Halmdahl und Treuherz

Aus KoschWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen


Kosch-Kurier8-35.gif

Ausgabe Nummer 32 - 1025 BF

Halmdahl und Treuherz

Wolfhardt von der Wiesen


Einst machte sich auf Herr Halmdahl zu wackerer Heldentat,

Und ritt für viele Tage auf Straße und Waldespfad.

So zog der stolze Recke dahin in blinkender Wehr,

In seiner Rechten die Klinge, in seiner Linken der Speer.


Wohin er auch kam durch die Dörfer und seine Städte im Land,

Da standen die Menschen jubelnd und winkend am Straßenrand.

Denn mit ihm waren die Götter in seiner Herrschaftszeit:

Die Felder trugen reichlich, Gedeihen war weit und breit.


So kam er denn eines Morgens im Wald an eine Stell’,

Dort hauste fremdes Kriegsvolk, das stand unter Feindes Befehl.

Man lauerte auf den Reiter im Dickicht am Wegesrand

Und trug Krieg und Verderben ins friedliche Koscherland.


Doch Halmdahl schwang die Klinge und tat der Hiebe drei:

Wie Äxte im morschen Holze, so schlug er die Helme entzwei.

Als solches die Schergen sahen, da rannten sie alle davon,

Doch schneller war der Recke, gab jedem seinen Lohn.


Und es umgab den Fürsten ein heller, silberner Glanz,

Als stünd’ Frau Rondra selber bei ihm im Waffentanz.

Kein Ritter war je wilder und grimmiger im Streit

Als Halmdahl, den man nannte „den Keiler“ weit und breit.


Zuletzt ergriff er einen, ein Knabe war er noch,

Der fiel aus Angst auf die Kniee und rief: „Verschont mich doch

Ich hab’ noch so viele Jahre, ein ganzes Leben vor mir:

Das will ich, Herr, Euch weihen — verschont Ihr mich dafür.


Von Ritterehr’ und Tugend hat man mich nichts gelehrt,

Doch will ich’s bald erlernen — dünkt Euch der Schüler wert!

Was ich an Falschem getan hab’, bereu’ ich tief in der Seel’,

Und schwöre bei allen Zwölfen Bess’rung für Sünd’ und Fehl.“


Mit solchen Worten nun nahte er sich dem schneeweißen Pferd,

Auf Strafe oder Gnade durch seines Bezwingers Schwert.

Da blickte der Fürst hernieder und sah ihm ins Angesicht —

Denn Worte konnten lügen, doch die Augen taten’s nicht.


Stark war’n des Knaben Schultern und flink die Beine sein,

Und war auch sein Antlitz schmutzig, so war’s doch nicht gemein.

Drum sprach Herr Halmdahl milde: „Mein Junge, sei nicht bang,

Dich soll mein Schwert verschonen und auch des Henkers Strang.


Ich nehm’ dich in meine Dienste und will dich erziehen gut,

Daß du ein Ritter werdest voll Ehr’ und Heldenmut.

Doch wisse, vor wem du stehest und wem du ein Diener wirst:

Ich bin ein Eberstammer, Halmdahl, der Koscher Fürst.


Nun sag mir, wie dein Name und dein Geschlecht genannt,

Auf daß es ehrbar klinge dereinst im ganzen Land.

„Ach Herr, ich will ihn vergessen“, sprach da der Knabe mit Scheu,

„Ihr gabt mir ein neues Leben, drum gebt auch den Namen mir neu.“


Das hörte Halmdahl gerne, er hob die eiserne Hand

Und legte sie ihm auf den Scheitel und auf das Schultergewand.

„Du hast bei den Zwölfen geschworen, ein treuer Diener zu sein,

Drum soll von jetzt auf immer Treuherz dein Name sein.“


So kam der wackere Knabe zu neuem Namenswort

Und ritt für viele Jahre mit seinem Herren fort.

Manch große Heldentaten hat Treuherz noch vollbracht’,

Bis er nach Rondras Willen den Tod fand in der Schlacht.


An seinem Grabe standen die Großen in Trauer umher,

Und senkten voll Ehrerbietung zur Erde ihren Speer.

Hinein in die dunklen Grüfte fuhr Treuherz’ Sarg hinab,

Doch brennt stets eine Leuchte als Denkmal auf seinem Grab.