Unheiliger Haß

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Ausgabe Nummer 21 - Tsa 1021 BF

Unheiliger Haß

Von Rachedurst entbrannte Hügelzwerge belagern die Hallen Koschims

Die Drohung wird ernst

Mit Sitzaxt, Hammer oder Armbrust bewaffnete Hügelzwerge sangen halbvergessene, finstere Lieder aus den Zeiten des Drachenkampfes. Schwerbeladene Wohn- und Lastkarren, rumpelten von Ochs oder Esel gezogen über den steinigen Paß wacker gen Norden... Was auf den ersten Blick wie der feierliche Umzug der ehrwürdigen Angbarer Bürger- und Schützengilde wirken mochte, war doch bitterer Ernst — denn das Ziel war die Rückeroberung der Heiligen Hallen von Koschim.

Am 10. Tag des Erntemondes Travia stand die Truppe vor jenen Stollen, die vor über 400 Götterläufen von den Erzzwergen besetzt wurden. Doch vergingen noch beinahe zwei Wochen, bis am 23. TRA endlich der letzte Troßwagen angekommen war — und mit der verbissenen Rohalssteger Sippe der Palagdoms weitere Verstärkung erhielt, so daß der Heerzug den Talkessel vor dem Portal der Bergfreiheit gänzlich füllte. Wohl dreihundert fest entschlossene Streiter mochten es sein. Herbim, Sohn des Herbosch, der Anführer der selbsternannten Rächer, blickte entschlossen in die Runde und schwor seine Gefolgschaft ein weiteres Mal auf das vor ihnen liegende Ziel ein. Von Vergeltung für den feigen Anschlag auf Väterchen Nirwulf, sprach er, von alten Wunden, die wieder schmerzten und nach Linderung verlangten.

Ratlose Großlinge

Noch war keine Nachricht und kein Gesandter aus Angbar eingetroffen, wie’s mancher erwartet hatte — zeigte man sich am Hof, der traditionell ein gutes Verhältnis zu beiden zerstrittenen Völkern pflegt, doch ebenso besorgt wie ratlos. Graf Growin, Gorboschs Sohn, naturgemäß des Fürsten getreuster Ratgeber in Dingen der Angroschim, befand sich zur Zeit auf einer Pilgerreise nach Waldwacht und Xorlosch — und aus keiner der beiden Bergfreiheiten hat man bislang etwas vernommen. Auf die kaiserliche Sonderbotschafterin bei den Zwergen, die hinterkoscher Baronin von Trappenfurten, wollte aber Fürst Blasius wohl nicht zurückgreifen.

Das Amulett des Zulipan © M. Lorber

Zum Kampf gerüstet

Derweil hatte der Rogmarok Gilemon, Sohn des Gillim, allerdings die Zeit nicht tatenlos verstreichen lassen. Uralte Pläne und Treueschwüre harrten nun endlich ihrer Erfüllung. In den vergangenen Tagen und Wochen hatte er seine fähigsten Kriegerinnen und Krieger zu sich in die Binge gerufen und im Kampfe geübt. Neue Waffen wurden eigens aus Xorlosch beschafft, und manch tapferer Erzzwerg war zur Verstärkung mitgezogen. Viel Blut würde fließen, für Taten, die geschahen, als der Kosch noch in den Trümmern der Magierkriege lag, die Zwerge ohne einen König und die Menschen ohne einen Fürsten waren.

Sturm auf die Binge

Da erscholl das Kriegshorn von Herbims Banner durch das Tal, vom Angriff der Hügelzwerge kündend — die sich gröhlend in Bewegung setzten. doch da: „Haltet ein, meine Kinder!“ Die besorgte Stimme eines alten Angroschim brach sich an den Felsen der Schlucht.

Überraschte Blicke sahen auf einem Hang über dem Schlachtfeld eine schlichte Sänfte, in welcher kein geringerer als Landvogt Nirwulf, Sohn des Negromon saß, für dessen Rache die Streiter in diesem Moment antreten wollten. Nicht alleine war er, an seiner Seite (neben den Sänftenträgern) waren langrobige Geoden und fackeltragende Angroschim mit runenverzierten Standarten, aus deren Reihen nun der Ingerimmgeweihte Ibralosch trat, der Schürer der Flamme.

Langsam erhob sich der Oberste Richter des Hügelvolkes aus seinem Reisevehikel und stieg in Begleitung Ibraloschs und einiger weiterer Geweihter des Angrosch hinab zu den Bewaffneten. Mißtrauisch beäugten Gilimons Kämpen von der Wehr der Großen Pforte her den plötzlichen Abbruch des Angriffs.

Mit ernstem Blick trat Nirwulf vor den Wortführer: „Herbim, mein Freund — wie kannst du wollen, daß auch nur ein Angroschim sein Leibeswohl derart unnütz in Gefahr bringt?“ — „Deine Wunden werden wir rächen, für dich werden wir kämpfen!“, verkündete Herbim mit großen Augen. „Nicht für mich, Herbim ...“— in diesem Moment hielt Nirwulf mit einem Mal eine lange Greifzange in der Rechten, fuhr damit nach Herbims Hals! — und riß ein Amulett von der Kette, an der es der Flößer trug — „...sondern für dies Ding würdest du dein Leben riskieren!“ Starr blickte der selbsternannte Rächer auf den dunklen Stein, den der Vogt nun behutsam ein eine schwere Eisenschatulle fallen ließ und den Geweihten übergab.

Ein König spricht

Mit lauter Stimme, die durch den ganzen Talkessel scholl, erklärte der „Dicke König“ Angreifern und Verteidigern, was sich zugetragen hatte. „Alle wissen wir von deiner Heldentat, Herbim, daß du den Attentäter fingst, der mir Böses wollte. Doch erinnerst du dich, daß du ihm diese Kette vom Leib rissest? — Ich kenne dich gut und lange, ebenso wie ich alle meine Kinderlein gut kenne, und wußte, daß sich kein Hügelzwerg derart blinder Wut hingeben würde, wäre nicht Übles im Spiel.

Nun, ich hatte bei meinem Genesungsaufenthalt in Gormel wahrlich ausführlich Gelegenheit meinen Verdacht auf seine Wahrheit zu überprüfen, und fand in alten Schriften schließlich eine Geschichte, die ihn bestätigte. Der Geode Kerasch lebte im Stillen Grund, eben dort wo die letzte Schlacht zwischen Hochkönig Ambros (Freudige Rufe erklangen aus den Reihen von Ibraloschs Gefolgschaft) wider den finsteren Schwarzmagus Zulipan stattfand. Niemand weiß heute mehr, welch unselige Kräfte es waren die das Südufer des Angbarer Sees hierbei verwüsteten, doch lag der Schluß nahe, daß sich dort bis heute verfluchte Überreste befinden mögen, wie man im Volke munkelt.

Tja, und eben ein solches ist dieses Amulett des Zulipan, welches vom unglücklichen Kerasch gefunden wurde, und diesen sogleich in seinen unguten Bann schlug. Vermutlich vermittelt der Zauber Haß, Kampfeslust und Zwietracht, so daß der Geode zum Attentäter wurde und im Zwang mit der Armbrust auf mich schoß. Danach gelangtest du in seinen Besitz, und dummerweise ebenso in diesen Bann, der nicht nur dich, sondern offenbar auch all jene ergriff, welche Du zum Krieg auffordertest — ein gar übler Zauber also, der erklärt, wie Zulipan damals eine derart große Streitmacht für sich gewinnen konnte. Und noch immer tut er seine verachtenswerte Pflicht — nicht auszudenken, was geschehen wäre, wenn der Geode nicht derart einsam gelebt hätte ...“, endete der Hügelländer Vogt seine Ausführungen.

Den Geweihten Ibralosch aber bat er, treulich über das unglückselige Amulett zu wachen. „Bei Angrosch!“ gab dieser sein Wort und zog mit dem gefährlichen Artefakt im schützenden Eisenkästchen (auf daß die Heiligen Zeichen Angroschs geprägt) und seinen Anhängern in Richtung Angbar davon.

Die Gunst der Stunde

Währenddessen hatten sich die anwesenden Kämpfer sich ungläubig die Augen gerieben, als wären sie aus einem bösen Traum erwacht, sich auf Sitzäxte und Bierfässer oder geradewegs auf den Hosenboden gesetzt und stumm der Geschichte gelauscht. Der Angbarer Wirt Galosch ergriff als erster das Wort: „Hm, das hat das Väterchen schlau ergründet. Ein Hoch auf unseren König, und die Krüge heraus — denn wenn wir nun schon einmal da sind, wollen wir doch die guten Fässer Siegesbier nicht verkommen lassen oder?!“ Sprach’s und zapfte unter dem Jubel der Umstehenden ein mitgeführtes Proviantstück an.

Glücklich über diesen glimpflichen Ausgang des „Krieges“ war man indes auf beiden Seiten — und so saßen bald Erz- und Hügelzwerg ungewohnt einträchtig bei Bier und Ziegenbraten beieinander (von einigen Wort- und Faustgefechten Unbeirrbarer abgesehen, die freilich unter großem Potzstollenbruch und Humpenstoßen belacht wurden).

Bergkönig Gilemon und Vogt Nirwulf nutzten die seltene Gunst, um im vertrauten Gespräche die Lage ausgiebig zu bereden. Da ward (unter anderem) beschlossen, daß in besonderen Fällen auch Hügelzwergen die Große Pforte von Koschim wieder offenstehen werde, und die umkämpfte Binge von Trolleck künftig beiden Völkern gemeinsam (unter dem Schutz eines schlichtenden Berggreven aus dem Volk der Amboßzwerge, dem wackeren Gorek, Arbolaschs Sohn). Auch wolle man nun endlich mit dem Väterchen im Amboß beraten, wie man gegen die Bedrohung des zurückgekehrten Meisters des Zulipan vorgehen wolle.

Losiane Cendrak