Nicht zu fassen
Nicht zu fassen
Edle will’s Wackerstrunk zeigen
SCHETZENECK. Der eigenbrötlerische Tiftusch Wackerstrunk, der sich in den Kopf gesetzt hat, das größte Bierfaß Deres zu errichten, hat damit weite Teile des Schetzeneck in allergrößte Aufregung versetzt. Und Meister Wackerstrunk und sein Kompagnon Anghalm Rotkoller sind nicht mehr allein. Im Weiler Munkelstein mühen sich andere Handwerker ein zweites, noch größeres Bierfaß zu bauen — und hinter diesem Unternehmen steht offenbar eine unvermutete Allianz.
Schnell war die Kunde von Meister Tiftuschs Vorhaben auch außerhalb seines Weilers Borreling bekannt und allerorten im Munde. Beim Morgenbier am Praiostag die Honorationen von Rhôndur, beim Schaffen im Walde die Holzhacker, in der Werkstube die Lehrmädel und beim Beerenlesen die alten Mütterlein — allüberall sprach man über das Für und Wider des Faßbaus.
„Verrückt“ sagten die einen, für die Meister Tiftusch ein Wirrkopf war. „Ein rechter Koscher!“ lobten die anderen, und bald kamen die ersten nach Borreling gewandert, um das Werk und seinen Fortlauf mit eigenen Augen zu schauen, da nütze Meister Tiftusch auch der mannshohe Lattenzaun um seinen Garten wenig.
„Was schaut’s so gierig, packt mit an“, schimpfte Wackerstrunks Freund Rotkoller, und tatsächlich — das ließ sich die angereiste Wandergesellin Mirnhild nicht zweimal sagen, obwohl sie von Haus aus gerade keine Küferin, sondern Ferdoker Zinngießerin war. Sie blieb nicht lang allein.
Binnen kurzem sah man im beschaulichen Borreling Dutzende von Fremden, und neben dem Wirt der Dorfschänke begannen auch etliche Bauern, die Fremden gegen Entgelt zu beherbergen. Nicht lange, und das gute Bräu kostete nicht deren fünfe sondern ganze acht Kreuzer, und trotzdem verkaufte der Wirt nicht weniger.
Sogar der Landherr, Vogt Roban von Treublatt, kam an einem Tage von Fürstenhort herbeigeritten und besah sich die Arbeit Wackerstrunks und den Auflauf von Menschen und Zwergen. Den Faßbauern wünschte er gutes Gelingen und Ingerimms Segen, und dann ließ er verkünden, daß nunmehr zwei seiner Büttel im Dorfe verblieben, um die neue Schausteuer von einem Heller von jedem Fremdling zu kassieren. Auch dies aber vermochte den Zustrom an Volk nicht zu stoppen.
Wie vom Donner gerührt aber standen die Borrelinger, als eines Tages eine Gruppe reisender Abenteurer das Faß in Augenschein nahm und verkündete, es sei zwar groß, doch gewiß nicht für lange Zeit das größte! „Wie? Was?“ wurden die Abenteurer mit Fragen bestürmt und gaben darauf zur Antwort, sie seien eben durch Munkelstein gezogen, und dort schicke man sich an, ebenfalls ein Riesenfaß zu erbauen, das aber um einiges größer zu werden verspreche!
Und dies war die Wahrheit, denn niemand anders die Edle Fabiola von Mehring zu Munkelstein hat Handwerker damit beauftragt. Beinahe ebenso überraschend ist, daß sich die Edle dafür anscheinend mit der Schetzenecker Erbkomteß Iralda Mechtessa von Bodrin besprochen hat, obzwar sich beider Häuser seit der zeit der Verschwörerbarone nicht eben grün sind. Der alte Fuchs Roban von Treublattsoll allem Vernehmen nach rot vor Zorn angelaufen sein, als ihn diese Zeitung erreichte.
Der Ausgang der Bau-Wettbewerbs ist ungewiß, denn Meister Wackerstrunk baut inzwischen an einem noch größeren Faß.