Versperrte Tore in der Neuen Bastey
Versperrte Tore in der Neuen Bastey
Reichsedle stellt Angbarer vor Rätsel
ANGBAR, Rahja 1046 BF. Dass die Neue Bastey nicht wirklich zu Angbar gehört, erkennt man schon an den losen Sitten, die dort herrschen. Doch diesen Rahjamond wurde es den Bürgern noch weit drastischer vor Augen geführt, als man ihnen zwei Tage lang den Zutritt verwehrte. Noch ist nicht bekannt, was die Reichsedle Mora von Spuckwanst, die die Bastey als Lehen führt, dazu veranlasste.
Es schien ein Markttags-Morgen wie jeder andere, als die Turmwächter des Pervalstors hinabstiegen, um die schweren Flügel des äußeren Tors zu öffnen. Wie immer warteten auch an diesem 17. Rahja schon einige Bauern mit ihren Leiterwagen auf Einlass und drängten in den Zwinger, sobald die Wachen zum inneren Tor schritten. Doch als sie dieses aufstießen, blickten sie verblüfft in die Gesichter eines halben Dutzends gerüsteter Menschen und Zwerge. Die Leiber der Bewaffneten aber waren hinter einer massiven Barrikade verborgen, die den Durchgang komplett versperrte.
„Wer seid ihr und was soll das hier?“, fragte der Weibel Nandel Notgroschen energisch. „Räumt sofort den Durchgang frei!“ Doch die Angesprochenen rührten keinen Finger. Die meisten wandten sich ab und behielten die Gassen im Auge, die in der Neuen Bastey zum Tor führen. Nur ein kräftig gebauter Mann mit imposantem Bart grinste den Weibel hämisch an. Notgroschen wiederholte seinen Befehl in ärgerlichem Ton, unterstützt durch missmutige Rufe der ungeduldigen Bauern. „Du hast hier nix zu sagen“, brummte der Hüne, „das ist hier das Lehen der Reichsedlen und wir tun, wofür sie uns bezahlt.“
Es waren Söldner des Großen Basteybunds, fand Notgroschen schließlich heraus, und Wohlgeboren Mora von Spuckwanst hatte die Truppe angestellt, um die Neue Bastey komplett abzuriegeln. „Politik,“ sagte der Weibel unserem Schreiber später, „daran werde ich mir phexweiß nicht die Finger verbrennen!“ Er sandte eine Wächterin zu seinem Vorgesetzten, dem Mauergreven Anghalm Eisenstrunk, und versuchte derweil, die aufgebrachten Wagenlenker zu beruhigen und zu einem Umweg über das Bärentor zu bewegen.
Bald darauf traf Meister Eisenstrunk am Bergtor auf der Südseite der Bastey ein, das ebenfalls von einer Barrikade versperrt war. Auch ihm gaben die Söldner zu verstehen, dass Befehl Befehl sei und man weder den Weg freimachen noch den Mauergreven einlassen könne. Dieser machte darauf kehrt und erschien eine Stunde später wieder, zusammen mit Reichsvogt Bosper zu Stippwitz, dem Oberst-Wachtmeister Nirdamon Sohn des Negromon sowie einem Zug der Freiwillig-Bergköniglichen Garde.
Aber auch dieser Aufmarsch ließ die Basteybündler unbeeindruckt. Sie hätten das Silber der Frau von Spuckwanst genommen, sie könnten gar nicht anders, als deren Willen eisern auszuführen, beharrten sie. Der Reichsvogt, sichtlich verärgert ob der Halsstarrigkeit der Söldner, forderte darauf, die Bergköniglichen sollten die ganze Bande festnehmen und in die Zitadelle abführen. Doch Oberst-Wachtmeister Nirdamon wies ihn darauf hin, dass seine Truppe in der Bastey keinerlei Befugnisse habe und sie sich beide ernsthafte Probleme einhandeln könnten, wenn die Reichsedle bei der Kaiserin klagen sollte. Die Söldner stimmten dem fröhlich zu, worauf Exzellenz zu Stippwitz verlangte, wenigstens mit deren „sauberer Soldherrin“ zu sprechen.
Dieser Wunsch wurde ihm erfüllt. Wohlgeboren von Spuckwanst erschien an der Barrikade, zeigte sich aber ebenso unnachgiebig wie ihre Besoldeten (und wirkte darüberhinaus fahrig, um nicht zu sagen außer sich). Sie weigerte sich, dem Reichsvogt irgendeine Erklärung zu den Vorgängen abzugeben. „Da werdet Ihr warten müssen bis zum Ratstag“, sprach sie, „dann will ich mich vor dem Rat der Zünfte rechtfertigen — doch keinen Moment früher!“
Schließlich blieb Seiner Exzellenz nichts anderes übrig, als sich so auf den 30. Praios vertrösten zu lassen und wieder abzuziehen. Dafür musste er sich an der nächsten Sitzung des Zunftrats manch böses Wort anhören von seinen Gegnern aus der Fraktion der Rechtschaffenen. Die Sperrung der Neuen Bastey dauerte noch bis zum Sonnenuntergang des folgenden Tages. Sie wird den Angbarern gewiss noch wochenlang Stoff zum Rätseln geben, und auch der KOSCH-KURIER konnte den Grund für die Vorgänge bis jetzt nicht aufdecken.