Auersbrücker Fehde - Ein Treffen der Alttreuen

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Feldherrnzelt vor Angenfurten, Boron 1047 BF

Äußerst interessiert blickte Rodhelm von Hartsteig sich in alle Richtungen um. Hier saß er nun, mit fast allen wichtigen Köpfen aus dem Bund der Alttreuen, die sich an der Auersbrücker Fehde beteiligt hatten. Das er eingeladen wurde, obwohl er noch nicht mal ein richtiges Mitglied war, sah er als große Ehre an.

Um ihn herum saßen Daria und ihre Schwester Dania von Angenfurten, die immer wieder etwas mit ihrem Ehemann Binsbart flüsterte. Alle drei hatten tiefe Augenringe und wirkten etwas übermüdet. Aber das war auch kein Wunder, waren sie doch noch vor 5 Tagen hier belagert worden. Neben ihm saßen die breitschultrigen Ritter Polter von Pirkensee und Metzel vom Grauen Schild. Für diese beiden Männer der Tat waren solche Besprechungen immer ein Graus und das konnte man ihnen auch ansehen, so unruhig wirkten sie. Weiter im Raum bemerkte Rodhelm die Schwester von Metzel, Vögtin Birsel, die sich gerade eifrig mit der Junkerin Emer Angunde von Bodrin-Hardenfels und der streitbaren Ritterin Leowina Steinkopf auf Butterwus austauschte. Die arme Birsel hatte es schwer getroffen, war ihr Mann Eberwulf von Zweizwiebeln doch durch Magie tödlich verbrannt worden.

Ähnlich hart hatte es die anwesenden Bärenstieger getroffen. Einer der Ihren war mitsamt seiner Knappin erschlagen, der andere jetzt mit seiner Familie ein Gesetzloser. Rodhelm blickte in die grimmigen Gesichter von Ungolf und Morena. Beide sahen nicht so aus, als hätten sie vergeben oder gar vergessen. Neben ihnen saß Ifirnia von Firntrutz mit der gleichen Miene. Ihr Ehemann Bolzer von Alrichsbaum war auch in der Schlacht von Ilmenheide gefallen. Die Frau von Ungolf, Praiodane von Stielzbruk, redete immer wieder beruhigend auf ihren Gatten ein. Kein Wunder, hatten die beiden doch drei kleine Kinder, um die sie sich zu sorgen hatten. Dann waren da noch eine Handvoll Personen anwesend, die Rodhelm aber nicht genauer kannte.

Nun schweifte der Blick des alten Ritters zu den wichtigsten Leuten hier im Raum. Hakan von Nadoret saß ruhig mit geschlossenen Augen dar, die Fingerkuppen aufeinander gelegt. Der militärische Anführer des Bundes wirkte äußerlich gelassen, aber Rodhelm war sich sicher, dass Hakan gerade in Gedanken intensiv ihre ganze Situation durchdachte. Zu seiner Rechten befand sich sein Neffe Wilbur, der gerade einigermaßen erfolglos versuchte, Ruhe in die Versammlung zu bringen. Zu Hakans Linken saß Gisbrun von Treublatt, der sich immer wieder mit der Hand über das bärtige Kinn rieb und alle Anwesenden aufmerksam musterte.

Rodhelm war überrascht gewesen, dass dieses Treffen nur für so wenige Leute ausgerichtet worden war, aber außer einer Magd hinter Hakan und einem Posten vor der Tür waren keine weiteren Gemeinen anwesend. Vielleicht wollte der Junker aus dem Hause Nadoret die Zahl der Zuhörer möglichst gering halten. Nun versuchte es Wilbur erneut: „Ihr alle kennt den Grund der heutigen Besprechung! Jeder von uns hat einen persönlichen Befehl des Fürsten erhalten, in dem er uns zum Heerbann ruft und uns die Belagerung von Burg Bärenstieg befiehlt.“

„Eine unglaubliche Frechheit!“ giftete die Herrin von Angenfurten mit lauter Stimme. „Nicht nur, dass sich der Fürst damit vor die Aufständischen stellt, die wir ansonsten besiegt hätten, nein, er zwingt uns auch noch die Burg eines Bundesbruder mit genau diesem Bauernpack zu belagern. Darf er das überhaupt anordnen?“ Gisbrun hatte bei ihren Worten nur die Augenbraue gehoben, dann meinte er aber mit tiefer Stimme „Der Fürst kann es und hat es.“ Mit hochrotem Kopf erwiderte Dania: „Dann sage ich, wir ziehen einfach ab und schreiben ein paar nichtssagende Zeilen.“ Das Oberhaupt des Haus Treublatt brummte verstimmt. „Ihr glaubt, dass Ihr damit einem direkten Befehl des Fürsten entkommen könnt? Darf ich Euch daran erinnern, dass gerade dieser Fürst den Ritter Ardan von Bärenstieg sofort geächtet hat, weil er EINMAL mit Gesetzlosen gemeinsame Sache gemacht hat? Ich würde dieses Risiko besser nicht eingehen, denn im schlimmsten Fall verlieren wir auch all unsere Titel und Besitzungen.“

Die Ritterin wollte etwas darauf hin antworten, doch in diesem Moment öffnete Hakan wieder seine Lieder und meinte mit leiser, aber fester Stimme: „Wir haben ihn einfach unterschätzt.“ Alle Augen gingen zu ihrem Befehlshaber und niemand traute sich jetzt etwas zu sagen, stattdessen hingen alle an seinen Lippen. „Wir haben den Fürsten unterschätzt. Wir alle dachten, er sei kein Blasius und würde sich daher nicht darum kümmern, was da oben im fernen Wengenholm geschieht. Aber er ist seinem Vater ähnlicher als gedacht und nun hat er uns matt gesetzt.“ Der kalte Blick des Junkers von Durstein lag nun auf Dania. „Ich würde den Zorn des Fürsten gerade lieber nicht weitere Nahrung geben. Stattdessen sollten wir das tun, was schon in unserem Namen steht. Wir sind Alt-TREUE! Wir werden dem Fürsten zeigen, wozu wir in der Lage sind.“

Er sah in den Kreis der Versammelten und meinte: „Ich erwarte von Euch allen nun Musterbeispiele für ritterliches Verhalten und Disziplin. Daher werden wir morgen schon eine Vorabteilung nach Burg Bärenstieg schicken und die Burg als erste belagern. Wenn dann die Truppen des Fürsten und die Wehrmeisterin Alvide eintreffen, werden sie ein vorbildliches Lager sehen und treue Untertanen des Fürsten. Ich will, dass jeder von Euch seine Männer und Frauen darauf einschwört, in nächster Zeit Übermenschliches zu leisten. So waschen wir uns nicht nur vor den Augen des Fürsten rein, sondern wir können auch allen, die neu hinzustoßen, die Macht unseres Bundes deutlich vor Augen führen. Wilbur schien den Gedanken seines Onkels weiterzuspinnen und meinte: „Du denkst doch nicht etwa daran…“ Ein hinterlistiges Grinsen zeigte sich auf Hakans Gesicht. „Oh doch, genau das. Es werden viele Adlige hierherkommen. Leute, die man sonst nur selten trifft. Was für eine Gelegenheit, um einige Gespräche zu führen, Gespräche, die darauf abzielen, weitere Mitglieder für den Bund zu gewinnen. Und wie gewinnt man neue Mitglieder?“ fragte Hakan in die Runde, um die Frage gleich selbst zu beantworten. „Indem man ihnen zeigt, wie stark und zahlreich unser Bund ist. Ich erwarte daher von Euch allen, dass Ihr möglichst umtriebig seid und mit so vielen Leuten wie nur irgendwie möglich Kontakte pflegt. Das kann sich für unseren Bund nur auszahlen.“

Aufgeregt redeten die Anwesenden miteinander und Rodhelm lehnte sich beeindruckt zurück. Dieser Hakan war wirklich ein gerissener Mann. Er akzeptierte keine Niederlage, sondern versuchte gleich, das beste aus seinen gegebenen Möglichkeiten zu machen, indem er nicht nur die Kampfkraft des Bundes den zahlreichen hier erscheinenden Niederadligen vorführen wollte, sondern auch, indem er in deren Reihen neue Mitglieder für den Bund gewann. Ein beeindruckender Plan.

„Aber was ist mit meinem Verwandten? Was ist mit Ardan und seiner Familie, wollen wir die so einfach ans Messer liefern?“ meinte nun Ungolf sichtlich angefressen. Alle Augen gingen von ihm, direkt zum Nadoreter. Hakan schüttelte den Kopf und meinte: „Keine Angst, guter Ungolf. Ich habe nicht vor, Euren Verwandten einfach so aufzugeben. Daher kommt nun Teil 2 meines Planes zum Einsatz, der da lautet: Mehr Schein als Sein.“

Nun konnte man in vielen Augen einiges an Verwirrung bemerken. Hakan seufzte leise und erklärte dann: „Damit meine ich, dass wir uns einen äußeren Schein geben, der allerdings nicht viel mit der Realität zu tun hat. Äußerlich geben wir uns als treue Vasallen des Fürsten, aber in Wirklichkeit werden wir versuchen, dem Spiel unsere Regeln aufzuzwingen. Wir bauen ein vorbildliches Lager und übernehmen viele Arbeiten für den Belagerungsring. Aber eine tatsächliche Belagerung führen wir nicht durch, von ein- zwei Alibischüssen auf die Burg mal abgesehen. Wir bauen Belagerungswaffen wie Leitern, Rammböcke und Ähnliches, aber setzen sie nicht ein. Wir mustern täglich große Truppenkontingente, aber greifen nicht an.“ Er blickte nun mit scharfem Blick in die Runde. „Und das wichtigste, wir werden alles tun, damit die Aufständischen in den Augen der Wehrmeisterin in einem schlechten Licht dastehen.“

Bedeutungsschwer lagen seine letzten Worte in der Luft und nun ergriff zum ersten Mal Rodhelm selbst das Wort. „Ihr meint Sabotage?“ Der Junker von Durstein lehnte sich entspannt zurück und führte wieder die Fingerkuppen aufeinander. „Ein hässliches Wort. Ich würde es lieber so beschreiben, als dass wir die Belagerung in die Länge ziehen. Da werde ich mir noch einige Gründe einfallen lassen, aber ich habe nicht vor, die Burg eines Bundesbruders direkt anzugreifen. Jedoch alles, was die Schwurbündler als den undisziplinierten und treulosen Haufen darstellt, der sie auch sind, ist mir willkommen.“ Einige der Anwesenden sahen sich etwas beunruhigt gegenseitig an, doch davon ließ sich Hakan nicht aus dem Takt bringen.

„Das Wichtigste zusammengefasst ist, einen hervorragenden Anblick für die Wehrmeisterin zu geben und Zeit, damit wir zusehen können, weitere Mitglieder zu gewinnen und den guten Ardan mit seiner Familie dort irgendwie rauszubekommen. Ich hab bereits Nachricht an meine Tante schicken lassen. Wir brauchen nicht nur weitere Mittel, sondern ihre Rechtsgelehrten sollen sich die ganze Angelegenheit einmal genauer ansehen. Vielleicht gibt es ja eine Schwachstelle im fürstlichen Dekret zur Ächtung des Bärenstiegers, so dass wir Klage vor dem Reichsgericht führen können. Aber dafür benötigen wir nun mal Zeit.“

Sein Blick schweifte nun zu Birsel, Ifirnia, Binsbart und den Bärenstiegern. „Keine Angst, ich habe auch Eure getöteten Verwandten und Ehemänner nicht vergessen. Der Bund wird euch helfen, damit ihr diese Angelegenheiten lösen könnt. Haltet euch nur an meinen Plan und Eure Zeit wird kommen, das verspreche ich.“

Idealisierte Darstellung durch einen unbekannten Künstler, im Auftrag des Hauses Nadoret. © Rigolosch