Aus Koscher Sagenwelt - Kosch-Kurier 16

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Ausgabe Nummer 16 - Praios 1020 BF

Aus Koscher Sagenwelt

So fern uns das eitle Eigenlob liegt, freut es uns doch, wenn zuweilen ein freundliches oder bestätigendes Wort aus dem Munde unserer Leserschaft die Schriftleitung erreicht.

»Hesinde zum Gruße, werter Magister Fegerson!

Froh war ich, endlich wieder einmal ein Exemplar des Kosch-Kuriers in den Händen zu halten, welcher wie immer gelungen und beispielhaft ausgestaltet und zusammengestellt war. Gefällt mit allerlei erdenklichen Berichten, wie jener über das Fest zu Ysilia oder den Ingerimmsmarkt zu Angbar, nicht zu vergessen die vorzügliche Tannengrün-Klage, ist es Euch und Euren zahlreichen Helfern wieder einmal gelungen, ein wohlfeiles Blatt zusammenzustellen, welches das Auge des Lesers erfreute.

Überglücklich war ich, die Reihe 'Dörfer, Berge, Baronien - Unser Kosch' fortgesetzt zu sehen. Doch wo sind der Blick in die Vergangenheit und die vielfältigen Sagen und Mären geblieben, die es ohne Zweifel auch dorten gibt? Wo sind sie geblieben? Noch in der 14. Ausgabe des Kurieres, in welcher der Koschgau beschrieben wurde, wurde von ungezählten Mären berichtet. Sollte es möglich sein, daß sie Ihrer Wohlgeboren vom Darpatbogen nicht bekannt waren oder legte der Vogt von Nadoret kein Gewicht auf diese einfachen Schätze seines Volkes? Nun, ich will hoffen, daß es einzig daran lag, daß der Platz des Kurieres schon ausgefüllt war.

Um der Vorsicht willen, weiß ich doch nicht um die Aufzeichnungen Ihrer Wohlgeboren, habe ich mich sogleich niedergesetzt und einige wenige der Mären aufgezeichnet, welche ich dereinst auf meinen Reisen hörte. Sie mögen Euch erfreuen, wie sie mich dereinst in Gerrun erfreuten und Euch ermutigen, auf diesen kostbaren Schatz des koscher Volkes in künftigen Berichten nicht zu verzichten.

Den Zwölfen zum Wohlgefallen

In Worte gefaßt zu Angbar

im Praioslauf 27 Hal von

Máel vom Hammelsprung«

Es waren einmal ...

... so fangen wohl alle alten Geschichten an und deshalb sollen auch meine Mären so beginnen, Mären über die Gerruner Flachsknoten.

... es waren einmal Knaben aus dem Dörfchen Gerrun, welches am Ufer des Großen Flusses, unweit des Städtchens Nadoret lag. Diese Knaben gingen in die Beeren auf die Gerruner Höhen, welche nahe des Dörfchens lagen. Ein großer Teil der Hänge war zu diesen Zeiten dicht mit weiten Beerensträuchern bewachsen. Sie durchkrochen Gebüsche und Gestrüppe, bis sie eine flache Erdhöhle fanden, in der eine Wendeltreppe tief hinab in den Hügel führte.

Selbige Treppe endete in einem vieleckigen Gemach, in dessen praioswärtigsten Ecke eine Spindel mit Flachs und ein großer Haufen Flachsknoten lag. Diese faßten die Knaben in ihre Mützen und Hüte, und warfen damit einander zur Kurzweil, so daß die Knoten auf dem ganzen Weg verwirrten.

Es war schon Abend, als die Knaben nach Hause kamen, und die Eltern der Ärmsten waren eben im Tischgebet an die holde Mutter Peraine begriffen. Die Knaben nahmen sogleich ihre Mützen ab, um mit ihnen zu beten, da fiel es klingend vor ihm nieder und Glänzendes lag auf der Erde verstreut. Die Mutter bückte sich und siehe, die Flachsknoten, die in Hut und Haar der Knaben hängen geblieben waren, hatten sich in Gold verwandelt.

Bald verbreitete sich in Gerrun die Kunde von dem Glück, jung und alt lief am anderen Tage in die Höhen, um die Spinnstube zu finden, und womöglich ganze Säcke voll Goldknoten einzusacken — aber Erdloch, Wendeltreppe, Gemach, Flachs und Knoten waren verschwunden ...

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... es war einmal eine Gerruner Botenfrau, welche für die Herrin von Gerrun eine Botschaft ins nahe Kemlar bringen sollte. So suchte sie sich ihren Weg durch die Gerruner Höhen, die das Dörfchen umgeben, und fand am Weg einen Haufen Flachsknoten hingebreitet, die klingen und lachten. Die gute Frau nahm dreie davon, die sich hernach in Gold verwandelten, und dies tat sie öfter, bis ihre Habsucht ihr eingab, mehr zu nehmen. Diese Knoten verwandelten sich aber in Unflat, und niemals wieder fand sie welche ...

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... es war einmal ein Knabe, der Flachsknoten in den Gerruner Höhen fand, die er eilig hinab ins Dorfe brachte und sie wenig drauf, sie hatten sich in goldene Körner verwandelt, bei einem Fuhrmanne eintauschte.

Zur selben Zeit trieb es ein Strauchdieb und Mordbube droben in Hirschhufen gar wild und lästerte die Zwölfe. Eines Tages nun fiel ihm der Fuhrmann in die Hände, der ihm ein Geheimnis anvertrauen wollte, wenn er ihn doch nur ziehen lassen würde. So erzählte der Fuhrmann die Geschichte aus Gerrun für seine Freiheit, doch nützen sollte es ihm nicht, mordete der Spitzbube ihn doch und eilte gen Gerrun.

In Gerrun fand er schon bald den Knaben und presste ihn, ihm den Fundort der Knoten zu zeigen. Dorten angekommen, sahen sie einen großen Haufen Knoten und der Spitzbube eilte sich sogleich, zu ihm zu gelangen. Groß war seine Enttäuschung, als die Knoten sich nicht in Gold verwandelten und Zornesröte stieg in sein Gesicht.

Der Knabe aber nahm dreie der Knoten, welche sich hernach in Golde verwandelten und reichte sie dem Manne. So ging es, bis es dem Spitzbuben nicht eilig genug erschien. Mehr Knoten sollte ihm der Knabe auf einmal reichen, was dieser auch tat. Diese Knoten verwandelten sich aber nicht und der Haufen verschwand, wie er erschienen war. Zornig erschlug der Mordbube den Knaben und eilte davon.

Im Dorfe aber hatte man das Verschwinden des Knaben bemerkt und auch der Mann war gesehen worden. Die Ferdoker Gardereiterinnen zogen aus und hetzten den Mörder durch die Hügel direkt hinauf in die Zwöfgöttlichen Paradiese, in welche er sicherlich nicht eingelassen wurde. Das Gold aber, das sie bei ihm fanden, gaben sie den Eltern des Knaben, doch diese wollten es auch nicht behalten und warfen es in die Fluten des Großen Flusses ...

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... es war einmal ein Mann aus Gerrun, der im Winter hinüber nach Kemlar ging. Da sah er droben auf den Höhen eine Jungfrau Flachsknoten über dem Schnee zum trocknen ausbreiten. Eine Weile schaute er ihr zu, und bat sie dann, ihm zu erlauben, einige Knoten mitzunehmen. Die Jungfrau hieß ihn zu nehmen, so viele er wolle, doch fragte sie, wozu er die Knoten haben wolle? Er erwiderte: ‚Zum Wahrzeichen, wenn ich zu Hause erzähle, daß ich hier oben habe Knoten trocknen sehen, denn sonst wird es mir doch niemand glauben.'

Er nahm, dankte, grüßte und ging. Als er zurückkam an denselben Platz, fand er gar keine Jungfrau und Knoten, nur seine eigenen Fußstapfen im Schnee nahm er war. Verwundert und schaudernd eilte er hinab ins Dorf, erzählte was ihm begegnete, und zog seine Knoten hervor — sie waren in Goldkörner verwandelt ...