Almadaner Hochzeit im Schetzeneckschen: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 24. Februar 2023, 07:28 Uhr
Almadanische Hochzeit im Schetzeneck
Turbulente Entwickungen zwischen Freude und Haß auf dem Feste zu Rhôndur
Trubel, wie zuletzt beim 50. Tsatag des Barones von Metenar, herrschte auf den Straßen des Städtchens Rhôndur, einen Tag nördlich der Grafenstadt Koschtal gelegen. Aus der gesamten Umgegend hatte sich phexgefälliges Gaukler- und Händlervolk unter die braven Bürger- und Bauersleut gemischt, sich an den bevorstehenden Feierlichkeiten zu laben. Die örtlichen Schänken und Wirtshäuser hatten diverse Fässer Freibier bereitgestellt, so daß einem vergnüglichen Feste nichts mehr im Wege stand als die ersten geladenen Gäste die Stadttore passierten.
Von den Sorgen und Freunden eines Freiherren
Eigentlich hätte der gute Baron Myros bester Laune sein müssen, wollte sich doch an diesem Tage das erste seiner drei Kinder, seinen ältesten Sohn und vermeintlichen Thronfolger zumal, mit einer schönen Braut aus hochgeborenem almadaner Hause vermählen. Doch das Schicksal hatte für den hohen Herren in den vergangenen Monden wenig erfreuliches zu bieten, woran eben dieser Sohn nicht gerade unschuldig war. War doch dieser, wie der KK trefflich berichtete, während des Tsatagsfestes unseres geliebten Fürsten, von Meister Berman Silberling selbstens, in den gefürchteten Orden der Bannstrahler aufgenommen worden, was den vorläufigen Schlußstrich unter einen längeren Weg des Sprosses auf PRAios’ Pfaden zog - einen Weg jedoch, der dem werten Vater Myros seither übelstes Alpdrücken besorgt, ist doch dieser seit jeher ein treuer Anhänger HESindes, Magus zudem, und daher auf die Sonnenpriester wahrlich nicht immer gut zu sprechen (man erinnere sich an die im Kurier Nr. 8 geschilderte Vertreibung der Hilberianer).
Viel lieber hätten Seine Hochgeboren es gesehen, wenn Graphiel, eben dieser genannte Sohn, seinem Vater auf den Wegen der Schlange gefolgt wäre, wie dies die zweitgeborene Tochter der Familie — Shanija — in diesen Tagen tat. Diese studiert nämlich seit einigen Götterläufen am Anatomischen Institute zu Vinsalt die arkanen Lehren, was den Vater freilich mit einigem Stolz erfüllte, zumal die gute in Bälde ihrem Abschluß entgegensah. — Doch wehe, selbst hier hielten die Götter für den braven Baron kein gutes Ende bereit — vernahm man von jener Tochter seit den Tagen ihrer Studienreise gen Drôl keine Botschaft mehr, so daß man angesichts der dort wütenden Pestilenz ein schlimmes Ende fürchten mußte, zumal eine gen Drôl gesandte Delegation bisher keine beruhigende Nachricht überbrachte.
Aschfahl (und von einigen Schwächeanfällen der letzten Monde gezeichnet) saß der Vater des Bräutigams und Gastgeber für diese Festlichkeiten also ob derartiger Vorkommnisse auf seinem Stuhle, als die diversen Gäste in ihren Kutschen eintrafen. Wahrhaft, eine illustre Auswahl der mittelreich’schen Adelswelt ward zu diesem Behufe geladen — allen voran freilich die Familie der Braut, die ältere Schwester Niope ebenso wie die barönliche Mutter Siam Lacara von Dubios. Deren Vetter, der Baron Gugi von Arbasien war zwar auch geladen, schien jedoch aus unerklärichem Grunde auf der Reise aus dem Beilunkschen aufgehalten worden zu sein... Es folgten noch viele, welche sich im Laufe der inzwischen 15 Regierungsjahre des Hauses Stragon, zum Kreis der Freunde hinzugesellt hatten, wie der allbekannte Baron Barytoc von Bragahn, welcher einmal mehr im Gefolge des Grafen Growin von Ferdok in dessen legendärer Kutsche vorfuhr, Baron Merwerd von Vinansamt, noch immer unvermählt und doch von gelöster Stimmung, der weitaus kühlere Baron Nottr von Twergentrutz in Begleitung eines ebenfalls rabengefälligen Freiherren Lucrann von Rabenstein (ein Hinterkoscher), die Vögte von Geistmark und Moorbrück ebenso wie der kauzige Baron von Uztrutz in Begleitung einiger seiner Lieblingsbornländer (Hunde, versteht sich), und deren zahlreiche Gäste mehr.
Dann schließlich war der Moment gekommen, in dem das Brautpaar in einer weißen, rosengeschmückten Kutsche aus der dubioser Stellmacherei vorfuhr. Unter Jubelschreien empfangen, war dieses wahrlich ein edles Brautpaar voller Jugendlichkeit. Altem Brauch gemäß stand der Bräutigam Graphiel, gekleidet in eine glänzende Rüstung und den weißen Überhang der Bannstrahler, schwungvoll auf und rief die Worte in die Runde: „Seid geladen, liebe Leut’, geleitet uns zu Travias Zeit“, woraufhin sich der Troß der Gäste von Schloß Ulmenau in Richtung Stadt in Bewegung setzte. Vor dem alten Rondratempel (der zuletzt den Praiosgeweihten um Ailacon Havorod als Tempelstatt diente und seither nur noch als Ruine existiert) machte man halt, denn dort wartete bereits die Geweihtenschaft.
Die Besiegelung des Traviabundes
Ein prächtiges Bild war es, als das holde Brautpaar in seiner Eleganz die marmornen Treppen hinaufschritt, die wunderschöne Braut Ina geleitet vom Baron von Metenar, der Bräutigam geleitet durch die Baronin von Dubios. Fanfaren erklangen als die Festgesellschaft die Säulenreihen des über tausendjährigen Tempels füllten, und die Hauptpersonen vor dem Heil’gen Altare ankamen. Perjin von Nadoret, der ehemalige Praiosgeweihte von Nadoret stand dort (und die Zeit im Kloster Findelstin hatte den ehemals anmaßende und verblendeten Hilberianr wahre Frömmigkeit gelehrt). Zu beiden Seiten ward der Praioni begleitet von Warburga, Rondras Schwertschwester zu Rhôndur, und Mutter Burescha, der Traviageweihten von Koschtal. Er sprach — nach der Aufnahmeopferung und -salbung der Braut — die Predigt, eindringlich und gut, sodann in ebenso ruhigen und festen Worten die uralten Formeln des ewigen Ehebundes, welche das Brautpaar andächtig wiederholte. Manch einer der Anwesenden fand sich da zu Tränen gerührt. Und als alle drei Geweihten ihren Segen gespendet, und das holde Paar mit den traditionellen Kränzen aus Traviablümchen gekrönt hatten, ward der Traviabund besiegelt, und ein herrliches Jauchzen der Freude erklang allüberall, denn der mächtige Gong tat dies bis in die Ferne kund.
Wie doch noch Heiterkeit die Festivität erhellte
Durch eine jubelnde, Blumen werfende und Tücher schwenkende Menschenmenge setzte sich sodann der Freudenzug in Gang — zurück gen Schloß Ulmenau. Dort ward indes alles für ein großes Fest gerichtet — und da sowohl die Braut, als auch der Bräutigam im Almadanischen gebürtig sind, lag freilich nichts näher als dieses im Stile unserer südlichen Nachbarn zu begehen. Allüberall schmückten Rosen das Schloß, in dem nicht der heimische Gerstensaft, sondern bester Rotwein auf die Geladenen wartete (lediglich seinen angroschimschen Freunden aus Bragahn und Ferdok wollte Baron Myros das nicht „antun“ und hatte kühles Ferdoker bereitgestellt).
Dennoch erwartete man bei der Ankunft ein Fest, welches von der Unglücklichkeit des Barons von Metenar überschattet sein würde. Anlaß zu einiger Verwunderung gaben jedoch einige unbekannte Rösser, welche bereits vor dem Freiherrensitz standen — wer war denn noch so spät zu den Festlichkeiten erschienen? Ceytorax, der Hofmagier von Bragahn war’s, der mit Mieltra dem Löwen und den weiteren Gesandten aus südlichen Gefilden zurückgekehrt war! Mit fiebrigem Blicke bat Baron Myros die Delegierten um Botschaft von seiner Tochter — selbst wenn’s eine schlechte sein sollte, die Götter möchten’s verhüten.
Mit ernstem Antlitz schritt Ceytorax, ein alter Freund des Barons, einige stumme Schritte auf den Metenarer zu — schnippte sodann flink mit der linken Hand, woraufhin die Saaltür am Ende des Raumes aufsprang, worin ein zu einer jungen Frau erblühtes Mädchen erschien — Shanija, die Tochter des Barons. Die folgenden Szenen erstrahlten wohl im selben Glanze der Freude, wie dies zuvor nur die Hochzeit vermochte, und sogleich war auch der bedrückende Schleier hinfortgeweht, auf daß einem strahlenden Freudenfest nun nichts mehr im Wege stand.
Der edle Rebensaft floß reichlich, was selbst übelste Gerüchte von eigentümlichen Seltsamkeiten im fernen Mendena nicht zu stören vermochten. Einen gesellschaftlichen Höhepunkt bot nach dem ersten Tanze der fürstlich-koscher Hofherold Hernobert von Falkenhag, welcher unseres guten Fürsten Blasius’ beste Wünsche der Travia überbrachte (und sodann zu persönlicher Unterredung mit dem Bräutigamsvater verschwand). Trefflich fürwahr! — feierte man doch bei Seiner Durchlaucht kürzlichem 50. Tsafeste die nun eingelöste Verlobung des herrlichen Paares, parallel fast zu derjenigen der Häuser Ehrenstein und Eberstamm.
Auch der strenge Burgsaß Kuniswart von Eberstamm hatte mit dem Baron von Metenar einiges zu besprechen, und beäugte sodann den Baron von Uztrutz, welchen er noch immer zu den Verschwörern von vor 25 Jahren zählt. Dieser bot dem Burgsaß jedoch lediglich das Bild eines in Ehren ergrauten Greises, der in erster Linie mit der Bändigung seiner Hundemeute und der nahezu vergeblichen Suche nach kühlem Bier beschäftigt war. Erst als des Metenarers treuer Ritter Falk eines der Weinfässer insgeheim mit dem letzten Bierfaß vertauschte, war der hochgeborene Herr Ontho wieder völlig zufrieden. Jener allseits bekannter Ritter fiel ansonsten vor allem durch ein heftiger Streit mit Vogt Kordan von Blaublüten-Sighelms Halm auf. Herr Falk hatte diesem offenbar einmal mehr wegen seines vermißten Pfeils (den er auf des Fürsten Tsatagsfest im Hintern des edlen Rosses des Geistmärkers versenkt) in den Ohren gelegen. Darauf hatte der Vogt wohl nur gewartet, denn sogleich ergoß sich die gesamte Wut über den scheinbar völlig überraschten Siebentaler. Ein feuriges Wortgefecht zwischen „Vocht Kordel von Blaukröten-Siglinds Huhn“ (so Ritter Falk) und „dem erbärmlichen Wicht und Trunkenbold Falk“ (so Vogt Kordan) entbrannte und endete schon fast in einem Bruch des Reichsfriedens, den der werte Reichsrichter Baron Myros allerdings tief seufzend zu verhindern vermochte. Seinen treuen Vasallen Falk Barborn bat er, im Schloßkeller ein weiteres Bierfaß zu holen (wohlwissend, daß es dort keines mehr gab, und dieser mithin an diesem Abend nicht mehr auftauchen würde), während er den Geistmärker Vogt mit dem Angebot eines verbilligten Pferdes aus Belmacher Stalle beruhigte und darauf hinwies, daß er dieses Traviafest gerne ohne Streitigkeit feiern möchte (letztlich doch nur ein frommer Wunsch).
Baron Nottr Halderlin hingegen betrachtete dies mit unverhohlener Genugtuung, weiß er es in solchen Momenten doch sehr zu schätzen, daß seine Fehde mit dem tapferen Rittersmann von Siebental beendigt ist, und er seither wieder in BORongefälliger Ruhe leben kann. Der recht düster anmutende Baron Lucrann von Rabenstein, einziger Vertreter aus dem Märkischen, ließ sich eine Kamelspiel-Partie mit seinem Amtsbruder aus Vinansamt nicht nehmen, welche schließlich knapp zugunsten Merwerd Stoias endete, was wohl auch an der gelegentlichen Unkonzentriertheit und Träumerei des Rabensteiners gelegen haben mochte.
Von HESindes Lichtertanz und PRAios’schem Urteil
Am Abend, die Sonne war bereits jenseits der Koschberge versunken, bat man die Gesellschaft hinauf auf den Balkon den Schlosses. Dort wartete bereits der Magier Ceytorax mit der Baronstochter Shanija nebst einigen Gehilfen — darunter des Vinasamters Knappe Brin von Garnelhaun — auf ihren großen Auftritt. Als alle Gäste ihren Platz gefunden hatten, begann sogleich ein alchimistisches Spektakel, wie man es wahrlich nicht häufig sieht. Bunte Funken sprühten über den Nachthimmel, daß die gesamte Umgegend in hellem Lichte erstrahlte. Selbiges geschah vor den glänzenden Augen von Baron Myros, und den, von Angrosch murmelnden Herren aus Ferdok und Bragahn. Als dieses Feuerspiel bereits eine Weile die Zuschauer in Erstaunen versetzt hatte, setzte Meister Ceytorax zum großen Schlußspektakel an. Von kaum merklichem Fingerspiel (im Gegensatz zu den üblichen, weitarmigen Gesten) begleitet, mengten sich in die Flammenblitze illusionäre Gestalten und Trugbilder verblüffender Güte.
„Schluß damit!“ — ein wuterfüllter Schrei ließ mit einem Mal das Lichterspiel verglühen. „Nehmt diesen Scharlatan unter Arrest.“ Graphiel Stragon-Lacara, der frisch vermählte Baronssohn trat hinaus in den Schloßgarten und wies einige Wachen an, Meister Ceytorax festzunehmen. Binnen kürzester Zeit fand sich der Magus in einer Praioskrause, in Richtung der Kutschen geleitet wieder, nicht wissend, wie ihm geschah. Auch unter den Beobachtern machte sich äußerste Verwirrung und Bestürzung ob dieser Entwicklung breit. Die Barone Barytoc von Bragahn und Myros von Metenar stürzten mit hochroten Antlitzen über die Gänge hinunter auf den Schloßplatz, wo sie nur noch die eilige Abfahrt einer vergitterten Kutsche vernahmen. Einzig eine der Tempelwachen ließ der Troß zurück, der den kochenden Adelsleuten die Botschaft seines Herren Graphiel zu überbringen hatte:
„Der Magus Ceytorax wird der dämonischen Schwarzmagie beschuldigt, da er seit unzähligen Jahren daran arbeite die arkanen Gesten in geheime Fingerbewegungen umzuwandeln, was zweifellos als ein Weg anzusehen ist, die Göttergewollte warnende Offensichtlichkeit magischer Handlungen zu vertuschen. Dies sei lediglich den dunkelsten und gefährlichsten Gruppen aller Magier, von Meuchlerbanden bis zu Schwarzmagierzirkeln dienlich, und daher auf schnellster Art und Weise zu unterbinden. Wir sind gewillt und verpflichtet an Urhebern derartiger Handlungen zum Schutze der allgemeinen Bevölkerung und der PRAiosgefälligen Ordung ein Exempel zu statuieren.
Entscheidung des Graphiel Stragon-Lacara, Mitglied des geheiligten Ordens des Bannstrahl PRAios’“
Da sich all dies kurz vor dem Druck dieser Ausgabe des Kosch-Kuriers ereignete, ist uns über die weitere Entwicklung lediglich bekannt, daß sich die Festgesellschaft nach diesem unerfreulichen Zwischenfall allmählich auflöste. Die Brautmutter und Baronin von Dubios, Siam Lacara, reiste gar in ihrem südlandischen Temperament erbost und grußlos ab.
Der Bragahner Hofmagier Ceytorax soll sich hingegen in diesen Tagen im Kerker des Praiosturmes zu Rhôndur den Befragungen der Bannstrahler unterziehen müssen, während von den befreundeten Baronen von Bragahn und Metenar bisher nur sicher ist, daß sie sich noch im Schloß Ulmenau aufhalten, nicht jedoch, was sie zu tun gedenken.
Der Kosch-Kurier hält die verehrte Leserschaft natürlich nach bestem Vermögen über die weiteren Entwicklungen in diesem bedauerlichen Falle eines eklatanten Bruches zwischen Vater und Sohn weiterhin auf dem Laufenden.
Es corresponiderte: Devota Schwaner, Rhôndur