die Duellforderung, bevor der Geweihte den Choral der Heiligen Ardare anstimmte. Damit hatte er den Ehrenhaften Zweikampf der Göttin angerufen.
Seine Hochwürden lächelte kurz darauf, merkte er doch, dass die Göttin seiner Bitte nachgekommen war und den Kampf gesegnet hatte.
Auch wenn dieses Duell nicht bis auf das dritte Blut ausgefochten wurde, so sollte die Göttin darüber wachen.
Erst jetzt zogen Gorfang Reto vom Großen Fluss und von Brüllenfels, der eine schwere Platterüstung trug, und Darian von Lîfstein ihre Zweihänder und begaben sich in Kampfstellung.
So als ob Rondra ihren persönlichen Segen dazu geben wollte und den Kampf eröffnen wollte, donnerte es noch ein letztes Mal kräftig, bevor der Regen von dannen zog.
Kurz darauf eröffnete der Allwasservogt, trotz seiner mehr als fünfzig Sommer den Kampf mit dem ersten Angriff. Seine Klinge beschrieb einen Bogen und hätte Darian den Kopf von den Schultern geholt, hätte dieser nicht mit seiner eigenen Waffe den Angriff abgeblockt.
Der Schrazelrother ging nun selbst direkt aus der Verteidigung heraus in den Angriff über und deckte den älteren Kämpen mit einigen Schlägen ein. Bis ihn Gorfang wieder in die Defensive drängte.
Für die Umstehenden und auch die Soldaten im Heer und die Söldner auf der Mauer, war schnell zu erkennen, dass sich hier zwei Kämpfer gegenüberstanden, die ihr Handwerk gut verstanden. Beiden war anzusehen, dass sie ihre Waffen mit einer Genauigkeit führten, wie es nur nach jahrelanger Übung möglich war.
Die Schlachtaufstellung des Heeres hatte sich teilweise aufgelöst, da die Soldaten und Söldner gespannt dem Duell zuschauten und ihre Plätze verlassen hatten, um besser sehen zu können.
Wieder griff das Mitglied des Hauses von Großen Fluss mit einem wuchtigen Hieb an, den Darian im letzten Augenblick abwehrte und in einen Konter verwandelte.
Dieser ließ den Allwasservogt, der damit nicht gerechnet hatte, straucheln. Darian setzte nicht, wie er es in einer normalen Schlacht getan hätte, nach, sondern ließ Gorfang erst wieder einen festen Stand finden.
Hätte man unter den Helm des Vetters des Herzogs sehen können, so hätte man kurz die Verwunderung über solch rondrianisches Verhalten gesehen.
Darian griff wieder an, aber jetzt war es Gorfang zu kontern. Er brach durch Darians Verteidigung und ließ sein Schwert auf die linke Schulter des Lîfsteiners niedersausen. Als die Klinge auftraf, war das Geräusch zu hören, wenn Stahl Stahl durchbrach und darauf ins Fleisch schnitt.
Unter seinem Helm verzog Darian das Gesicht und ein kurzer Schmerzlaut entfuhr ihm. Dennoch griff der Her von Schrazelroth wieder an und versuchte die Schmerzen zu ignorieren.
Der Angriff Darians donnerte auf seinen etwas überraschten Gegner herunter. Gorfang schaffte es nicht rechtzeitig seine Klinge zur Abwehr hochzureißen. So dass der Zweihänder Darians nun ebenfalls Blut schmeckte, als er in den linken Arm des Allwasservogts eindrang.
Unter dem Helm desselben kam ein gedämpfter Schmerzlaut hervor.
Die Verletzungen schienen die beiden Kontrahenten aber noch mehr anzufeuern und sie erhöhten noch einmal ihr Tempo.
Um bald darauf schnaufend von einander abzulassen, wobei der ältere Allwasservogt deutlich mehr schnaufte als der Edle von Schrazelroth.
Darian wusste, dass, wenn er den Kampf herauszögern würde, gewinnen würde, da dem Allwasservogt dann wohl die Kraft ausgehen würde. Aber er war selbst verletzt und würde daher einen langen Kampf ebenso nicht mehr überstehen.
Gorfang griff an, aber deutlich langsamer als zu vor. Sein Zweihänder vollführte eine Drehung und kam über Darians linke Seite auf diesen herunter. Der Edle riss seine Waffe zur Parade hoch, bis ihm der Schmerz in seiner Schulter innehalten ließ.
Funken flogen davon, als Klinge auf Klinge traf. Der Bihänder des Allwasservogts rutschte an der Klinge Darians ab und traf diesen flach am Kopf.
Darians Helm hatte eine deutliche Beule bekommen, blieb aber intakt. Dennoch hatte der dumpfe Schlag seine Wirkung entfaltet. Eine ältere Narbe an Darians Kopf war aufgeplatzt und fing an zu bluten.
Dieses Blut behinderte den Lîfsteiner in seiner Sicht und so sah er den nächsten Angriff des alten Kämpfen nicht früh genug kommen.
Die Waffe drang tief in die linke Schulter Darians ein, aus dem dumpfen Schmerzlaut wurde ein dumpfer Schmerzschrei.
Der Edle von Schrazelroth ließ seine Waffe fallen und sackte in sich zusammen.
Seine Hochwürden sprang fast umgehend zwischen die Kontrahenten, als er das sah. Gorfang hatte allerdings schon seine Klinge sinken lassen und schnaufte schwer.
Die Heiler rannten schnell zu ihren jeweiligen Kämpfern. Die Wunde am Arm des Allwasservogts war nicht tief, blutete allerdings dennoch ziemlich stark.
Anders war es bei Darian, dieser lag Blut überströmt am Boden und rührte sich nicht mehr. Hakon von Altenberg, so der Name des Magiers hatte dem Edlen den Helm vom Kopf gezogen, während der Feldscher die Rüstung löste.
Erst als Helm und Torso der Rüstung entfernt waren, konnte man die Ausmaße der Verletzungen sehen. Die Klinge war sehr tief eingedrungen und hatte eine klaffende Wunde hinterlassen.
Der Feldscher versuchte sofort mit Bandagen und Kräutern die Blutung zu stillen, was aber durch die Größe der Wunde nicht gelang.
Hakon kniete sich neben den Heiler und legte seine Hände auf Darians Haupt. Dann begann er in einer alt klingenden Sprache zu singen. Er wiederholte immer wieder dieselben Worte.
Es dauerte einige Augenblicken und Gesangswiederholungen, bis die Blutung langsam aufhörte. Jemand, der direkt daneben stand, konnte sehen, dass nicht nur die Blutung endete, sondern sich die Wunde auch teilweise schloss.
Während dies geschah, wandte sich Dartan di Salsavûr an den Sieger des Duells.
„Wie versprochen werden wir Euch, Exzellenz, die Burg eine Stunde nach dem höchsten Praiosscheibenstand übergeben und abziehen. Der Waffenstillstand endet eine Stunde nach Sonnenuntergang.“
Dartan schaute den Allwasservogt und seine Begleiter an.
Gorfang Reto vom Großen Fluss und von Brüllenfels gab nickend seine Zustimmung.
Hakon und der Feldscher hatten Darian auf sein Pferd gehoben und waren schon auf dem Rückweg in die Burg um ihn weiter zu versorgen.
Nachdem er die Zustimmung des Allwasservogts zur Kenntnis genommen hatte, besteigt der Condottiere ebenfalls sein Pferd und ritt wieder zur Burg, die sie in ein paar Stunden wieder verlassen mussten.
Die Gruppe um den Vetter des Herzogs hatte ebenfalls aufgesessen und begab sich wieder zu ihrem Heer.
Im Burghof war reges Treiben im Gange, als Dartan dort eintraf. Wie es schien, hatte Gerion schon den Befehl gegeben, dass sich die Söldner abmarschbereit machen sollen.
Darian war in seine Kammer gebracht wurden, wo der Magier wieder damit beschäftigt war den Edlen soweit zu heilen, wie es seine Astralkraft zu ließ.
Knapp zwei Stundengläser später verließen die ersten Wagen, in Begleitung der Hellebardiere, die Burg in Richtung Nordwesten.
Genau eine Stunde nach dem höchsten Stand der Praiosscheibe ritt Dartan als letzter Besatzer der Burg über die Zugbrücke.
Sie hatten die Burg genauso erlassen, wie sie sie vorgefunden hatten. Die Vorratsräume fast leer und die Rotzen schussunfähig gemacht. Im Burghof hatten sie die Gefangenen zurück gelassen.
Dartan war in Begleitung einiger Reiter zum Allwasservogt geritten und übergab die Burg formell an diesen.
Der Heerzug der Söldner zog westlich des Darlin in Richtung des Landedlenguts Wichtenfels um von dort weiter nach Norden zu reisen. Wohin die Reise gehen würde, dass wussten nur Dartan, Gerion und Darian, der in einem der letzten Wagen lag und von dem Feldscher betreut wurde.