Auersbrücker Fehde - Vergebliche Überzeugungsarbeit
◅ | Von der eigenen Mutter zu den Waffen gerufen |
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Marschbefehl aus Koschim | ▻ |
„Ja, ich bin nun einmal Vasall des Fürsten, verehrte Gattin. Bragahn ist in dieser Fehde so herrlich neutral, dass man uns gut gebrauchen kann! Ich bin ein Angroscho. Und meine Sippe hat ein paar erstklassige Stollengräber, die bei Belagerungen als Sappeure beste Dienste leisten können. Das sind zwei vortreffliche Gründe, dem Heerbann zu folgen. Abgesehen davon, meine Ehre nicht zu verlieren.“ Barytoc von Bragahn steigerte sich gerade lustvoll in einen seiner berüchtigten Wutanfälle hinein.
„Außerdem versauere ich hier auf der Warneburg noch! Ich bin ein Zwerg in seinen besten Jahren. Was sage ich? Meine besten Jahre habe ich ja noch vor mir! Und soll hier auf der Burg vor der Zeit verkümmern? Sind denn nicht schon genug Stollen in diesen Felsen gebohrt, die nichts zu Tage fördern als nur noch mehr Ambossgestein, aus dem sich gerade mal noch mehr Steine gewinnen lassen, um die Burg noch höher zu bauen?“
Er warf sich in die Brust, über die sein roter Bart wallte: „Ein Angroscho aus der Thuca-Sippe muss auch mal raus aus seinem Stollen, jawohl! Freunde besuchen. Guck, die Menschen werden alle so schnell alt. Wenn ich da nicht rausgehen, sind sie gleich wieder weg vom Fenster oder ich muss mit ihnen Erkältungstee trinken oder über Rückenschmerzen reden. Selbst Ceytorax ist alt geworden, den sehe ich auch kaum noch. Und wo soll ich neue Freunde treffen? Hier in Bragahn, das sind Vasallen! Keine Freunde!“
Kurz knurrte der Baron von Bragahn, ehe er hochroten Kopfes weitermachte: „Denk nur, wie stolz wir alle waren, als es hieß, die ‚Bragahner Brüder‘ kämen! Soll es heuer etwa heißen, ‚die Bragahner Schoßhündchen‘ kauern lieber in ihren Stollen? Nein, nein und nochmal ein! Answin, Silkwiesen, Orks – das waren doch große Zeiten! So eine Fehde ist zwar Murks, weil da Bruder gegen Schwester kämpft, aber so etwas zu beenden – ha, das hat doch Ehre! Und so eine Burgmauer zu Fall zu bringen, weil man den Grund und Boden durchlöchert hat, das ist ein herrlicher Anblick! Und die eigenen Banner wehen zu sehen – das ist zwar eine zutiefst menschliche Regung, aber: Ich leben nun einmal schon fast 40 Jahre unter Menschen!“
Barytoc suchte nach seinem Humpen, riss ihn an den Mund, sah, dass er leer war, und knallte ihn zurück auf den Tisch. „Und dann diese alttreuen Alttrottel! Wenn ich schon höre, dass die Natter aus Nadoret mitmischt, da krampft sich mein Barthaar! Was heißt krampfen? Sie fallen mir aus vor Ärger!“
Barytoc starrte die Wand an, wütend, als seine Frau in die Kammer schaute: „Mit wem redest Du, Barytoc? Die Botin aus Angbar wartet noch. Ich habe schon einmal ein paar Leute losgeschickt, um die Ritter aus Lutrun, Bergund und Frattorf zu benachrichtigen. Die wirst Du doch mitnehmen wollen, oder? Mieltra hat sich auch schon mit der Botin unterhalten und der Waffenschmeidin Angunde aufgetragen, jetzt ‚mal hurtig zu machen‘, weil Du die Bragahner Banner wieder wehen sehen willst. Stimmt’s? Mormiac und Malwert haben schon angefangen, eine Packliste zusammenzustellen, und Du bist noch in der Kammer hier? Und redest mit dem leeren Humpen da?“
Tilka schüttelte den Kopf und verschwand wieder, während Barytocs Wut zu einem mickrigen Haufen Asche zusammenfiel.