Dohlenfelder Thronfolgestreit - Das Schicksal zweier Gefangener

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Texte der Hauptreihe:
K28. Sieg
K95. Kajax
K118. Rückzug!
K121. Im Kosch
K122. Frieden!
K123. Epilog
13. Tra 1033 BF
Das Schicksal zweier Gefangener
Zwischenspiel in Twergenhausen


Kapitel 64

Der Aufmarsch
Autor: Reichskammerrichter, weitere

Nordmarken, 1033

Anfang Rondra 1033 BF

Er hörte die Schritte auf dem Gang, die Schritte, die ihm seit Tagen den wichtigsten Rhythmus in seinem Leben brachten. Er hörte Sie einmal morgens und einmal mittags, immer wenn man ihm etwas zu essen brachte. Durch ein kleines Loch in der Decke dieser Behausung fiel schwaches Tageslicht in den Raum in dem er sich befand. Genug um zu erkennen, wann der Tag auf die Nacht folgte und genug um sich in dem Raum, in dem er war zu orientieren.
Perval Gliependiek, der bis vor kurzem mächtigste Mann Twergenhausens saß auf einer einfachen Pritsche. Er blickte sich in dem Raum um, der mit einer schweren hölzernen Tür verschlossen war. Neben ein paar spärlichen Einrichtungsgegenständen fand sich hier nicht viel, immerhin war der Raum nicht gar so winzig, so dass er auf und ab gehen konnte. Ganz offensichtlich war der Raum in einen Fels geschlagen worden – mit Sicherheit keine zwergische Arbeit, soviel war zu erkennen.
Es waren die schlimmsten Tage seines bisherigen Lebens gewesen. Er erinnerte sich nur noch an den plötzlichen Lärm und einen Schlag gegen seinen Kopf. Später war er irgendwo im Nirgendwo wieder zu Bewusstsein gekommen. Mit dem Dolch im Rücken hatte man in immer weiter in die Dunkelheit gedrängt. Irgendwann nach einem schier endlosen Marsch, durfte er dann in einem ein wenig ausruhen. Später wurde er in einer Kutsche weiter fort gefahren. Zunächst hatte er versucht sich zu merken, wie lange er unterwegs war, dann aber hatte ihn der Schlaf übermannt. Irgendwann war er dann in diesen Raum gebracht worden und erst hier hatte man seine Fesseln vollständig gelöst. Bitter war für den mächtigen Patrizier seine Hilflosigkeit einzugestehen, er war in einer Situation, die er selber nicht kontrollieren konnte. In gewisser Weise mußte der Twergenhäuser Patrizier an seinen dereinst ebenfalls entführten Sohn denken und dessen Vorwürfe. Seine Gefühlslage war hin und her gerissen, einerseits verfluchte er die Entführer, er wußte nicht wer sie waren oder warum man ihn entführt hatte. Fragen hierauf wurden nicht beantwortet. Überhaupt redete man wenig mit ihm, meist wurde nur genickt oder mit dem durch eine Kapuze verhüllten Kopf geschüttelt. Andererseits bekam er immerhin regelmäßig - wenn auch sehr einfach - zu essen.
Das Schlimmste aber war die Ungewissheit wie es weiter gehen würde.


Lindos sah sich zum wiederholten Male dem aufgeblasenen Gerichtsherr der Stadt Twergenhausen gegenüber. Und Emmeranus Wladjeff stellte ihm schon zum wiederholten Male Fragen. Und das obwohl der wehrte Gerichtsherr mehr als genau wußte, dass ihm der Lilienthaler keine Antwort geben würde. Jedenfalls nicht so lange er nicht zu anderen Verhörmethoden greifen würde. Und das dies noch nicht geschehen war, war was den Ritter am meisten verwunderte. Immerhin hatte er in seinem Zorn und seiner Verzweiflung schon mehr als das eine Mal dem verdammten Pfeffersack seine Meinung über das Städterpack offen gesagt. Doch der Gerichtsherr blieb ruhig. Lindos mutmaßte, dass innerhalb der Stadt sehr unklare Verhältnisse herrschten und man sich deshalb noch nicht darauf geeinigt hatte, wie man mit ihm verfahren wollte. So hatte er schon mehrere Tage in Einzelhaft verbracht. Aber die Haft war nicht das Schlimmste, zumindest am Anfang nicht, es war Angst die pure Angst ums eigene Leben, die ihn erschüttert hatte. Doch mittlerweile war diese einem unglaublichen Zorn gewichen, einem Haß auf die Städter und auf die ganze verdammte Welt. Später hatte man ihm einen zweiten Gefangenen mit hinein gesetzt. Der aber war mehr als offensichtlich ein Spitzel gewesen, so dass Lindos ihm ein paar nachdrückliche Argumente mit auf den Weg aus der Zelle gegeben hatte.

„Ihr verweigert also auch heute wieder jede Aussage? Offenbar hat Euch der Kerker noch nicht mürbe genug gemacht. Überlegt Es euch gut, Euer Wohlgeboren. Wir wissen, dass ihr in die Entführung verwickelt seid. Wenn Ihr bereit seid zu kooperieren und uns bei der vollständigen Aufklärung zu helfen, dann werden wir von einer entehrenden Bestrafung absehen.“ Er machte eine kleine Pause: „Falls ihr aber nicht bald redet, dann wird es mir nicht mehr möglich sein, weiter meine schützende Hand über Euch zu halten.“

Lindos lächelte nur schief: „Als ob Eure Hand zu irgendetwas nutze wäre, außer zum Festhalten von Dukaten - verdammter Pfeffersack“ Es war zu offensichtlich, dass der Mann ihn anlog.
„Bringt ihn weg“, war die einzige Reaktion des Gerichtsherrn.