Die Angbarer Käsenschmelze

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Ausgabe Nummer 24 - Boron 1022 BF

Schänken des Kosch: Die Angbarer Käsenschmelze

In der Erzgasse zu Angbar liegt diese Wirtschaft, schon von weitem zu erkennen an dem kupfernen Kessel, der über der Tür baumelt und im Wind gegen einen Klöppel schlägt, so daß ein wohlklingender Laut zu hören ist.

Die Gaststube ist recht geräumig, wenn auch niedrig und vom Kohlenrauch geschwärzt. Es befinden sich darinnen nur wenige derbe Eichentische und —bänke (und wie allerorten im Koscher Lande ist ein Gutteil im Zwergenmaß gehalten), doch sind diese zumal in den Abendstunden stets gut besetzt. Denn hier war es, daß man zum ersten Male eine der berühmtesten Speisen des Fürstentums aß: die Käseschmelze.

Das Haus gehörte einst einem alten Schmied, der seine Tochter mit dem Kesselschmied Hannusch Rötli verheiraten wollte und zu diesem Fest viele Gäste geladen hatte. Nun war aber das Brot in der Kammer sehr trocken und bröselig gewesen, daß man kaum eine rechte Stulle davon schneiden konnte. Da war der Alte auf den Gedanken verfallen, den Käse, den er in zahlreichen Laibern im Keller bewahrte, zum Schmelzen zu bringen und die Brotbrocken in diese Tunke zu tauchen. Er hieß also seinen Schwiegersohn, doch rasch aus der Werkstatt etliche Behältnisse zu bringen, was dieser auch tat. Und so kam es, daß man in Angbar Brotstücke auf ein Messer oder eine Forke aufspießt und in den geschmolzenen Käse taucht.

Mag das auch schon vor langer Zeit gewesen sein: noch immer bewirten hier die Rötlis ihre Gäste mit Käseschmelze, ein anderer Zweig der Familie geht noch immer der Kesselmacherei nach; und wer auch immer in der Fürstenstadt oder sonstwo etwas auf sich hält, der fertigt seine Käseschmelze nur in echten Rötli-Kesseln an.

Die köstliche Speise kennt man mittlerweile auch in vielen anderen Gegenden des Kosch, und ebenso zahlreich haben sich Varianten gebildet. Denn wer den würzigen Bergkäse der Wengenholmer, den berühmten Trottler und die sahnigen Weißrollen aus Ferdok kennt, der ahnt, welche Möglichkeiten sich dem Kundigen auftun. Eine besondere Zutat aber ist das „Zielwasser“, ein ordentlicher Schuß Kirschgeist oder neuerdings auch Almadanerwein oder Metenarer Tropfen, von dem man zuvor einen tüchtigen Schluck „zum Zielen“ zu nehmen pflegt.

Falsch hingegen ist, daß derjenige, der sein Brotstückchen in der Käseschmelze verliert, Prügelstrafen zu befürchten habe oder gar in den Angbarer See geworfen wird. Dieses ganz und gar unkoschere Verhalten entstammt den dekadenten Höfen Yaquiriens, wo man die ländlichen Gewohnheiten fremder Gegenden nachzuahmen beliebt …

Karolus Linneger