Dohlenfelder Thronfolgestreit - Ein Angebot

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Texte der Hauptreihe:
K28. Sieg
K95. Kajax
K118. Rückzug!
K121. Im Kosch
K122. Frieden!
K123. Epilog


Salmingen, 1032

Die Beratungen an der Tafel gingen beim Abendessen unterdessen weiter, man besprach bereits Details – wie etwa das Problem, wie mit der Gattin Angronds, Isida von Quakenbrück, und deren gemeinsamen Kindern umzugehen sei, sollten diese nicht auf Burg Dohlenhorst weilen, sondern wie so oft im Stadthaus zu Elenvina oder gar bei ihrem Onkel in der Baronie Eisenhuett.
Einige der engsten Vertrauten Hagens und Frylindes wussten bereits, dass Throndwig auf der Burg war – und zusammen mit seinem erzzwergischen Justiziar und seiner Sekretärin dabei war, sich über die eventuellen Forderungen Twergenhausens über eine Unterstützung Hagens Gedanken zu machen. Throndwig hatte klar gemacht, dass er befugt sei, für seinen Vater, Bürgermeister Perval Gliependiek, und die Herzogenstadt zu sprechen, auch wenn das letzte Wort natürlich beim Magistrat der Stadt läge. Frylinde hatte bei diesen Gesprächen immer mehr das Gefühl bekommen, dass Throndwig hier eine Gelegenheit sah, sich in der Stadt zu profilieren, und auch die letzten Zweifel im Magistrat auszuräumen, dass er ein geeigneter Nachfolger seines Vaters als Bürgermeister der Herzogenstadt sei.
Auf einmal hörte man eine lautstarke Diskussion vor dem mächtigen, mit silbernen Beschlägen versehen, doppelflügeligen Ulmenholztor, das in den Grafensaal der Burg Salmingen führte. Schließlich öffnete sich die Tür, und ein Gardist in den Farben der Baronie Dunkelforst stolperte, als hätte er einen mächtigen, unsanften Schubs bekommen. Der junge Soldat rappelte sich, alle Blicke der zahlreichen Adligen und Geweihten und wenigen Gemeinen im Grafensaal auf sich gerichtet, auf, rückte seinen Wappenrock zurecht und sprach, den Blick seines Herrn, des Baron Hagen, suchend: „Euer Hochgeboren, der Herr Throndwig...“
Ein bulliger Mann Mitte vierzig mit vollem grauen Haar und an Körperhöhe im Saale wohl einzig von Ritter Korbrandt von Bösenbursch übertroffen, schritt mit mächtigen Schritten in den Raum. Er packte den verdutzten Gardisten mit seiner Linken, einer wahrhaften Pranke, an dessen Schulter und stieß ihn unsanft zur Seite, so dass dieser kaum sein Gleichgewicht halten konnte und sprach mit einem Bass, dem wahrscheinlich auch nur Ritter Korbrandt Paroli bieten konnte und großer Lautstärke:
„GEEHRTESTER HERR Throndwig Perval Aurentian Gliependiek, wenn ich bitten darf.“
Er schritt an der Tafel entlang, musterte die Geweihten und Adligen, nickte dem einen höflich zu, grüßte Irian von Tandosch im raschen Vorbeigehen mit einem freundschaftlichen „Hochgeboren!“ und strafte manch einen mit einem abfälligen Blick, eine Gardistin Dunkelforsts folgte ihm mit eiligen Schritte und der Hand am Schwertknauf.
Baron Hagen und Ansoalda von Leihenhof hatten sich mittlerweile erhoben.
Throndwig kam am Kopfende der Tafel vor dem zur Gänze mit Silber beschlagenen Salminger Grafenthron, auf dem seit nunmehr 762 Jahren niemand mehr Platz genommen hatte, zu stehen. Die vier Grafen zu Ferdok, die die Salminger zwischen 162 und 270 BF stellten, standen in Lebensgröße aus Marmor gehauen zur linken und zur rechten desselben. Die Wand hinter dem Grafenthron war geschmückt von den jeweils zwei Schritt breiten Bannern der Baronien Dunkelforst, Baruns Pappel und Dohlenfelde.
Der Patrizier verbeugte sich vor Ansoalda und küsste der Baronin die Hand, verbeugte sich danach so knapp, dass es gerade nicht möglich war, ihm einen Etikettebruch vorzuwerfen, vor Baron Hagen, den er um einen halben Kopf überragte und an Körpermasse bestimmt um das doppelte übertraf, obwohl der Baron sicherlich nicht als schmächtig bezeichnet werden konnte. Der sprach, nach einem kurzem Blickwechsel mit seiner Mutter Frylinde – Hagen selbst hatte Throndwig bisher erst zwei oder dreimal flüchtig getroffen, und nie auch nur ein Wort mit dem Patrizier gewechselt:
„Geehrtester Herr Throndwig Gliependiek, ich freue mich, Euch auf meiner Burg Salmingen begrüßen zu dürfen. Darf ich Euch etwas anbieten?“
Danach setzten sich Hagen und Ansoalda. Und auch Throndwig setzte sich – auf den Stuhl auf dem vor wenigen Augenblicken noch Korbrandt von Bösenbursch gesessen hatte, bevor er sich schräg hinter dem Patrizier, an der Seite der Gardistin, breitschultrig aufgebaut hatte. Als Korbrandt dieser Unverfrorenheit gewahr wurde holte er tief Luft, man sah eine Ader an seiner Schläfe pulsen. Er würde diesen mistverdammten Bürgerlichen lehren, was...
Aber dazu kam es nicht. Frylinde fuhr den Ritter geistesgegenwärtig und mit aller Schärfe an: „Korbrandt!“
Der Ritter hielt inne, als die Baronsmutter mit eisigem Blick zu Throndwig Gliependiek fortfuhr: „Korbrandt, ich bin ganz, ganz sicher, dass Ihr einen einen besseren Platz an dieser Tafel finden werdet als diesen hier, der doch so unangenehm kalt und zugig ist, aber für den sich der Geehrteste Herr offensichtlich dennoch entschieden zu haben scheint...“
Korbrandt war seine Wut offensichtlich anzusehen, aber er wusste, dass dies der falsche Zeitpunkt für eine weitere Eskalation war. Er schnaubte und stampfte davon, um sich einen Krug Bier zu holen.
Manch einer der Versammelten hätte gerne einen Kampf zwischen dem Patrizier und dem Ritter gesehen – gaben sich doch beide an ihren Bewegungen und ihrem Auftreten als exzellente und furchtlose Kämpfer zu erkennen. Throndwig sprach: „Hochgeboren Frylinde von Salmingen, lasst die Wahl meines Sitzplatzes meine Sorge sein. Das schnelle Frieren ist meine Sache nicht, aber habt Dank der Informationen über die Koscher Burgenbaukunst. Dürfte ich höflichst um Plätze für meine Sekretärin und meinen Justiziar bitten?“
Eine adrett gekleidete Bürgerliche um Ende Dreißig und ein Angroscho mit langem rotem Bart waren fast unbemerkt von den anderen Gästen in den Raum getreten und suchten sich leise und den anweisenden Blicken Frylindes folgend Sitzplätze in der Nähe des Patriziers.
Auf einen Wink Hagens hatte man Throndwig einen randvollen Bierkrug gebracht, und nachdem dieser mit dem ersten Zug die Hälfte des Kruges geleert hatte, sprach der Patrizier:
„Der Magistrat der Herzogenstadt Twergenhausen, für den ich hier stellvertretend zu sprechen wage, könnte sich eine engere Zusammenarbeit mit Euch, Hochgeboren Hagen von Salmingen-Sturmfels, durchaus vorstellen. Ich habe heute Nachmittag ja bereits einige Stunden mit Eurer hochgeborenen Mutter über Eure Vorstellungen gesprochen, und mein Justiziar Meister Farrosch Sohn des Fanderom und ich haben einen unverbindlichen Vorvertrag aufgesetzt, der als Diskussionsgrundlage dienen mag.“
Hagen schaute zu seiner Mutter. Ihre Stirn war gerunzelt und ihre Lippen aufeinandergepresst, während ihr Blick auf dem Patrizier weilte. Es war klar, dass sie mit dem, was Throndwig nun vortragen würde, nicht allzu glücklich war.
Ungeduldig forderte Hagen diesen auf: „So lasst uns hören, was Euer Vorschlag ist!“
Throndwig nickte seiner Sekretärin Tsadane Platzhalter zu, die mehrere Pergamentbögen hervorholte, und mit ruhiger Stimme vorzulesen begann:
„Dies ist ein Vertrag zwischen dem Baron zu Dohlenfelde, Seiner Hochgeboren Hagen von Salmingen-Sturmfels, und dem Bürgermeister der Herzogenstadt Twergenhausen, dem Geehrtesten Ratsherrn Perval Aurentian Bosper Gliependiek, der laut Privilegium Sighelmi berechtigt ist, solche Verträge eigenmächtig zu schließen. Der Vertrag teilt sich in zwölf Paragraphen.
Ad primum: Die Benutzung des Hafens Twergenhausens und seiner Anlegestellen für die Schiffe des Barons zu Dohlenfelde und seiner Verbündeten ohne die üblicherweise anfallenden Liegegebühren, wobei jeweils zwei volle Tage für das Entladen genehmigt werden. Die Stadt zu betreten ist den Kämpfern, die nicht von Stand sind, untersagt, die Kämpfer werden von Waffenträgern der Stadt umgehend zu einem Sammelplatz in der Growinsmark geleitet werden und von dort zu einem von Hagen gewünschten Zeitpunkt an die Grenze der Baronie Dohlenfelde geführt. Ein Betreten der Growinsmark ist allen Kämpfern, die nicht von Stande sind, von diesem Zeitpunkt an ohne ausdrückliche Erlaubnis des Magistrats untersagt. Allen auf den Schiffen Hagens und seiner Verbündeten Anreisenden ist es ohne ausdrückliche anderweitige Erlaubnis untersagt, Handel oder Gewerbe in Twergenhausen oder der Growinsmark zu treiben.
Ad secundum: Die Herzogenstadt offeriert die Bezahlung der vom Baron Dohlenfeldes und seinen Verbündeten angeworbenen, in der Baronie Dohlenfelde stehenden Söldner (nicht Gardisten oder Landwehrleute!) vom einschließlich 20. Hesinde bis zum einschließlich 30. Tsa 1032 BF (die üblicherweise nichtschiffbare Zeit). Die Bezahlung erfolgt nach dem Khunchomer Kodex und durch Mittelsmänner der Stadt direkt an die Söldnerführer.
Ad tertium: Auf Wunsch des Barons zu Dohlenfelde wird die Herzogenstadt Twergenhausen günstigen Schiffsraum für den Truppentransport auf dem Großen Fluss nach Twergenhausen für bis zu zwei Wochen, aber längstens bis zum ersten Eisgang, zur Verfügung stellen. Die Kaufleute können zwei Transportschiffe anbieten, wobei von Hagen einzig der Sold der Mannschaften und des Kapitäns zu entrichten ist.
Ad quartum: Auf Wunsch des Baron zu Dohlenfelde stellt Twergenhausen Truppen, die Burg Schwarzfels zu erobern und vor allen Übergriffen Angronds und seiner Verbündeten zu sichern. Für diese Truppen fallen für Hagen keinerlei Kosten an, und diese Truppen werden vom Plündern in Dohlenfelde absehen. Sollte es diesen Truppen nicht gelingen, Burg Schwarzfels einzunehmen, wird ad undecimum null und nichtig.
Ad quintum: Die Herzogenstadt Twergenhausen offeriert dem Baron zu Dohlenfelde einen Kredit in noch auszuhandelnder Höhe, jedoch hoch genug, um die Eroberung der Baronie sicherzustellen. Die Rückzahlung erfolgt mit einem Jahreszins von zwölf Teilen von Hundert über maximal zwölf Jahre gestreckt.
Ad sextum: Die strikte Geheimhaltung aller Vorhaben Hagens gegenüber Angrond, seinen Vasallen und seinen Untertanen.“
Throndwigs Sekretärin hielt an dieser Stelle kurz inne und ließ die bisher vorgetragenen Punkte ein paar Augenblicke lang auf die Anwesenden wirken, ehe sie zu den Forderungen der Herzogenstadt kam:
„Ad septum: Die Baronie Dohlenfelde schränkt den Handel des Albenhuser Bundes innerhalb Dohlenfeldes in keiner Weise ein, noch empfiehlt der Baron Dohlenfeldes seinen Vasallen und Untertanen, nicht mit Kaufleuten des Albenhuser Bundes zu handeln. Dies wird vom Baron Dohlenfeldes per Anschlag und Ausrufer bekanntgegeben. Der Wortlaut ist mit dem Magistrat Twergenhausens abzustimmen.
Ad octavum: Für die Zölle, die der Baron zu Dohlenfelde von Kaufleuten des Albenhuser Bundes in Dohlenfelde erhebt, gelten die Tarife des 1. Praios 1026 BF. Gleiches gilt für die Plätze der Zollstellen. Jede Änderung der Tarife verlangt die Zustimmung des Magistrats Twergenhausens, ebenso jede Verlegung einer Zollstelle oder die Schließung oder Neueröffnung einer solchen. Dies wird vom Baron Dohlenfeldes per Anschlag und Ausrufer bekanntgegeben. Der Wortlaut ist mit dem Magistrat Twergenhausens abzustimmen.
Ad nonum: Das Haus Gliependiek erhält wieder Titel und Funktion des Hoflieferanten des Barons zu Dohlenfelde. Das Haus Engstrand verliert Titel und Funktion des Hoflieferanten. Dies wird vom Baron Dohlenfeldes per Anschlag und Ausrufer bekanntgegeben. Der Wortlaut ist mit dem Hause Gliependiek abzustimmen.
Ad decimum: Die Herzogenstadt erhält die Hälfte der Anteile, die der Baron zu Dohlenfelde am 1. Praios 1032 BF an der Freiherrlich Dohlenfeldschen und Bergköniglichen Eisenwaldschen Minencompagnie hält, mit allen Rechten und Pflichten. Die Herzogenstadt bezahlt dafür dem Baron zu Dohlenfelde die kummulierte Rendite aus den Einnahmen der genannten Compagnie der Jahre 1028 BF, 1029 BF, 1030 BF und 1031 BF zu gleichen Teilen in Gold und Silber.
Ad undecimum: Die Burg Schwarzfels an der Via Ferra wird durch vom Magistrat Twergenhausens bestimmte Truppen besetzt. Die Burg bleibt formell Eigentum der Ritter zu Schwarzfels, diese verpachten dieselbe jedoch auf ewig für zwölf mal zwölf Dukaten pro Jahr an den Magistrat der Stadt. Für die Herzogenstadt Twergenhausen ergeben sich aus dem Besitz der Burg Schwarzfels keinerlei weitergehenden Verpflichtungen gegenüber dem Baron zu Dohlenfelde oder gar dem Ritter zu Schwarzfels, schon gar keine Heeresfolgepflicht. Der Magistrat verpflichtet sich freiwillig, die Burg allzeit gut bemannt und in einem wehrbereiten Zustand zu halten. Der Baron zu Dohlenfelde verpflichtet sich freiwillig, Twergenhäuser Bürgern und Truppen jederzeit freien Zugang zur Burg Schwarzfels zu gewähren. Der Zugang hat auf direktem Wege von Twergenhausen über die Via Ferra zu erfolgen. Handel oder Gewerbe darf auf dem Weg zur Burg nicht getrieben werden. Auch auf Burg Schwarzfels darf weder Handel noch Gewerbe getrieben werden.
Ad duodecimum: Der Baron Dohlenfeldes entschuldigt sich beim Bürgermeister Twergenhausens, beim Magistrat der Herzogenstadt und bei deren Bürgern für die Schmähungen, die von seinem Vater, Seiner Hochgeboren Bernhelm von Sturmfels mittleres Haus, gegen die Genannten geäußert wurden. Weiterhin verkündet der Baron Dohlenfeldes feierlich, von solchen Schmähungen in Zukunft abzusehen. Die Entschuldigung hat vom Baron Dohlenfeldes persönlich vor dem versammelten Magistrat der Stadt in einer öffentlichen Sitzung zu erfolgen. Der Wortlaut ist mit dem Magistrat Twergenhausens abzustimmen.
All dies beeiden feierlich der Baron zu Dohlenfelde vor Rondra und der Bürgermeister Twergenhausens vor Efferd und siegeln dann das Schriftstück. Jeweils ein von den Beeidenden zu bestimmender Geweihter der genannten Gottheiten ist Zeuge dieser Eide, und auch diese siegeln das Dokument. Weiterhin benennt jeder der beiden Beeidenden drei weitere weltliche Zeugen von seinem Stande, die das Dokument siegeln. Als unabhängiger Geweihter wird der Ordentliche Inquisitionsrat der Grafschaft Isenhag als Zeuge und Siegelnder hinzugezogen oder ein anderer, von beiden Parteien akzeptierter Hochgeweihter des Praios. Als weitere Zeuge und Siegelnder tritt der Oberst des Regiments „Ingerimms Hammer“ auf oder ein anderer, von beiden Parteien akzeptierter Offizier im Sold des Herzogs der Nordmarken. Insgesamt ist die Zahl der Siegel damit zwölf. Aufgrund der Eile, die bei der Siegelung der Urkunde nötig sein könnte, erreicht die Urkunde ihre volle Rechtskraft bereits nach den ersten vier genannten Siegeln.“
Das Raunen der Anwesenden war mit jedem Punkt immer lauter und der entgeisterte Ausdruck auf Baron Hagens Gesicht immer deutlicher geworden. War dies wirklich der Preis, den man – den er – für Dohlenfelde zahlen dürfte? Man sah dem jungen Baron an, dass er bereits hatte aufspringen und protestieren wollen, doch nach einem kurzen Blickwechsel mit seiner Mutter schien er es sich anders überlegt zu haben. Hagen und Frylinde schauten in die Runde ihrer Verbündeten und Freunde, um deren Meinung zu hören.