Vom Fürsten und den Würsten

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Ausgabe Nummer 24 - Boron 1022 BF

Vom Fürsten und den Würsten

Was sich am Rande des Festes tat

ANGBAR. Froh und bunt ging’s zu auf den Gassen und Straßen der ehernen Stadt am See, als sich hundertfältig das Volk in den Gassen und Straßen tummelte. Da sah man die zwergischen Schmiede in ihren schwarzroten Trachten mit den Messingknöpfen, die fleißigen Weberinnen im garnelblauen Rock, die Gesellen, Maiden, Kinder und Greise... das Krönungsfest unserer Frau Rohaja war’s ja! und der gute Fürst Blasius hatte zu diesem bedeutenden Anlasse die Speicher öffnen lassen, auf daß die Untertanen ihre rechte Freude haben würden.

Vom Markte her zog eine Blaskapelle mit Pompom und Getöns, die Ratsleute schritten würdig in ihren steifen Hüten vornweg, und von der Halle der Sonne kamen sechs schneeweiße Priester mit einer heiligen Kerze zu Ehren der jungen Königin geschritten. Das fürstliche Gesinde rollte ein halbes Dutzend Fässer Angbarer und Ferdoker Bier herbei, die Maßgreven teilten an die Bedürftigen Scheffel Korns aus oder drückten einem ärmlichen Kinde einen blinkenden Rohalsnickel in die Hand.

Großes Rufen und Hallo erhob sich von der Ecke, wo die Gesellen nach Ständen und Zünften Aufstellung genommen: denn allen Lehrburschen und Handwerksmaiden ward jeweils ein schöner Ring frisch gemachter Wurst als Gabe zugeteilt. Plötzlich aber hub an ein Lachen, als einer fröhlich sang:

„Wär’s der Herr von Falkenhag /

bekämen wir nur Harfenschlag. /

Wär der Gevatter Growin hier, /

gäb’s sicher nur noch helles Bier. /

Doch unsern guten Fürsten /

erkennt man an den Würsten!“

Und sogleich fielen weitere ein und wiederholten das letzte als wie einen Kehrvers. Mit einem Male aber war’s stille, und nur der erste Sänger krähte munter weiter. Dann tönte es polterlaut, als ob im finsteren Walde der dicke Hollerbär brüllt: „Bursche, kennt Er denn auch die zweite Strophe:

Und den frechen Webgesellen/

ließ man an den Pranger stellen?“

— Der Eberstammer Herold war’s, Hernobert von Falkenhag, der sich gerade zu Roß den Weg durch die Menge bahnte, um das Nahen der Hoheiten zu verkünden. Die Wutröte stand ihm im Gesicht, und am Halse traten die Adern blau hervor, als er hören mußte, wie die fürstliche Person verlacht ward. Kreidebleich sank da der Bursch, der schon immer etwas kecke Alrich Gütterbronn, auf die Knie und bat um Vergebung.

Just in diesem Augenblicke kamen von der andern Seite des Platzes der Baron Merwerd Stoia von Vinansamt und sein Lehnsmann, der Dichter Wolfhardt von der Wiesen, die sich dem fürstlichen Gefolge anzuschließen gedachten. Sie brachten ihre Rösser neben dem Herold zum Stehen, und der Vinansamter erkundigte sich nach dem Vorfall. Mit fliegenden Worten tat’s jener kund und forderte, man möge den vorlauten Burschen vor den Fürsten zerren.

Der Baron warf einen Blick auf den nun arg demütig gewordenen Alrich hinab und meinte dann zum Herold: „Wir wollen doch Durchlaucht am Freudentage nicht mit solchem Unfug behelligen — von Ihrer Majestät ganz zu schweigen. Lassen wir noch einmal Gnade vor Recht ergehen.“

Allmählich klärte sich das Gewölk um des Herrn von Falkenhags Stirn, und er meinte: „Brav gereimt war’s ja“ (worauf der Herr Wolfhardt kurzerhand einen Hustenanfall bekam) „aber Straf‘ muß doch sein.“

Da lächelte Herr Stoia und sprach in seiner Rolle als Säckelmeister: „Nun denn, wenn der Bursche über die Würste spottet, soll er eben drei Laiber Käse stiften.“ Sprach’s und ritt mit dem Sänger der Thalessia zu, wo aufkommende Jubel das Nahen der Hoheiten anzeigte.

Karolus Linneger