Auersbrücker Fehde - Aug um Auge, Salm um Salm

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Autor: Rigolosch

Lager vor Burg Bärenstieg, Firun 1047 BF

Helmgar Balkenschleifer blickte sich um und sah zu dem Zelt, in dem sein Schwiegervater Rodhelm von Hartsteig vor einiger Zeit verschwunden war. Das Banner neben dem Zelt zeigte den silbernen Hund mit dem goldenen Blatt des Hauses Treublatt, soweit kannte Helmgar sich in Heraldik aus. Die beiden gerüsteten Wachposten vor dem Zelt machten einen recht rauen Eindruck auf Baerwins Vater, daher wollte er jetzt nicht nach seinem Schwiegervater sehen. Schließlich ging der Zelteingang wieder auf und Rodhelm sowie eine ihm unbekannte Frau traten heraus. Als beide bei ihm waren, brummte der alte Ritter: „Wir haben eine Aufgabe, Helmgar. Wir sollen ein Mitglied der Auersbrücker Schwurschar gefangen nehmen.“ Helmgars Augenbrauen hoben sich. Das war jetzt nicht gerade eine gewöhnliche Mission. „Und warum sollen wir diese Person gefangen nehmen?“ „Um ihm den Prozess zu machen“, knurrte Rodhelm. „Es heißt, er hätte eine Adlige getötet, aber die Schwurbündler wollen ihn nicht ausliefern.“ Helmgar war sich nicht ganz sicher, was er davon halten sollte, denn richtig offiziell hörte sich dieser Auftrag nicht gerade an. Dann glitt sein Blick auf die Frau. Sie war so Anfang 30, schätzte er, von gutem Aussehen, wenn auch nicht gerade atemberaubend, und ihr Gesicht war eher gewöhnlich. „Wer ist sie?“ „Unser Köder - und mehr musst du nicht über die Gute wissen. Ist auch besser so, wenn du sie nicht kennst.“ Helmgar atmete tief ein, das konnte ja heiter werden.

Die Sonne versank bereits am Himmel und das Warten wurde für Baerwins Vater langsam unangenehm. Er und sein Schwiegervater hatten sich in einem kleinen Wäldchen in der Nähe des Lagers der Schwurbündler versteckt. Sie warteten nun darauf, dass die Frau den Mann in ihre Richtung locken würde. Schließlich stieß ihm Rodhelm den Ellenbogen leicht in die Seite. Er deutete auf zwei Gestalten, die sich ihnen etwas wankend näherten. Er kniff die Augen zusammen und musterte die beiden. Die eine war die Frau von vorher, der andere war ohne Zweifel der Auersbrücker. Er trug ein einfaches Wams, einen eisernen Tellerhelm und einen Streitkolben im Gürtel. Beide wirkten leicht angetrunken und kamen immer näher zu ihrem Versteck. Nun würden sie gleich zuschnappen. Als die Frau dann direkt bei ihnen war, begann sie den Mann zu umarmen. Das war das Signal und nun stürmten Rodhelm und Helmgar aus dem Unterholz. Der Schreiner packte den Mann im Gesicht und hielt ihm den Mund zu, während er den anderen Arm um dessen Hals legte. Der alte Ritter umschlang den Mann auf Brusthöhe, so dass er seine Arme nicht mehr bewegen konnte und auch fixiert war. Der Kerl war so überrascht, dass er sich erst zu spät anfing zu wehren. Eisern hielten die beiden Männer den Kerl aus Auersbrück fest, während sich die Frau wieder von ihm löste.

Gerade als Helmgar fragen wollte, ob sie ihn besser außer Gefecht setzen sollten, bemerkte er, wie Stahl aufblitzte. Die Frau hatte einen scharfen Dolch gezogen und rammte ihn nun dem Mann ansatzlos zwischen die Rippen. Dann zischte sie: „Niemand schadet ungestraft dem Haus Salmingen.“ Die Augen des Auersbrückers weiteten sich und auch Helmgar war mehr als nur überrascht. Doch er hielt ihm aus Furcht vor einem möglichen Hilfeschrei den Mund weiter zu. Die Frau drehte die Waffe, riss sie heraus und stach noch einige Male geübt auf den armen Kerl ein. Der Schwurbündler bäumte sich noch einmal mit letzter Kraft auf, dann verließen ihn jedoch seine Kräfte vollständig und er sackt in sich zusammen. Rodhelm ließ ihn nun wieder los und wischte sich das Blut des Mannes von seinen Händen und Armen. „Was sollte denn das?“, erkundigte sich der Handwerker fassungslos bei den beiden anderen. „Noch ein paar Handgriffe, dann ist unsere Mission erfüllt“, meinte der alte Ritter zu der Frau, ohne Helmgar einer Antwort zu würdigen. Diese nickte und machte sich gleich ans Werk. Zuerst durchsuchte sie die Taschen des Mannes und nahm dessen Geldkatze an sich. Den Inhalt steckte sie ein, den Beutel legte sie zu seinen Füßen. Den Dolch nahm sie wieder an sich und warf ihn in einem hohen Bogen in den angrenzenden Wald. Währenddessen griff Rodhelm in seine Gürteltasche, zog einen getrockneten Salm heraus und stopfte ihn dem Toten in den Mund. „Jetzt sollten wir aber wirklich verschwinden.“

Eiligst verließen alle drei den Tatort und Rodhelm führte sie zu einer Stelle, wo ein Trinkschlauch mit Wasser und ein Leinentuch lag. Damit säuberten sie sich so gut wie möglich und danach gingen sie über einen Umweg wieder zum Zelt des Hauses Treublatt. Erneut durften nur die Frau und der Ritter eintreten. Als Rodhelm dann nach einiger Zeit wieder heraus kam, schien er sehr gute Laune zu haben. Helmgars Gesicht wiederum hatte nun einen ganz anderen Ausdruck als sonst angenommen und er knurrte seinen Schwiegervater ungehalten an: „Kannst du mich jetzt mal bitte aufklären?“ Der Ritter grinste schief, als er diesen grimmigen Blick seines Schwiegersohns bemerkte, und meinte: „Die Nadoreter haben Zweifel, ob wir wirklich auf ihrer Seite stehen, wo dein Junge das Dorf Wintrang gegen unsere Verbündeten von den Alttreuen verteidigt hatte. Aber damit haben wir uns mit dem Haus Treublatt einen wichtigen Fürsprecher gesichert.“ Helmgar schnaubte verächtlich: „Und deshalb mussten wir bei einem Mord helfen?“ Rodhelm zuckte kühl mit den Schultern. „Dieser Kerl hat sich leichtsinnigerweise damit gebrüstet, dass er die Knappin des Ritters vom Bärenstieg getötet hatte, und deren Angehörige bestanden auf Blutrache.“ Helmgars Gesichtsausdruck änderte sich nicht wirklich und der alte Ritter hob eine Augenbraue. „Ich wusste ja gar nicht, dass du so zart besaitet bist. Unter die Travia-Anhänger gegangen?“ Helmgar schüttelte unwirsch den Kopf und meinte: „Ich würde nur gerne im Vorhinein wissen, auf was ich mich einlasse.“ Beide gingen dann wortlos zurück zu ihrem eigenen Lagerplatz und schließlich meinte Helmgar: „Hat es sich wenigstens gelohnt?“ Rodhelm nickte. „Durchaus, mein Guter, das Haus Salmingen hat hierfür eine großzügige Belohnung ausgelobt. Außerdem konnte ich wohl Beziehungen zum Haus Treublatt aufbauen, die sich sicherlich noch mehr bezahlt machen. Damit hast du nicht nur der Gerechtigkeit geholfen, sondern hast auch deinen Sohn vortrefflich unterstützt. Wird schließlich Zeit, dass Baerwin ein eigenes Stück Land bekommt.“ Helmgar blickte in den grauen Himmel. „Was sollen wir machen, wenn man uns befragt?“ Rodhelm schien nicht beunruhigt zu sein und meinte gelassen: „Alles abstreiten. Hildrik und Ontho werden bestätigen, dass wir die ganze Zeit vor Ort im Lager waren und mit ihnen gewürfelt haben. Außerdem werden die Alttreuen wohl nicht zulassen, dass die Schwurbündler hier zu uns ins Lager kommen und rumschnüffeln. Niemand wird hier einem Gemeinen aus dem Auersbrücker Land nachtrauern.“ Helmgar rollte mit den Augen, aber bevor er etwas erwiderte, biss er sich auf die Zunge. „Alles für meine Familie“, dachte der Schreiner und setzte sich wieder mit dem üblichen freundlichen Gesichtsausdruck ans Lagerfeuer.