Rückkehr zu den Wurzeln?

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Ausgabe Nummer 16 - Praios 1020 BF

Rückkehr zu den Wurzeln?

Läßt Beben zwergischen Ritus wiedererstehen?

Angbar. Daß Vater Ingerimm Seinen Hammer Malmar mit solcher Macht schwang, daß Koshims Stollen und Hallen erzitterten, und sachte Erdstöße gar im, wie man denken sollte, durch Tempel und Heiligen Stein gefeiten Angbar zu spüren waren — das war dem erhabenen Meister Hilperton Draschrüb Anlaß zu ernster Sorge. Und so geschah es, daß der Hüter der Flamme mit großem Gefolge nach dem zwergischen Bergreich reiste. Nicht einmal die Ältesten der Angroschim vermochten sich zu erinnern, wann solcherlei zuletzt geschehen sei: Trennt doch sonst die beiden Kirchen Ingerimms beinahe mehr, als sie verbindet...

Nach dem großen Beben in Koshim war Ibralosch, Sohn des Igen, Schürer der Flamme und die Rechte Hand des Erhabenen , nach Koshim ausgesandt . Zugleich hatte Seine Erhabenheit in Angbar einen großen Bußgottesdienst angekündigt, doch einen Tag vor dem Ereignis rief der Herold aus, daß den Hohepriester eine Krankheit befallen habe, die ihn zu Ruhe zwänge. Die heilige Messe wurde auf den folgenden Feuertag verschoben. Just an jenem Tag aber kamen Boten aus Koshim; und am selben Tag noch reiste der Erhabene nach dem Bergkönigreich.

Sieben Tage, so heißt es, habe er vor den Pforten Koshims ausgeharrt, bis man ihn einlassen wollte, und noch einmal so lange in der Gästehalle, bis der Erzpriester Koshims, endlich geruhte, ihn in seinem Gemach zu empfangen (freilich erst nachdem Meister Hilperton offenbart hatte, daß er Den Stein in seinem Gepäck trüge). Dort sprachen die beiden hohen Geweihten Stunde um Stunde miteinander, ohne daß irgendeiner außer dem Bergkönig ihren Worten gelauscht hätte, und dieser gab nicht ein Wort von dem Gehörten preis. (Ob denn der menschliche Geweihte den Koshimer Zwergen allein seinen Beistand in der Not versicherte?).

Der Angbarer Bußgottesdienst ward nicht gehalten — alldieweil nun auch Meister Hilpertons linke Hand, der Träger Des Steins, freilich mit ihm gegangen war — bis zum siebenten Feuertag nach dem Beben.

In aller Perainenfrühe, als sich Herrn Praios Wagen aus dem See erhob, weckte Baldarosch, die gewaltige Eisenglocke, welche nur zu besonderen Festtagen geschlagen wird, die Angbarer aus dem Schlafe. Wen hätte es da noch in der Stube gehalten, und so strömten bei weitem nicht nur Handwerker und Angroschim, sondern all die frommen Leute der Fürstenstadt hinauf in den Nordteil auf den Platz der Heiligen Flamme.

Und unter dem ehrfürchtigen Gemurmel der Menge öffnete sich das gewaltige, zweiflügelige Portal des Heiligtums. Die Eisentrommel, der geweihte Amboß des Tempels, erschallte, und unzählige zwergische Tempeldiener erschienen mit roten und braunen Standarten, auf denen die Zeichen von Feuer und Erz prangten. Dreimal schlug man den Hammer auf den heiligen Amboß, und herfür aus dem Sakralbau trat die erhabene Gestalt des hohen Gottesdieners — doch nicht der Hüter der Flamme war es, sondern Seine Eminenz Ibralosch, Sohn des Igen.

Der ehrwürdige Zwerg hatte zur Feier des Tages nach Art seines Volkes Bart und Haupthaar karmesinrot gefärbt und trug die schwarze, dem Ruß der Esse zugeschriebene Kutte des Büßers. Mit erhobenen Händen, aber gesenktem Haupte stand er dort vor der vielhundertköpfigen Menge und ließ seine Stimme über den Platz ertönen. Als er aber anhub zu sprechen, da verstummte jedwedes Geraune, und eine heilige Stille schwebte über der Menge; ja, die ganze Stadt schien andächtig zu lauschen.

Doch welche Überraschung erlebten die braven Bürger, waren es doch nicht die sanften, verheißungsvollen Worte, mit denen der erhabene Hilperton den Segen „Der Stadt und dem Erdkreis“ an Feiertagen zusprach, sondern ein fremdes, rhythmisches Sprechen in den harten Klängen des Rogolan!

Da begriffen die Älteren der anwesenden Angroschim, daß es kein Zufall war, wie der Gottesdienst begonnen. Denn all die kleinen Dinge, welche die Festlichkeit begleiteten, entstammten dem alten, ehrwürdigen Ritus der Zwergenheit!

Als Seine Eminenz geendet mit dem Segen, da begann er zu sprechen und zu predigen, und seine Worte waren gestreng. Doch kaum einer achtete auf das Wort, denn das Bild sprach umso deutlicher, als es jede Stimme hätte tun können — die heiligen Zeichen, der Name Angroschs, nichts Ingerimms, und an dem Altare der ehrwürdige Angroschim in der Priestertracht seines Volkes, während der Hüter der Flamme fernab weilte...

Gegen Mittag zerstreute sich die Menge, und ein jeder nahm dies Bild in seinem Herzen mit sich, im Bewußtsein, etwas Entscheidendes erlebt zu haben, dessen Tragweite er nun noch gar nicht erfassen konnte.

Noch ist indes der Erhabene aus Koshim nicht zurückgekehrt… es heißt, im Gegenteil, er habe seine Schritte über die Berge weiter gen Westen gelenkt.

K. L.