Dohlenfelder Thronfolgestreit - Bericht aus Dohlenfeld

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Texte der Hauptreihe:
K28. Sieg
K95. Kajax
K118. Rückzug!
K121. Im Kosch
K122. Frieden!
K123. Epilog
13. Tra 1033 BF
Bericht aus Dohlenfeld
Bericht aus Dohlenfeld


Kapitel 69

Bericht aus Dohlenfeld
Autor: Reichskammerrichter, weitere



Nordmarken, 1033

Jast Brander schaute vom einen Baron zum anderen und dann zu Hagen von Lîfstein. Dieser gab ihm ein kaum merkliches Zeichen, der Aufforderung nachzukommen. Der Bote nahm noch einen Schluck des lauwarmen Bieres und begann dann zu erzählen.
„Am 27. Praios haben wir von Liepenstein aus, die Grenze nach Dohlenfelde überschritten. Noch in derselben Nacht haben wir dann Burg Schwarzfels im Handstreich eingenommen, ohne dass jemand dabei getötet wurde.“
Diese Tatsache schien dem Boten besonders wichtig zu sein, so dass er eine kurze Pause machte, bevor er fortfuhr.
„Dabei haben wir die gesamte Besatzung gefangen gesetzt. Das meiste waren Leute aus Twergenhausen, aber auch fünf Flussgardisten waren dabei, die mein Herr ziehen ließ. Die Leutnantin hatte ihr Wort gegeben, dass sie nach Elenvina ziehen und nicht zurück nach Twergenhausen. Ein paar Reiter von uns haben sie begleitet und sie sind wahrhaftig nach Elenvina abgezogen.“
Wie es schien waren große Reden nicht die Stärke des Boten, dessen zahlreiche Narben am Gesicht und den Händen zeigten, dass er wohl schon manchen Kampf auf dem Buckel hatte.
„Wir waren noch vor dem höchsten Sonnenstand im Markt Dohlenfelde. Die Bewohner schienen uns neutralgesinnt, wenn ich sogar teilweise freundlich.“
Jast nahm einen großen Schluck des Bieres und überlegte derweil, was noch vorgefallen war.
„Am späten Nachmittag haben uns dann Späher gemeldet, dass sich ein Trupp Reiter von Norden her näherte. Daraufhin sind wir mit den berittenen Männern der Schwarzen Adler … Ähm… der Söldner“, fügte er noch hinzu, als er den fragenden Blick Bernhelms sah.
„Der Anführer der Reiter war ein Ritter, seinen Name war irgendwas mit „Wiesen“ und er schien zu einer Baronin von Spindelbaum oder so zu dienen. Die heißt, glaube ich, Alvide von Eichengraben zu Spindelbaum oder so ähnlich.
Roderich nickte kurz. Das überraschte ihn nun tatsächlich und lies weit blicken. Sollte sich tatsächlich Alvide zu Sindelsaum in Dohlenfelde aufhalten, mochte Hagen bereits seine eigenen Verbündeten zusammengerufen haben. Vom Tandoscher wußte Roderich, dass er sich in Albernia aufhalten würde, ehe ihn ein Bote über die Geschehnisse in Dohlenfelde würde berichten können. Auch der Herr von Eisenstein schien in den letzten Wochen keine Anstalten zu einem Feldzug zu unternehmen. Allerdings war der zwielichtige Herr von Eisentein nicht zu unterschätzen. Seit dem Vorfall mit dem Edlen von Rickenbach, waren die Beziehungen zwischen den Baronien Eisenhuett und Eisenstein mehr als gespannt.


Obwohl der Ritter älter als mein Herr war, schien er nicht so viel von Kriegskunst zu verstehen, hatte er doch keine Späher vorausgeschickt und auch keine Nachhut eingeteilt, so dass sie uns direkt in die Arme liefen. Aber eines muss man dem Ritter lassen, Mut hatte er und auch die Einsicht zu wissen, wann er geschlagen war und wann es besser war die Waffen zu strecken.“
Anerkennung leuchtete in den Augen Jasts auf, so als ob diese Dinge keine Selbstverständlichkeit seien.
„Mein Herr nahm den Söldnern, Waffen Rüstungen und Pferde ab, ließ sie aber ziehen, nur den Ritter nahm er gefangen. Der Ritter gab meinem Herrn das Ehrenwort, dass er nichts unternahm um sich zu befreien, daher beließ Daria… ähm seine Wohlgeboren ihm das Schwert.“
Er stockte kurz, als ob er etwas vergessen habe.
„Ach, bevor das passierte haben wir den Ritter von Darlinfels festgesetzt. Auch er gab uns sein Ehrenwort und mein Herr erlaubte ihm auf seinem Gut zu bleiben.“
Jetzt fuhr er wieder mit der eigentlichen Geschichte los.
„Der Söldnerführer brachte den Gefangenen wieder zurück nach Schwarzfels und mein Herr ritt mit so vier Händen voll Männern, zu denen auch ich gehörte, zu einer Brücke die über einen Bach dessen Name mit A… anfängt…“
Wieder schien der Bote zu überlegen, schüttelte dann aber mit dem Kopf.
„Entschuldigt Euer Hochgeboren, aber ich kann mir Namen nicht so gut merken.“
Ihm schien das ein wenig peinlich zu sein, dennoch fuhr er fort.
„An der Brücke sind wir auf Landwehr getroffen, die von einem Landedlen…“ er überlegte kurz, „zu Wichtenfels angeführt wurden. Der war allerdings nicht da, sondern nur sein Hauptmann und ein Bannerträger, der sich als einziger nicht versteckt hatte, als wir kamen.“
Wieder leuchtete so etwas wie Anerkennung in Jasts Augen.
„Der Hauptmann war aber auch nicht auf den Mund gefallen und mutig. Er hat uns lange nicht verraten, wo sein Herr war, dann hat mein Herr aber die Spuren im Uferschlamm entdeckt und wusste was los war.“
Er wollte gerade lächeln, als er sich eines besseren bewusst wurde und es ließ.
„Auf dem Rückweg haben wir dann den Landedlen von Wichtenfels getroffen und mein Herr hat sich mit diesem unterhalten.
Unteranderem wegen der kaputten Brücke, die mein Herr dem Landedlen ersetzen wollte. Was dieser annahm, außerdem haben sie noch einen Handel ausgemacht. Mein Herr hat Landedlen Getreide abgekauft.“
Wieder grübelte der Bote und trank einen Schluck.
„Naja, danach ritten wir zurück zur Burg und als wir da ankamen, haben wir erfahren, dass dem Hauptmann der Söldner, das ist der Stellvertreter des Söldnerführers, zwei weitere Adlige ins Net… ähm, dass zwei weitere Adlige, ‚von Maringen‘ oder so heißen die, gefangen genommen wurden und auch seine Wohlgeboren zu Wichtenfels bei der Burg gewesen war, den wir ja getroffen hatten.“
Nun schaute er in die Runde und kurz zuckte wieder die Unsicherheit auf, die er während seiner Rede verloren hatte.
„In Erzweiler war man uns nicht so gut gesonnen und wir haben uns da wieder zurückgezogen. Alles um Burg Schwarzfels bis runter nach Mühlenheim, wird von meinem Herrn kontrolliert und bis ich los geritten bin, um seiner Wohlgeboren“, dabei schaute er kurz zu Hagen, „die Nachricht von Dar… ähm meinem Herrn zu überbringen. Bei den Vorkommnissen wurde bis zu dem Zeitpunkt, als ich abgereist bin, keiner getötet. Mehr kann ich euch nicht berichten….“
Er schien fertig zu sein und wollte gerade wieder einen Schluck aus dem schon fast leeren Krug nehmen, als ihm noch was einfiel. Er schaute zuerst Angrond und dann Garmwart an, sein Blick auf letzteren gerichtet blieb.
„Mein Herr tat dies nicht um des Ruhmes willen, den möchte er gar nicht, darauf gebe ich euch mein Wort und würde auch mein Leben als Pfand dafür einsetzten, wie viele andere auch, die Darian von Lîfstein folgen.“
In die Augen des Boten, in denen bisher nur Ehrlichkeit gestanden hatte, trat Stolz. Stolz über seinen Herrn, obwohl dieser ohne Absprache Burg Schwarzfels besetzt hatte. „Er tat es, um den Twergenhausenern“, Jast schien diese nicht sonderlich zu mögen, „zu zeigen, dass nicht unbesiegbar waren. Er hat es getan, um ein Druckmittel für seinen Bruder, den die Twergenhausener gefangen genommen hatten, zu bekommen.“
Er schaute kurz in die Runde, ob er es nicht übertrieb. „Darian von Lîfstein tat es auch um die Burg wieder dem rechtmäßigen Besitzer zurück zu geben…. Euch Hochgeboren“, dabei schaute er Angrond an. „Er hat gesagt, da der vormalige Herr von der Burg Verrat an euch begangen hat, würde die Burg wieder an euch fallen. Lehenreinfall…nein, Lehensausfall..“
„Lehensheimfall“, half ihm Hagen von Lîfstein.
„Ja genau, dass hat mein Herr gesagt. Er hat gesagt, dass er solange über die Burg wachen werde, bis ihr wieder dort sitzt, wo ihr hingehört, auf den Thron auf der Burg eurer Ahnen. Er gibt euch Burg Schwarzfels zurück, sobald er euch wieder trifft, darauf hat er sein Ehrenwort gegeben.“
Diese Worte schien er sich besonders eingeprägt zu haben. Dann wandte Jast sich wieder an den Baron von Eisenhuett.
„Ich sollte euch auch eine Botschaft überbringen, falls ich euch treffen würde.“
Er schwieg kurz und überlegte.
„Dari… mein Herr sagte, dass er sich dafür entschuldige, was er getan habe, aber er sah keine andere Möglichkeit um die Twergenhausener einzuschüchtern. Außerdem war und ist er der Meinung, dass es eurem Unterfangen helfen würde, wenn die Augen des falschen Barons und seiner Häscher auf ihn gerichtet seien.“
Wieder schwieg Jast Brander kurz und leerte den Krug.
„Sollte er euch, so die Götter wollen, wiedersehen, wird er von euch sein gerechtes Urteil erwarten, auch darauf gab er sein Ehrenwort.“
Der Stolz über seinen Herrn und die Treue konnte man deutlich an der Haltung des Boten ablesen.
„Mein Herr mag seine Fehler haben, aber eines kann man von ihm nicht behaupten, dass er sein Wort gebrochen zu haben.“
Jetzt schwieg Jast endgültig, aber seine Augen zeigten immer noch die Hingabe für seinen Herrn, der er hier gerade verteidigt hatte.

Der Baron von Eisenhuett nickte. Der Bote hatte getreulich ausgeführt wozu er aufgefordert worden war. Ihm konnte man nun nichts anlasten.
„So trug es sich also zu.“ Etwas Skepsis war noch in den Worten des Barons von Eisenhuett zu vernehmen, doch es war nicht der Zorn mit dem er den Boten aufgefordert hatte zu sprechen.
„Gut, Deine ehrlichen Worte, Dein Bericht, soll zu Deinem Schaden nicht ausgelegt werden. Es zeugt von Mut und treue zu Deinem Herrn derart offen zu sprechen. Dieser mag sich glücklich schätzen einen derart treuen Gefolgsmann um sich zu wissen. Er wird sich aber vor mir noch für seine Handlungen und Entscheidungen zu rechtfertigen wissen müssen, später aber. Doch wenn Du wahr gesprochen hast, scheint sein Handeln kein unehrenhaftes gewesen zu sein.“
Garmwarts Zorn war im Laufe der Ausführungen des Boten zunehmend besänftigt worden, wenn auch noch nicht zur Gänze verflogen. Vor allem die Erwähnung und anscheinende Einigung mit dem Landedlen von Wichtenfels hatte das Antlitz des Barons jedoch deutlich entspannt. Es war gemeinhin bekannt, dass er den Rat des Landedlen, wie einst Bernhelm von Sturmfels schätzte und in hohem Ansehen hielt. Voltan von Sturmfels war in Garmwarts Augen ein Leumund von gewichtigem Wert. Auch die mündliche Entschuldigung, ob vom Boten geschickt selbst eingebracht, oder tatsächlich aufgetragen, sollte hier zunächst zu dessen Edlen Gunsten ausgelegt werden. Das Ausmaß der eigenmächtigen Handlung lastete jedoch noch schwer. Auch wie er sich der Söldner hatte bedienen können, die anscheinend im Zuge des Konfliktes nach Liepenstein gekommen waren um ihre Dienste anzubieten. Dies würden jedoch andere beantworten müssen.
„Es wird noch einiges zu besprechen geben und mein Lehnsmann wird uns zu gegebener Zeit selbst schildern dürfen, was sich zutrug und weshalb dies sein musste.“ Hier blickte Garnwart Hagen von Lîfstein an. Nein, er würde Darian nicht mit dem Vorwurf der Untreue belasten noch in danach bewerten. Auch musste Darian anerkennenswertes Geschick an den Tag gelegt haben, wenn ihm tatsächlich gelungen war, wie der Bote berichtet hatte derart leicht die Burg einzunehmen. Auch das beschriebene Gebaren gegenüber Offizieren der Flussgarde und Adligen Gegnern ehrte den Edlen von Schrazelroth.
„Doch wie mir scheint sollen die Ereignisse nicht zum Schaden des Vorhabens sein, wenn sich nun jedoch einiges anders ergibt.“
Garmwart blickte kurz in die Runde. Mit Burg Schwarzfels im Herzen Dohlenfeldes, im Rücken der Verteidigung Hagens, stand die Kriegsgunst nun deutlich auf Angronds Seite. Allerdings mochte es auch Twergenhausen umso mehr auf den Plan rufen. Ein Faktor, der ohnehin unsicher über der Unternehmung stand. Von den umsichtigen Vorkehrungen, die an anderer Stelle für die Herzogenstadt getroffenen wurde, ahnte der Baron von Eisenhuett jedoch nichts. Er hatte gehofft Hagen auf dem Feld stellen zu können, ohne dass die Stadt ein größeres Gewicht einnahm. Der Druck der umliegenden Baronien auf die Wirtschaft der Stadt sollte als Warnung ausreichen, befand er, wenngleich er von der Beharrlichkeit der Städter wußte.
Der Zug aus Weidleth hätte diese zudem ablenken sollen. Eine Einnahme Burg Schwarzfels würde zu einem späteren Zeitpunkt diskutiert werden, denn die resultierenden politischen Konsequenzen waren nicht abzuschätzen. Nun blieb nichts anderes, als sich diesen zu stellen.

„Wir sollten nun jedoch umso wachsamer sein, denn der Zug gen Dohlenfelde hat nun bereits begonnen und Hagen und die Seinen sind vorbereitet.“
„Herr, damit ist also Eile geboten?“ fragte Ritter Risphard seinen Herrn.

„Darüber werden wir befinden müssen. Doch Eile war ohnehin vorgesehen und ehe nicht alle Verbündeten zugegen sind, werden wir nicht ziehen können. Dann aber umgehend, wie bereits zu Turehall beschlossen.“
Es lag an Angrond das letzte Wort in dieser Frage für sich zu beanspruchen. Sobald die Streitmacht versammelt war, hätte man Hagen noch einige Tage zur Warnung geben können, nun war diese Gnadenfrist vermutlich kaum mehr in diesem Umfang nötig.
„Und Du Bote, da Du ein Diener meines Lehnsmanns bist, wirst Du nun meinen Anweisungen folgen.“ Womit er kurz vor allem den anwesenden Herrn von Lîfstein anblickte, den der Bote mit Blicken stets um Zustimmung ersucht hatte. Der Bote würde es schwer haben sich Garmwart und seinem Einfluss in Angronds Lager zu entziehen, insofern galt diese Klarstellung wohl jenen mit denen der Bote eingetreten war.
„Du kennst die sicheren Wege nach Burg Schwarzfels. Bist von dort zu uns gereist. Zu gegebener Zeit wirst Du den Weg wieder zurück auf Dich nehmen und Dich erneut an die Seite Deines Herrn einfinden. Dann aber wirst Du eine Botschaft dieses Kriegsrates mit Dir führen. Ehedem magst Du Dich jedoch stärken.“ Garmwarts Worte und Blick ließen wenig Platz für Widersprüche. Einen Kontakt zu Burg Schwarzfels herzustellen, war nun von großer Notwendigkeit. Es lag jedoch am Herrn des Zeltes zu befinden, ob an den Boten noch fragen zu stellen waren, oder der ausführliche Bericht, die Lage in Dohlenfelde und die Umstände der letzten Wochen ausreichend beleuchtet hatten.
„Angrond, Du magst aber befinden ob die Einnahme der Burg Schwarzfels in Deinem Namen und für Deine Sache geschehen sein soll. Es soll keinen Zweifel daran geben. Doch zweifelsohne trage ich die Verantwortung für die Taten des Getreuen, denn ich ziehen ließ.“
Ritter Greifhold von Krotenau war kurz an Roderich herangetreten, wollte er die Ausführungen seines Barons nicht unterbrechen. Der Ritter hatte kein Platz gefunden, sondern stand am Rande der Runde. Ein Page hatte wohl eine knappe Botschaft in das Zelt überbracht. Aufgrund des Berichtes des Boten und der allgemeinen Aufmerksamkeit auf diesen, hatte der Page nicht laut vorgesprochen. Weitere Verbündete würden sich bald anschließen. Angrond war bereits informiert als der Ritter das Zelt verließ um diesen entgegenzuschreiten.