Gen Greifenfurt, Gefährten!

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Ausgabe Nummer 32 - 1025 BF

Gen Greifenfurt, Gefährten!

Prinz Edelbrecht will die Markgräfin freien und zieht auf Brautfahrt

Hat man solcherlei schon erlebt! Ein hochedler Brautwerber von Fürstenblut näherte sich — die verehrte Dame aber weilt ihrer Residenz fern. So mühen sich nun der durchlauchte Freier Edelbrecht vom Eberstamm und seine stolze Gesellschaft, nicht verfrüht am Hofe der auserkorenen Markgräfin Irmenella einzutreffen, während unter den Lehnsleuten der Greifin der Unmut über die Fremden und ihr Ansinnen wächst. So berichteten es Stimmen aus der Gefolgschaft des Prinzen aus Greifenfurt.

Die Falkenritter waren — obzwar sich ihre Schar nach ihrer jüngsten Queste überall im Kosch und anderen Reichslanden verstreute hatte — die ersten, denen die Boten im grün-schwarzen Rock des Fürsten vom Eberstamm einen Brief zutrugen, der vom frohen Entschluß ihres Prinzen Edelbrecht kündete, und hernach trugen die Herolde die Botschaft in die Städte und Burgen der fürstlichen Lehnsleute. Denn Seiner Durchlaucht zeitgeborener Sohn wollte gen Greifenfurt ziehen und dort um niemandne geringeren als die Markgräfin Irmenella von Wertlingen selbst werben!

Unter den Vasallen und Freunden des Hauses Eberstamm warb der Prinz um Mitstreiter, denn eine prunkvolle Gesellschaft mit ihren schmucken Wämsern, prächtigen Mänteln, schimmernden Panzern und herrlichem Waffenzeug.1 „Vor allem aber wollen wir uns in Mut, Ehre, Bescheidenheit und ritterlichem Betragen üben, wie’s seit den Zeiten meines Ahns Baduar, den man den Ersten Ritter nannte, die Zierde unseres Standes ist“, gab der Prinz die Parole aus.2

So sammelten sich zu Angbar Gefährten aus des Prinzen tollen Jugendtagen (berühmtester unter ihnen Herr Wolfhardt, der Dichterfürst), gerade dem Knappenalter entwachsene Ritter, die sich ihre ersten Sporen verdienen wollten wie der Junker Globerich von Bockzwingel und altgediente Eberstammer Lehnsleute gleich Ritter Hardger von Mönchbach zu Klippbrühl. Letzterer ritt Seit’ and Seit’ mit seiner Tochter Lissmene, der Falkenritterin. Aus deren Schar erschienen der Weidener Roban von Altentrallop mit dem Schwertarm in der Schlinge, die Albernierin Macha Ni Grainne in dunkler Rüstung und düsteren Blicks geradewegs aus dem Osten. Doch war von ihnen des Prinzen Ruf gefolgt, wen nicht ältere Pflichten zurückhielten.

Eben hatte die Gesellschaft Angbar verlassen, da näherte sich ein einzelner Reiter, preschte an Pulk und Troßwagen vorbei und stieß grüßend ins Horn. Niemand anderes als Ritter Lucrann von Auersbrück war es, der sein treues Roß Danilo derart hetzte, um die Schar noch einzuholen.Travia zum Gruß, mein Prinz. Vergebt mir, daß ich erst jetzt eurer hehren Fahrt folgen kann, doch wichtige Pflichten hielten mich davon ab euch zu folgen. Traurig war mein Herz darob, nun aber schlägt es wieder freudig.“ Der Prinz lachte und hieß den Gefährten willkommen.

Aus der Seestadt kommend, wandte sich der Zug bei Steinbrücken firunwärts, der Angenstraße folgend auf Greifenfurt zu. Am vierten Tag der Reise passierte man den Ort, wo Ange und Breite zum großen Strome sich vereinen. Ein seltsames Gefühl beschlich die Gesellschaft dort, und Barden, Trommler und Gaukler, die seit Angbar heiteren Marsch geschlagen hatten, verstummten nach und nach, obwohl kein Befehl dazu gegeben worden war. Eigenartig offen lag die Stelle dar: Bäume und Unterholz hatte man vor Jahren niedergehauen auf mehrere hundert Schritt, ohne daß Peraines Segen seither diese Wunde im Grüne hatte verheilen lassen. Auch der Flußvater gab sich trübsinnig: morastige Ausläufer umspülten aufwärts stakende Pfähle, die Reste von Befestigungswerk.

Hier hatte sich die Legion Thuranien auf des Kaisers Geheiß versammelt, im Jahr des Orkensturmes, war hinausgezogen in die nebligen Wälder Greifenfurts und dort vom Ork vernichtet worden. Seitdem mied rechtschaffenes Volk den unglückseligen Platz, und schon König Brin hatte das Entsatzheer für das bedrängte Greifenfurt ein eigenes Lager nicht weit entfernt am östlichen Ufer errichten lassen. Man munkelte von unguten Nebelgestalten und Gelichter.

Prinz Edelbrecht ließ halten und absitzen. Man sprach ein Gebet für die Seelen der Tapferen, die auf den Wallstätten des Orkkrieges ihr Leben gegeben hatten. Des Nachts standen doppelte Wachen.

An den Grenzen seiner Grafschaft erwartete Herr Jallik von Wengenholm seinen Prinzen und Heermeister und tat ihm den Marschallsdienst, und dann schloß er sich dem Zuge mit seinen Lehnsleuten Gelphardt von Stolzenburg, Ermanissa von Rohenforsten und Firnrich von Zweizwiebeln an. Wie schon beim ersten Flug der Falken (der Kosch-Kurier Nr. 21 berichtete) war der Wengenholmer den Recken ein guter Führer, denn die Berge und Wälder seines Lehens hatte er oft genug durchstreift auf der Hatz nach Wild — und dem Jergenquell — , und jüngst erst war er an der Markgräfin Hof nach Greifenfurt gereist (was mancher im Nachhinein als einen ersten Dienst in der jetzigen Angelegenheit ansah). Die Reise verlief jedoch unbehelligt vom Jergenquell oder dem Menschenfresser Goro, der gleichfalls im Wengenholmschen sein Unwesen treibt.

Als man die Breite gen Osten überschritten hatte, erbat man die erste Nacht im markgräflichen Lande auf dem Anwesen der Junkerin von Alt-Nardesfeld Gastung. Die edle Frau war mit dem jungen Zweizwiebeln verwandt , der darob die Vorstellung des Prinzen und der anderen Herrschaften übernahm, die bescheiden um Obdach und Brot baten.

Zugleich aber war die Junkerin eine Verwandte des verfemten Jergenquell, und mancher in Wengenholm hatte sie in der Vergangenheit verdächtigt, dem Schurken ob alter Blutsbande willen dann und wann Unterschlupf gewährt zu haben. Vogt Gelphardt und die übrigen Wengenholmer hielten die Wahl des Nachtquartiers so für einen gar gelungenen Streich ihres Grafen und feixten, als dieser es übernahm, der Junkerin für die traviagefällige Gastfreundschaft zu danken.

Denn wahrlich! Des freienden Prinzen Gesellschaft zählte beinahe 60 Damen und Herren von Geblüt, die dem Prinzen Geleit gaben, und natürlicherweise zumindest die doppelte Anzahl von Pagen, Pferdemägden, Köchen und Troßknechten, hinzu die edlen Rösser, Hunde, Troßgäule und zwölf Zwergenponys (welche die zwei Dutzend silbernen Kisten mit den Brautgaben trugen, mit denen der Prinz Herz und Hand seiner Angebeteten gewinnen wollte). Was all diese aber alles an einem Tag speisen und trinken wollten, auch ohne der Völlerei zu frönen! Die Junkerin von Alt-Nardesfels ward blaß, als ihr die Hausvögtin nach Lebewohl und Abreise der Brautwerber Bericht erstattete.

Andertags machten der Zug auf dem Gut des Ritters Firutin Rast. Dieser, ein alter Gefolgsmann der Markgräfin und zuvor ihres Vaters, tischte den Koschern nichts als eine karge Mahlzeit auf und sprach entschuldigend: „Die Mark ward vom Schwarzpelze bis aufs Blut geschunden.“ „Das wissen wir, denn mein Vater und die unsrigen standen euch bei in jenen Tagen“, entgegnete Prinz Edelbrecht und ließ die letzten als Wegzehrung mitgeführten Hühner und Ferkel schlachten.

„Habt Dank, auch wenn ihr nicht viel wißt von dem, was dies Land heuer noch bedrängt“, antwortete der Ritter wenig mürrisch.

Erst als man in aller Früh zum Aufbruch rüstete, erstrahlte die Miene des Hausherrn. „Ihr müßt Euch nicht eilen, Prinz von Kosch“, sprach er, als die Gäste eben sein Anwesen verließen. „Ihre Erlaucht weilt ohnehin nicht in Greifenfurt. Sie ist gen Süden zu einem Konvente des garetischen Adels gereist. Die Greifin sorgt für die Mark und hat wichtigeres zu tun, als wie eine Glucke auf einen stolzen Gockel zu warten.“

Da verschlug’s den Brautwerbern aus dem Kosch die Sprache, so sehr, daß sie nicht einmal den Grobian für seine freche Rede tadelten.

Unmöglich könnt Ihr jetzt nach Greienfurt! Wenn Frau Irmenella nicht dort ist, macht Ihr Euch zum Gespött!“ rieten Rittmeister Torben von Sallingen, der Halbelf Yariel und andere. So gab es nur eins: Höchst vertraute und gewinnende Boten wurden eilends zum Adelskonvent gesandt. Derweil zogen der Prinz und die Seinen so langsam wie möglich durch die Breitenau, in manchem Schlängel über die Rittergüter und Baronsburgen auf Greifenfurt zu.

Gleich dem Ritter Firutin aber sieht nicht jeder Edelherr die durchlauchte Gesellschaft als willkommene Gäste an, und das Landvolk macht grimmige Mienen, wenn die Koscher nahen. In einem Weiler wurden gar zwei koscher Pagen und ein zwergischer Troßkutscher des nachts von Dorfburschen durchbläut! Schon dreimal mietete der Prinz derweil für manche Beutel Eber einen ganzen Landgasthof und die umliegenden Äcker für seine Gesellschaft an.

Auch fort blieb man indes von Ungemach nicht ganz verschont: Ein fahrender Ritter aus Garetien, Herr Roban von Weyringhaus-Rabenmund, weigerte sich eine Kammer zu räumen, die der Prinz für sein Gefolge angemietet hatte, und hielt gar die Falkenritterin Macha Ni Grainne für eine Pferdemagd! Zu guter Letzt teilten Albernierin und Garetier die Kammer für eine Nacht, doch soll der beharrliche Ritter dies schwer bereut haben, mußte er doch noch manche Schelte aus dem Mund Machas über sich ergehen lassen, die ihm zunächst gar Prügel anbot und schließlich schwor, sie werde sich gleich bei nächster Gelegenheit auf höfischem Parkett zu beweisen wissen. Der Garetier nahm die Wette an.

Burgholdin d. J.

1 - Für Ausstattung und Brautgabeb habe Herr Edelbrecht beim Kaufmann Stippwitz oder anderswo mit seinem guten Namen gebürgt, heißt es in Angbar. Denn obzwar sich der fürstliche Vater nicht habe lumpen wollen, sei doch dessen Schatulle nach der jüngsten Vermählung des Erbprinzen Anshold nicht mehr so wohl gefüllt gewesen wie einst.

2 - Der Held Baduar vom Eberstamm, Rauls des Großen Waffenbruder, ward von diesem nach der Zweiten Dämonenschlacht zum Fürsten vom Kosch und erstem Marschall des Neuen Reiches bestallt.