„Des guten Fürsten 50. Tsatag“

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Ausgabe Nummer 13 - Praios 1019 BF

„Des guten Fürsten 50. Tsatag“

Von nah und fern die Edlen nahen

Hei! Obschon das eherne Angbar am See eine stolze Reichs-Stadt und Fürstensitz ist, ward selten eine solche Pracht geschaut wie an den Iden des Travia-Mondes im 25. Kaisers-Jahre, als dortens der durchlauchtigste Herr Blasius aus dem uralten Hause Eberstamm, der herrliche Fürst des Kosch, die Edlen und Ritter seiner Herrschaft wie auch der übrigen Lande des Reiches zu sich lud. Und von allüberall kamen sie angereist, den Fürsten an seinem Tsafest zu ehren, welches sich nämlich in jenen Tagen zum 50. Mal jährte, eine Schar so groß wie nicht mehr in vielen Götterläufen gewesen war:

Aus mittäglicher Richtung, auf stolzen Rössern und von kühnem Mute, ritten die Almadanis heran: der Graf von Ragath, in seinem Gefolge die Barone von Imrah und Dubios, und manch ein heißblütiger Streiter mehr. Zu ihnen stieß der Creser Herr, Sondergesandter am Hofe des Zwergenkönig Arombolosch.

Es erschien die markgräfliche Prinzessin von Greifenfurt mit einigen ihrer Barone und Ritter, grimmigen Recken, deren Land von Schwarzpelz lange nicht erlöst ist, nicht jedoch die nordmärker Gräfin von Albenhus — wohl ob ihres Haders mit dem Schetzenecker und nicht aus Furcht vor dem braven Baron Bragahn, wie ein Spötter zu wissen glaubte. Wohl aber war der Landgraf Alrich Custodias über den Greifenpaß gezogen, obzwar er dem Fürsten immer noch die Pacht dreier Rittergüter abzuführen hat, weil er die Strafe nicht mit einem Mal hatte zahlen können, die ihm für die Untaten seines Vorgängers auferlegt worden waren, des unseligen Herrn Greifax.

So sahen die staunenden Angbarer Bürger nur wenige Rittsleute des Westens: Albernier wie den hochberühmten Marschall Throndwig von Lyngwyn, und den leidlich unbekannten, doch nicht minder stolzen Junker Orith von Ortis, kaum aber Krieger der Nordmarken (Fürchteten sie, sich mit den Koschern nicht messen zu können, oder schämten sie sich ihres herzoglichen Herrns?), und auch die Schar der wackeren Weidener war klein, obschon sie kein geringerer als der Balihoer Burggraf Nordfalk anführte, der Streiter des Reiches. Wohl vertreten waren hingegen die Rittsmannen und -frauen Tobriens, und über dem fürstlichen Wasserschloß Thalessia flatterten neben dem Keilerbanner der doppelköpfige Wolf und die Löwenköpfe des Herzogenhauses Ehrenstein.

Auch hatten sich die Ritter Garetiens in großer Zahl auf nach Angbar gemacht und jeder Adelige, der im Koscher Land etwas auf sicht hielt — zu viele, um sie alle beim Namen zu nennen.

Wie zuletzt im Kaisers-Jahre 22 und bei jeder Turnei zuvor waren die Zelte all der edlen und schmucken Rittsleute, ihrer Diener und Reisigen auf Brodils Grund vor der Stadt aufgebaut, und auch wer sich in einer Herberge eingemietet hatte, der hing stolz seinen Wappenschild nach draußen. So konnte der Kundige einhergehen und gleich dem in der Heraldik wohlbewanderten Gundulf von Salmingen von jedem Zelt den Bewohner nennen: „Hirsch und Boronsrad, das ist der Herr von Willbergen, der Golgarit, auch wenn er nicht im Ordensnamen herkam. Und dort? Rechts oben schwarzer Wolf auf Rotem, konträr dazu Bäume auf grün — gewiß der Viereicher, auch er ein Tobrier, wie Ihr an den schildhaltenden Hörnern seht.“

Zugleich war aber auch viel gemeines Volk zusammengekommen, das rings um die Zelte der adeligen Damen und Herrn lagerte (denn nur wer genug Silber in seinem Beutel trug, der mochte in einem Wirtshaus Gastung erkaufen): Buntgewandete Gaukler und fahrende Spielleute — hier eine Weissagerin in ihrem klappernden Karren, dort ein Jongleur auf einem gemütlichen Warunker — Quacksalber, Zahnreißer und Krambolde, wie man sie bei allen Märkten und Festen findet, zahllose Angroschim — aus den Bergkönigreichen, dem Angbarer Land wie auch solche, die ohne ihre Sippe unter den Menschen lebten, fahrende Söldlinge, die auf einen neuen Herrn hofften, und manch einfache Landleute, mit großen Augen die Pracht bestaunend, die allenthalben zur Schau gestellt ward. Und dennoch — praiosseibeiuns — verbarg sich unter all den frohsinnigen Mannen und Frauen gewiß auch manch diebischer Schurke, und wiewohl die Stadtbüttel nach solch Gesindel ausschauten, jeden mögen sie nicht gefaßt haben.

So war bereits Tage udn Wochen vor des Fürsten Tsatag die Stadt bevölkert und von einer außerordentlichen Pracht erfüllt, doch war dies kaum etwas im Vergleich zu dem Tage, an dem die Turnei endlich eröffnet wurde. Schon zu früher Stunde hatte sich die Menge auf dem Feld versammelt, ungeduldig des Momentes harrend, an dem die „Kündung des Boten“ das Turnier eröffnen würde. Die Ränge der Ehrentribüne waren bereits mit den hochedlen Gästen gefüllt, die nicht selbst in die Schranken treten würden, worunter — zum Bedauern mancher, zur Erleichterung anderer — auch Avon Nordfalk, der weidensche Burggraf war.

Die zwergischen Pauken dröhnen dumpf, unendlich lange, wie‘s die Schaulustigen und die Geladenen empfinden, dann übertönt Fanfarenhall sie. Der Fürst! Der gute Fürst! Im Kreise seiner Söhne erscheint Seine Durchlaucht, die drei Grafen und die eine Gräfin des Koscher Landes vorweg und auch der Fürstliche Herold Hernobert von Falkenhag; an der Seite des hehren Herrschers sein edelster Gast, der Herzog von Ehrenstein; hernach der Cantzler, die Hof-Räte und -Geweihten. Unter dem Jubel des Volkes — wieder und wieder muß sich der durchlauchte Gastgeber erheben und den guten Koschern grüßend winken — nehmen Herr Blasius und sein zahlreiches Gefolge Platz auf der Tribüne.

Dann, plötzlich kehrt Ruhe ein, als vom anderen Ende der Kampfbahn ein einzelner Ritter über das leere, weite Feld herangaloppiert. Vor der Loge mit Keilerswappen und Grafenbank zügelt er den riesenhaften Tralloper, und siehe: schwarzglänzend wie die Nacht ist sein Gestechpanzer, den Drachen führt er als Wappen!

Der Fürst hat sich erhoben und entbietet dem fremden Streiter Rondras Gruß: „Wer seid ihr, Ritter auf dem weißen Roß, daß Ihr hierherkömmet, gerüstet und in Waffen an einem Tag des Festes? Was ist Euer Begehr? Sprecht!“

Da tat der Schwarzgerüstete sein Visier auf, und wer das Wappen nicht erkannt hatte, der mochte das Antlitz kennen. „Man heißt mich Karras, zu Roterz Baron“, gab der Recke mit klarer Stimme Antwort, „und ich bin gekommen, Euch Botschaft zu bestellen, mein Fürst: Die Ritter und Edlen des Landes sind allesamt versammelt, sich zu turnieren, Rondra zum Ruhme und Euch zum Wohlgefallen.“

So sprach Herr Karras, der im Koscher Land als mächtiger Kriegsmann bekannt ist, die „Kündung des Boten“, seit Baduars Zeiten Eröffnung der fürstlichen Turniere, und empfing aus seiner Durchlaucht Händen den Stab des Turniermarschalls. Ihm zugeordnet sein sollten aber ob der großen Zahl der Wettbewerbe drei weitere Richter: Herr Araton vom Orden der Hl. Ardare — die Einhaltung der göttlichen Gebote übersehend —, der Baron zu Metenar — auf daß niemand sich mit Zauberkunst einen Vorteil zu verschaffen suche — und der Cantzler Duridan — was die Turniergesetze anbelangte.

Erneut Fanfarenhall!, es paradieren die Streiter herein, in ihren wohlpolierten Rüstungen, mit blitzenden Waffen und bunten Wimpeln auf ihren herrlichen Rössern. Welche eine rondragefällige Pracht!

Alsdann rief der Angbarer Schwertbruder, Hochwürden Gisbrun Idamil von Wengenholm, die Streiter zum Gebete, hinter sich all die anderen Ritter und Knappen der Angbarer Tempelburg, und sie lauschten seinen Worten, das Volk knieend, die Ritter hoch zu Roß, als er den Segen Alverans und der göttlichen Leuin Rondra herabrief (Wer aber genau hinsah, der mochte erspähen, wie der Rittsleute zweie in jenem Moment nach Süden blickten, gen Keft, der Wüstenstadt).

Der Schwertbruder gemahnte der göttlichen Gebote, dann sprach er vom Edlen Gar’Khe, der im Kampf gegen den Wyrm gefallen, der das Koscher Land verhehrte, von jenen 42 Rittern, die die Schlacht am Nebelsteine verschlungen, vom wackeren Halmar von Ödenhof, der mit seinen Söhnen die Burg Flußfels gehalten hatte, und all den anderen Tapferen, die auf den Silkwiesen und anderswo im Orkenkriege in die Hallen der Göttin eingegangen waren.

„Wie glücklich seid ihr, die ihr dieser Praiosläufe allein zur höheren Zucht und um der ritterlichen Künste willen zu streiten vermögt — wie dankbar sind wir all jenen, die darumb, der Göttin treu, ihr Leben gaben, daß ihr das vermögt!“

Die Turnei war eröffnet.