Dohlenfelder Thronfolgestreit - Für Rondra! Mir nach!

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Texte der Hauptreihe:
K28. Sieg
K95. Kajax
K118. Rückzug!
K121. Im Kosch
K122. Frieden!
K123. Epilog
Autor: Reichskammerrichter, weitere

Nordmarken, 1033

„Für Rondra! Mir nach!“, schrie Hagen lauthals, als er seinen treuen Hengst Streiff steigen ließ. Er gab seinem Pferd die Sporen, aber nur ein gutes Dutzend Berittener folgte ihm – der Großteil seiner Reiter war bereits tot, schwerverwundet, gefangen oder in bitteren Zweikämpfen gebunden. Doch es hatte sich unverhofft eine Lücke in den Linien Angronds geöffnet, diese Gelegenheit hatte Hagen sofort erkannt und wollte sie nicht verstreichen lassen. Wenn diese Schlacht noch zu gewinnen war, dann hier.

Baron Garmwart von Quakenbrück beobachtete das Schlachtgeschehen von seinem Streitross, umgeben von seinen Eisenhuetter Rittern. Er tupfte sich den perlenden Schweiß von der Stirn: Obwohl es dicht bewölkt war, war die Sommerhitze doch drückend.
Für einen kurzen Moment musste Garmwart daran denken, wie er vor nunmehr fast vier Jahrzehnten als junger Mann auf Maraskan kämpfte. Damals hatte er sich ähnlich unwohl in seiner Vollplattenrüstung gefühlt. Heute, in seinem Alter, würde er dort wohl keine Stunde die Hitze überstehen. Am Himmel kreisten damals diese hässlichen Roten Marane, heute waren es zahllose Dohlen und Raben, deren schwarze Silhouetten sich kaum vom dunkelgrauen Himmel abgrenzten.
Aber wie auch immer, mit dem Verlauf der Schlacht auf dem Schönbunder Grün war Garmwart hochzufrieden. Rondra war mit dem Heer Angronds, das er befehligte. Auf beiden Flanken hatte seine Infanterie mittlerweile die Oberhoheit errungen, auch die Geschütze Hagens schossen nicht mehr. Im Zentrum würden sich die letzten im Sattel verbliebenen Ritter Hagens nicht mehr lange halten können. Die Schlacht war gewonnen.
Der gut 60jährige Herr der wohlhabendsten und bevölkerungsreichsten Baronie der Grafschaft Isenhag kämpfte hier, mehr als zweihundert Meilen stromaufwärts, in Dohlenfelde – der zweitwohlhabendsten Baronie des Isenhag –, um die Ansprüche Angronds durchzusetzen. Angrond war der älteste Sohn seines ermordeten besten Freundes Bernhelm und mit seiner Nichte Isida vermählt. Da Garmwart selbst keine Kinder hatte, war ihm Angrond fast wie ein eigener Schwiegersohn.
Garmwart hatte Angronds Vater Bernhelm seit der Kindheit gekannt, war er doch Knappe bei dessen Vater Sigismund Ernbrecht von Sturmfels gewesen. Garmwart und Bernhelm hatten eine lebenslange Freundschaft gepflegt, der Glaube an Rondra und die Freude am Lanzengang und an der Jagd verband sie, sie hatten zusammen als Leutenants und Rittmeister im kaiserlichen Elitegardereiterregiment „Raul von Gareth“ gedient und in vielen Schlachten für Reich und Herzog Seite an Seite gestritten.
Zu guter Letzt, und dies erfüllte sowohl Bernhelm als auch Garmwart mit besonderem Stolz, waren sie beide Gründungsmitglieder der Nordmärkischen Tafelrunde unter Herzog Koradins Wappenschild. Gemeinsam hatten die beiden Koradinerbrüder stets ihre Unabhängigkeit gegenüber Graf, Provinzherr und Reich gewahrt und immer die Privilegien des Adels – insbesondere gegenüber dem aufstrebenden Patriziat und Stadtbürgertum – hochgehalten.
Der Meuchelmord an Bernhelm in Hagens Koschbaronie Dunkelforst Ende 1029 BF hatte Garmwart schwer getroffen, bei der Beisetzung Bernhelms im Rondratempel zu Erzweiler hatte er bittere Tränen vergießen müssen, hatten es ihm die Götter doch nicht vergönnt, von seinem Freund und alten Kameraden so Abschied zu nehmen, wie es angemessen gewesen wäre.
Das Hagen begünstigende neuverfasste Testament Bernhelms war für Garmwart von Anfang an ein schändliches Machwerk der Erzschurkin Charissia, niemals hätte Bernhelm einen solch willkürlichen Rechtsakt erlassen. Ganz abgesehen davon, dass es auch um die Interessen seiner Familie ging: Würde Hagen Baron in Dohlenfelde, hätten Isida und ihre Kinder und damit das Haus Quakenbrück alle ihnen zustehenden Ansprüche dort verloren. Dazu dürfte es nicht kommen, und würde darüber der ganze Isenhag von Krieg überzogen werden.
Dass vor wenigen Stunden nun Baron Angrond bei einem feigen Anschlag schwerst verwundet wurde, das bestärkte Garmwart nur darin, auf der richtigen Seite zu stehen. Wer sonst außer einer von Hagens zwielichtigen Freunden – er dachte sofort an den Eisensteiner, seinen Erbfeind, oder auch den Baron zu Tandosch, Gelichter gab es genug in den Reihen der Verbündeten des Hauses Salmingen – mochte sonst dahinter stecken?
Garmwart musste auf einmal beobachteten, wie es einer kleinen Gruppe feindlicher Ritter gelang, die Linien der Seinigen zu durchbrechen – und wie überrascht war er, als er Baron Hagen gewahr wurde. Der dreifache Baron trug keinen Schild mehr, aber Garmwart erkannte seine Helmzier und auch die Rüstung.
Der jüngste Sohn Bernhelms, der diesen ganzen überflüssigen Streit vom Zaune gebrochen hatte, war ohne Zweifel ein exzellenter und von Rondra gesegneter Streiter – ganz so, wie es der junge Bernhelm dereinst war. Er hielt sich ungebeugt auf seinem edlen Hengst Streiff, den Garmwart damals auf dem Elenviner Rossmarkt mit ausgesucht hatte. Der Eisenhuetter hätte das Pferd selbst gekauft, wenn es nicht Bernhelms Sohn gewesen wäre, der es erwerben wollte.
Dem Dutzend Ritter um Hagen war es sicherlich nicht möglich, das Schlachtenglück noch zu wenden, dafür war ihre Zahl bei weitem zu gering, ihre Erschöpfung zu groß. Aber sollte es Garmwart nun gelingen, Hagen an Ort und Stelle gefangenzunehmen, dann wäre die Schlacht ohne jeden Zweifel beendet. Die Berittenen, die Garmwart bislang wohlweislich in Reserve gehalten hatte – größtenteils Ritter und gemeine Reiter aus seiner eigenen Baronie – waren Hagens kleiner Schar an Zahl fast dreifach überlegen.
Der Baron zu Eisenhuett rief seinem Bannerträger zu: „Alle Mann mir nach! Wir werden diese Schlacht hier und jetzt zu Ende bringen! Rondra sei mit uns!“

Hagen griff sein Schwert Hlûtharhilf fester, gleich würde er es benötigen. Zu seiner eigenen Überraschung war das Feld vor ihm auf einmal offen. Einige Dutzend Schritt entfernt, direkt vor ihm, sah er das Feldzeichen der Baronie Eisenhuett – welch‘ glückliche Fügung! Sollte die Herrin Rondra ihm tatsächlich die Gelegenheit geben, Garmwart von Quakenbrück, den Befehlshaber des feindlichen Heeres, zum Kampfe zu zwingen? Sollte es ihm gelingen, Garmwart zu besiegen – wer weiß, womöglich würde dieser Verlust die Truppen Angronds so sehr demoralisieren, dass sich das Schlachtenglück doch einmal wenden würde. Er, der Baron zu Dunkelforst, Baruns Pappel und Dohlenfelde würde all‘ die Sandkastenstrategen Lügen strafen, die ihm von Anfang an von der offenen Feldschlacht gegen die überlegenen Truppen Angronds abraten wollten.
Gerade setzten sich die ausgeruhten Reiter um Garmwart streng formiert in Bewegung, der Baron zu Eisenhuett hatte die Herausforderung Hagens also angenommen. Das wunderte Hagen wenig, kannte er den engen Freund seines Vaters doch gut genug um zu wissen, dass dieser solch eine ritterliche Gelegenheit nicht verstreichen ließ. Hagen respektierte den Baron zu Eisenhuett als würdigen Gegner und vor allem Koradinerbruder, es würde ein rondragefälliges Aufeinandertreffen werden. Er hielt mit Streiff genau auf Garmwart von Quakenbrück zu.
Die Koradinerbrüder Hagen und Garmwart zögerten beide ein wenig, als sie sich gegenüber im Sattel saßen. So kam es, dass ihre Begleiter zur Linken und zur Rechten schon in bittere Zweikämpfe verwickelt waren, bevor die beiden ungleichen Barone ihre Klingen zum ersten Mal auf dem Schönbunder Grün kreuzten.
Der Baron zu Eisenhuett sah das Schwert Hlûtharhilf vor sich. Er kannte die Klinge, war es doch diejenige Bernhelms. Er hatte an Bernhelms Seite im Tuzaker Aufstand gegen die Maraskaner gefochten und in der Schlacht der Tausend Oger, zusammen trotzten sie den Orks, zusammen ging es gegen die Silberfalken in Weiden und gegen die reichsverräterischen Invheristen. Und in Garmwart hatte es immer große Zuversicht geweckt, den Träger Hlûtharhilfs an seiner Seite zu wissen. Auf den Träger dieses Schwertes war Verlass. Er würde ihm jederzeit sein Leben anvertrauen.

Die buntgekleideten Aufständischen in ihren eigenartigen Rüstungen mit den bunten Wimpeln und mit ihren exzellenten Schwertern waren überall, die Hitze war drückend, am Himmel kreisten Rote Marane und lauerten auf Beute. Die beiden von Garmwart und Bernhelm geführten Schwadrone waren in einen Hinterhalt geraten, doch hatten die Reichstruppen die Kontrolle schon wieder erlangt. Wer sich Kaiser Hal und Marschall Voltan und deren Truppen entgegenstellte, der konnte nur ein Narr sein!
Es war vor kurzem wieder einmal zu einem feigen Anschlag gekommen, die Attentäter hatten auf ihrer Flucht sogar das Dorf angezündet, das ihnen Schutz gewährt hatte.
Garmwart sah seinen Kamerad Bernhelm vor sich. Bernhelm, gut neun Spann groß, ein Mann im besten Kämpferalter, ein Krieger wie er im Buche stand. Er war, im Gegensatz zu Garmwart, schon leicht verwundet, hatte seinen Schild verloren. Aber er, Hlûtharhilf in der Rechten, kämpfte wie ein Löwe, hatte er hier im maraskanischen Dschungel doch eine Rechnung zu begleichen: Sein Vater Sigismund von Sturmfels war in der Schlacht von Jergan vor acht Jahren gefallen.
Garmwart fühlte sich nicht minder verpflichtet, hatte er doch von Sigismund den Ritterschlag erhalten. Diese Hitze, diese fürchterliche drückende Hitze! Garmwart meinte auf einmal, in seiner Plattenrüstung förmlich zu zerfließen – er wäre nicht der erste Ritter, den hier auf dieser verfluchten Insel voll mit ihrem giftigen Krabbelzeugs und ihren ketzerischen Bewohnern der Hitzetod ereilen würde. Er musste seinen Helm loswerden, er hatte das Gefühl zu ersticken! Sein Freund Bernhelm würde ihm Deckung geben für wenigstens zwei, drei tiefe Atemzüge.
So ließ er seinen Reiterschild den gepanzerten Arm hinaufgleiten, legte den Kopf ein wenig in den Nacken, um mit seiner Linken sein Visier besser öffnen zu können. Ein einzelner dicker Regentropfen traf seinen Helm – einer dieser tropischen Wolkenbrüche, die keine Abkühlung brachten, musste unmittelbar bevorstehen. Garmwart sah ein Pärchen Roter Marane genau über sich am Himmel, die hässlichen maraskanischen Vögel riefen ihr lautes, metallisch-scharfes „Kaja! Kaja!“, ganz wie er es von den Dohlen in den heimischen Nordmarken kannte. In diesem Moment spürte Baron Garmwart einen niederhöllischen Schmerz in der Kehle und finstere Nacht umfing ihn.

Hagen war fassungslos und starr vor Schreck: Sein Schwert Hlûtharhilf – die Klinge seines Vaters – steckte tief in Baron Garmwarts Kehle, das Blut pulste in Strömen die Hohlrinne entlang, erreichte in einem breiten Strom die Fehlschärfe der Waffe. Was war eben geschehen?
Er und Garmwart hatten schon ein paar Mal gegeneinander gekämpft, sie waren schließlich beide Koradiner, zudem waren sie nicht nur einmal in einem Turnier aufeinander getroffen. Hagen wusste, dass Garmwart zäh, vor allem aber erfahren war. Es gab keine Schlagkombination, die ihm noch nicht untergekommen war, er hatte schon gegen Maraskaner und Oger gekämpft, bevor Hagen geboren worden war. Gegen seinen Vater Bernhelm hatte Hagen keinen einzigen Zweikampf je gewinnen können – und er wusste, dass Garmwart und Bernhelm über Jahrzehnte viel gegeneinander gefochten und noch mehr voneinander gelernt hatten, ihre Fechtstile waren kaum noch voneinander zu unterscheiden gewesen. Baron Hagen war fest davon ausgegangen, Garmwart in einem langen Kampf niederringen zu müssen, und ihm war klar, dass er – zumal er schon verwundet war und keinen Schild mehr hatte – durchaus nicht die besten Karten hatte.
Niemals hätte der Garmwart, den Hagen kannte, auf einen wenig einfallsreichen Streich, wie er ihn eben geführt hatte, einfach so seinen Schild ein Stück den Unterarm herabsinken lassen. Ein Abblocken mit Riposte wäre die übliche Antwort gewesen. Es gab kaum eine dümmere Reaktion, als das, was Garmwart da gerade gemacht hatte! Aber es hätte noch keine Konsequenzen gehabt, Hlûtharhilf wäre scheppernd an der Halsberge des Eisenhuetter Barons abgeprallt… wenn Garmwart nicht gleichzeitig den Kopf nach hinten geworfen hätte. So hatte Hlûtharhilf die Falz zwischen Helm und Halsberge glatt durchschlagen und steckte nun in Garmwarts Kehle, der der Lebenssaft des Barons Herzschlag für Herzschlag entrann.
Als Hagen seine Klinge zurückzog, sackte Garmwart vornüber zusammen. Hagen riss sich seinen Helm vom Haupt, schleuderte ihn im weiten Bogen fort, seine halbspannlangen, dunkelblonden Haare klebten schweißnass an seinem Kopf, seine Augen waren weit aufgerissen.
„Nein!“, schrie er, während er in die dichten Wolken schaute, wo er ein Dohlenpärchen kreisen sah.
„Nein, Herrin Rondra, nicht so! Nicht auf diese Weise!“
Sofort lenkte Hagen sein Streitross neben Garmwarts Pferd, packte dessen Zügel. Es war mucksmäuschenstill. Keiner der Zuschauenden, Ritter aus Eisenhuett und aus Hagens Heer, wagte es, einzugreifen.
Der junge dreifache Baron rief, nein, er schrie: „Bei Rondra! Macht den Weg frei! Ich bringe Garmwart zum Lazarett!“
Waffen wurden gesenkt, Streitrösser gezügelt. Keiner wagte es, sich Hagen entgegenzustellen oder auch nur ein Widerwort zu geben.
Garmwart öffnete die Augen. Alleine schon die Lider zu heben kostete ihn viel Kraft, er war sterbensmüde. Er spürte schwere Erschütterungen, hing über seinem Pferd, hatte nicht die Kraft, sich aufzurichten. Sein Hals schmerzte ein wenig, Blutgeschmack erfüllte seinen Mund. Durch seine Visierschlitze konnte er sehen, dass neben ihm sein Freund Bernhelm galoppierte, besorgt zu ihm schauend, den Zügel seines Rosses haltend. War er verwundet worden? Eine verdammte vergiftete maraskanische Klinge? Sollte es hier, auf dieser verfluchten Insel mit ihm zu Ende gehen?
Er schloss die Augen. Bernhelm würde schon das Richtige tun. Wenn nicht Bernhelm, wer dann? Außerdem fürchtete Garmwart den Tod nicht. Warum auch? Er war zeitlebens ein götterfürchtiger Mann gewesen.
Das große Lazarett am Darlinufer, in dem bereits so vielen geholfen worden war, erschien Hagen eher wie ein überfüllter und lärmender Schlachthof, überall Tod und Leid und geschäftiges Treiben. Seine Ankunft im Lazarett schien niemand bemerkt zu haben, er sprang vom Rücken seines getreuen Streiff und hob Garmwart von dessen Ross, legte ihn auf eine improvisierte Trage, die ein junger Bursche, der die beiden Barone mit offenem Mund anstarrte, endlich herbeigeschafft hatte. Dann kniete Hagen neben Garmwart nieder, zog ihm seinen gelockerten Helm aus. Eine tiefe Wunde klaffte in Garmwarts Hals, er musste sehr viel Blut verloren haben.
Aber auf einmal sah Hagen, wie Garmwarts Augen blinzelten. Der Baron zu Eisenhuett lebte noch!
Als Garmwart Worte formen wollte, aber kein Laut zu hören war, presste Hagen seine Hände auf dessen Hals, er spürte das warme Blut an seinen Händen. Er senkte sein Haupt zu Garmwart hinab und lauschte angestrengt.
Er vernahm kaum hörbar die Worte: „Bernhelm, mein Freund: Haben wir die Schlacht gewonnen?“
Es folgte ein tiefes Röcheln, ein letztes Mal bäumte sich der Baron zu Eisenhuett auf. Hagen starrte den Baron, der in Kürze an Bernhelms Seite an Rondras Tafel sitzen würde, nur regungslos an. Mehrere Lazaretthelfer und Verwundete hatten sich um Hagen und Garmwart versammelt, wurden Zeugen der letzten Augenblicke des Barons zu Eisenhuett.
Hagen spürte, wie ihm Tränen die Wangen herunter rannen. Er drückte dem Toten die glasig werdenden Augen zu und begann laut zu beten. Er sprach ein rondrianisches Segensgebet für gefallene Kameraden. Die mittlerweile dutzenden Umherstehende stimmten in Hagens Gebet ein.
In diesem Moment zuckten mehrere Blitze über den drohenden Himmel, es donnerte ohrenbetäubend, der heftige Wolkenbruch, der sich seit Stunden abgezeichnet hatte, ging mit aller Urgewalt nieder. Schlagartig fegten Sturmböen über das Schönbunder Grün, es wurde merklich kühler, teilweise mischten sich Hagelkörner in den Regen.
Es war das schwerste Sommergewitter, das die Lande am Darlin seit Menschengedenken erlebt hatten. Man konnte keine zehn Schritt weit mehr sehen. Das ganze Schlachtfeld würde sich binnen Augenblicken in ein Meer aus Schlamm und Dreck verwandeln, die Rösser würden ihren Tritt verlieren, Blut würde sich mit dem Regen vermischen, der Lärm der prasselnden Tropfen und vor allem des nicht nachlassenden Donnergrollens ließen den Kampfeslärm, das Todes- und Leidensgeschrei augenblicklich verstummen.