Dohlenfelder Thronfolgestreit - Schrazelrother Eile: Unterschied zwischen den Versionen

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|Titel=Schrazelrother Eile
|Reihe=Dohlenfelder Thronfolgestreit
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|Datum=13.4.1033
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|Autor={{Briefspieler|Benutzer:Reichskammerrichter}}, weitere
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Version vom 3. Juli 2019, 14:29 Uhr


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Texte der Hauptreihe:
K28. Sieg
K95. Kajax
K118. Rückzug!
K121. Im Kosch
K122. Frieden!
K123. Epilog
13. Tra 1033 BF
Schrazelrother Eile
Ein Reiter


Kapitel 68

Bericht aus Dohlenfeld
Autor: Reichskammerrichter, weitere



Nordmarken, 1033

Für jemanden, der zwischen den Aktenbergen des Reichsgerichts gelernt hatte, Schriftstücke in Windeseile zu überfliegen, betrachtete Angrond das Schreiben des Edlen von Schrazelroth ungewöhnlich lange. Während des Lesens wandelte sich sein Gesichtsausdruck von Erstaunen zu Ratlosigkeit, er reichte das Schreiben an Garmwart weiter. Er sprach dabei in die Runde: „Offensichtlich hat Darian von Lîfstein sich die Freiheit genommen, unseren Feldzug ohne mein Wissen bereits zu beginnen – und damit all’ unsere Planungen auf’s Spiel gesetzt. Das ganze Unternehmen könnte aufgrund des unüberlegten Aktionismus des Schrazelrothers scheitern, doch befürchte ich dies nicht. Denn fügt sich diese Nachricht gut zu dem, was Zuträger aus meiner Baronie in den letzten Tagen und Wochen berichteten: Darian von Lîfstein gelang es mit der bewaffneten Macht einer Hundertschaft horasischer Söldlinge Burg Schwarzfels, die Hagen an die Twergenhäuser verramscht hatte, im Handstreich nehmen. Praios und Hesinde scheinen Darian beim Schmieden seiner Pläne nicht geleitet zu haben, dafür aber Phex umso mehr auf seiner Seite gestanden zu haben.“ Ein fast gehässiges Lächeln umspielte die Mundwinkel des Barons als er fortfuhr: „Die rechtsdarlinischen Kernlande Dohlenfeldes südlich des Weihlbach werden offenbar vom Edlen und seinen Mietlingen kontrolliert, die dortige brave Bevölkerung ist mit dem Ende der schändlichen Herrschaft Hagens zufrieden. Zu meinem Erstaunen scheinen Hagen und seine Alliierten nichts gegen Darian und seine Söldlinge zu unternehmen, die nicht nur dem mit ihm verbündeten Twergenhausen die Burg Schwarzfels, sondern ihm selbst die Hälfte Dohlenfeldes genommen haben. Mein Bruder sitzt offensichtlich lieber in aller Seelenruhe in seinem Feldlager in Altengrund und harrt der Dinge, die da kommen, anstatt zu kämpfen!“
Roderich lauschte aufmerksam den Ausführungen während seine Bruder das Schriftstück mit ernstem Blick betrachtete. Es war gut, dass sich der Baron von Eisenhuett auf das Schreiben konzentrierte, denn auf den Ausdruck seines Bruders. In Roderichs Antlitz war nur wenig Überraschung zu erkennen, im Gegensatz zu meisten Anwesenden. Was erforderlich war, war also geschehen, alles andere hatte man nun erfahren. Ein derartiges Ergebnis hatte er jedoch nicht erwartet, eine wahrlich glückliche Fügung. Allerdings mussten später einige Wogen zu glätten sein, wenn die Waffen wieder ruhen würden. Wie hoch der Preis letztlich für die Burg sein würde, war derzeit kaum abzuschätzen, es war jedoch die Ablenkung, die sich Roderich schon zu Turehall gewünscht hatte, womöglich sogar noch eine bessere als die dort diskutierten. Nun fehlte nur noch eine Nachricht aus Twergenhausen und der nächste Schritt konnte getan werden. Der Sache sollte man sich aufgrund eines einzelnen Boten nicht zu sicher sein.
Angrond nahm einen tiefen Zug vom Turehaller Bier, das für ihn immer mehr nach den Wiesen Albernias denn nach Bergen der Nordmarken schmeckte – ach, was lobte er sich das starke Bier aus dem östlichen Isenhag! Apropos, wo blieb eigentlich der Rotwein aus Grangorien, der doch bald im Feldlager eintreffen sollte? Dann sprach er: „Zu meinem noch größeren Erstaunen scheint auch Twergenhausen in dieser Sache still zu halten. Doch was auch immer hinter den hohen Mauern der Herzogenstadt vor sich geht und was das rätselhafte Schicksal des Bürgermeisters betrifft, es mag vielleicht erklären, dass die Stadt wie gelähmt ist. Aber das Treiben und Unterlassen der Pfeffersäcke soll unser Schaden nicht sein.“ Nach einer kurzen Pause ergänzte Angrond: „Sofern keine schwerwiegenden Einwände vorliegen, schlage ich vor, mit unserem Feldzug fortzufahren wie geplant und Hagen am Heiligen Schwertfest der Alveranischen Leuin zur Ehr’ zur Entscheidungsschlacht zu zwingen.“ Gewandt an die junge Baronin Wunnemine, die ehemalige Knappin seiner Ehefrau Isida, sprach er: „Euer Hochgeboren, habt Ihr auf Burg Dohlenhorst nicht gelernt, wie unhöflich es ist, ein gereichtes Bier im Krug schal werden zu lassen?“
In dem Gesicht von Darians Onkel, Hagen von Lîfstein, war ein geheimnisvolles, ja wissendes Lächeln aufgetaucht, so als ob er nicht überrascht wäre, das Phex seinem Neffen hold war.
Die junge Baronin von Ambelmund war ob der Reaktion Angronds überrascht und konnte dies auch nicht verbergen, hatte sie doch mit einer deutlich anderen Reaktion des Barons von Dohlenfelde gerechnet. Diese Reaktion brachte sie auch ein wenig aus dem Konzept.
Auch der Junker war überrascht, allerdings konnte er die Überraschung deutlich besser verbergen als seine Lehensherrin.
„Ähm…. Nein, euer Hochgeboren“, Wunnemines Wangen röteten sich schwach. „Mir schien die Nachricht erst einmal wichtiger als das Bier.“
Jetzt erst fing sie sich wieder richtig, nahm den Krug Bier in die Hand und trank einen Schluck.
Sie nahm auf dem angebotenen Stuhl Platz, selbiges taten auch ihre beiden adligen Begleiter auf ihren Stühlen. Der Bote blieb hinter Hagen stehen und schien sich, ob der Situation, in der er war, nicht sonderlich wohl zu fühlen. Wann kam es schon mal vor, dass er mit so vielen Adlige in einem Zelt war. Er war lieber bei seinem Herrn, der momentan der faktische Herr von Burg Schwarzfels war, und kämpfte an dessen Seite.
Wunnemine schien den Boten vergessen zu haben, so dass Bernhelm das Wort erhob. „Euer Hochgeboren“, wandte er sich an Angrond, „wäre es in Ordnung, wenn der Bote noch ein wenig hier verweilt? Er könnte noch mehr berichten, als in dem Schreiben steht.“
Angrond nickte knapp in Richtung des Boten aus Dohlenfelde, der wusste, dass er Verweilen durfte, um für weitere Auskünfte bereit zu stehen. Dann jedoch schaute er zu Garmwart und strich sich nachdenklich über den gestutzten Vollbart. Wenn jemand in diesem Raum das ungebührliche Verhalten Darians zu verurteilen und den Edlen zu maßregeln hatte, dann war es der Baron zu Eisenhuett, dessen Lehnsherr – Angronds wichtigster Verbündeter bei der Befreiung seiner Baronie. Angrond sah momentan nicht, dass Darians dummes Handeln seinem Ziel abträglich wäre, womöglich ganz im Gegenteil. Aber dies war seine ganz egoistische Perspektive. Garmwart musste mit anderem Maß messen. Und der Quakenbrücker würde es tun, darin war sich Angrond sicher. Denn in solchen Dingen waren sich Garmwart und sein verstorbener Vater Bernhelm, die eine enge Freundschaft pflegten, sehr ähnlich. Bernhelm hätte ein solches fahrlässiges Verhalten eines Vasallen wie das Darians nicht durchgehen lassen. Angrond war in diesem Moment heilfroh, dass Darian nicht sein Vasall war, und er daher zumindest in dieser Sache nicht gezwungen war, Richter zu sein. Ohnehin gefiel er sich in seiner Rolle als Feldherr ganz gut. Es würde Angrond nicht leicht fallen, in seiner Elenviner Reichskammerrichteramtsstube der Macht des Wortes wieder mehr Gewicht einzuräumen als der verlockenden Macht des Schwertes.
Nur wenige Augenblicke ruhte Angronds Blick auf Garmwart, dann schaute der Dohlenfelder Baron zu Wunnemine: „Solltet Ihr oder sollten Eure Begleiter noch mehr Informationen zu den Geschehnissen oder der Lage in Dohlenfelde haben, so haltet damit nicht hinter dem Berg!“
Garmwart hatte nicht minder Zeit benötigt das Schreiben zu prüfen und sich darob bisher nicht geäußert. Der gerechte Zorn funkelte jedoch in seinen Augen. Die Botschaft war knapp verfasst, verständlich und mit deutlicher Schrift angefertigt. Der Baron von Eisenhuett stand gemeinhin nicht im Ruf an einer trübe Sicht oder einem besonderen Mangel an Hesindes Gaben zu leiden, dennoch brauchte er seine Zeit. Vielmehr war es der beherrschte Zorn und Gedanken, die ihm umfingen, die ihn zögern ließen. Innerlich schlug er die geballte Faust auf den Tisch und ein anderes weit stofflicheres Ziel wäre es gewesen, befände sich der Urheber der Botschaft selbst im Zelt. Er hatte den Edlen ziehen lassen, doch dieser hatte gänzlich anderes verfolgt, denn Horasische Söldlinge reisten nicht zufällig über den Eisenwald um zur rechten Zeit zur Stelle zu sein.
Es waren jedoch Angronds Worte, die ihn innehalten ließen. Er hatte den Umstand angenommen, die Einnahme Burg Schwarzfels als Vorteil erkannt, was es zweifelsohne war, wie er als erfahrener Kriegsmann wusste. Dabei spielt es nun vermutlich sogar eine geringe Rolle, das Hagen wusste, dass Angrond vor der Tür stand. Doch damit war die Angelegenheit noch lange nicht erlassen. Zudem hatte es einem Welfert von Mersingen angestanden gegen die Feste zu ziehen, sollte es ihm gelingen derart weit vor Angronds Eintreffen im Markt Dohlenfelde vorzustoßen. Ohnehin lag die Ehre bei Angrond selbst als erster in die Baronie Dohlenfelde von seinen Verbündeten einzuziehen, was nun nicht mehr möglich war. Vereinbarungen, die auf Turehall getroffen wurde und von allen Verbündeten einzuhalten waren, so hatte man sich geeinigt.
Dies kam letztlich einem Treuebruch gleich. Darian war gestattet worden nach Twergenhausen zu reisen um dort eine Geisel zu befreien, nicht mehr und nicht weniger. Mit seinem Handeln mochte er einen Vorteil herausgeschlagen haben, doch er hatte seinen Herrn auf vielfache Art geschmäht. Seine Taten und Handlungen würden auf seinen Herrn doppelt zurückfallen. Zum einen als solche, zum anderen aufgrund der Tatsache, dass die eigenen Lehnsleuten ihrem Herrn auf der Nase herumtanzten und sich sogar die schwersten Vergehen gestatteten. Auch kein knappes Wort noch Zeichen der Erklärung oder Entschuldigung war in der Botschaft. Es gab auch keine Andeutung über das Schicksal der Geisel in Twergenhausen, der eigentliche Anlass und Vorwand Darian ziehen zu lassen. Schwer und einem Urteil gleich waren die folgenden Worte des Barons an den Boten nachdem die Baronin von Ambelmund platz genommen hatte und Angrond diesen bereits aufgefordert hatte zu sprechen.
„Der Edle von Schrazelroth hat unsere Sache hintergangen. Eigenmächtig hat er eine Schar in die Lande am Darlin geführt und sich einer Feste bemächtigt, die ihm nicht zustand. Weder ein Herr Angrond von Sturmfels, noch ein Hagen von Salmingen-Sturmfels hat ihn gewiss auf Burg Schwarzfels geladen und auf Wunsch seines Lehnsherrn geschah dies sicher nicht. Also sprecht frei heraus, was Du weißt über das, was sich zutrug und was für die Handlungen des Herrn Darian von Lîfstein spricht oder ihn veranlasste diese anzustreben. Dies mag über seine und seiner Gefolgsleute Schicksal befinden. Und bedenke, halte nichts zurück, denn es mag auch auf Dich zurückfallen, wenn einst auch eine Entscheidung für die Handlung des Herrn von Schrazelroth getroffen wird.“
Die Worte waren nicht allein an den Boten gerichtet, sie stellten auch für die Anwesenden klar, dass der Baron von Eisenhuett auch ein Heldenstück nicht ohne weiteres dulden würde, wenn es eigenmächtig, womöglich aus persönlicher Ruhmessucht erfolgte, dabei Ehre und Versprechungen brach, gleich wie groß der Vorteil war, der sich letztlich daraus ergab.
Der Bote konnte sich denken, woraufhin der Baron aus war. Das Gefolge eines Raubritters, denn so konnte der Edlen von Lifstein am Ende womöglich noch tituliert werden, konnte kaum mit Gnade rechnen, vor allem, wenn dieser bis vor wenigen Tagen noch als treuer Gefolgsmann seines Herrn galt. Dem Boten wurde leicht angst und bange. Hatte er doch sein Leben riskiert und im Gefecht gestritten, war er sich nun nicht sicher, ob ein Schriftstück, das herzubringen keine geringe Gefahr für Leib und Leben bedeutet hatte, nun sein Schicksal besiegeln würde. Er selbst hatte nur seine Pflicht getan, sollte er dafür bestraft werden?
Der Baron von Eisenhuett wartete. Er hatte Geduld und würde den Boten Jast Brander kein zweites Mal auffordern, zumindest in keinem freundlichen Ton. Garmwart galt als strenger Richter. Wie alle Barone des Isenhags oblag ihm die Blutsgerichtbarkeit in seinen Landen und lies es sich nicht nehmen diese auszuführen. Für den Verrat durch seiner Lehnsleute hatte es, wie einst der vormalige Junker von Lanzenberg zu spüren bekommen hatte, bisher nur eine Straf gegeben. Freilich würde die Aussage des Boten für eine endgültige Entscheidung wenig Gewicht haben, im Guten wie Schlechten. Doch die Fragen, die dereinst noch gestellt werde mochten, würden sich nun womöglich bereits ergeben.