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Version vom 14. November 2021, 15:41 Uhr
◅ | Die Garde-Greven der Koscher Fürsten |
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Steuereintreiber des Seneschalks im Land unterwegs | ▻ |
Angbar
„Dörfer, Berge, Baronien“ — Unser Kosch (Teil V)
Aufgrund des vor allem unter Gelehrten von Außerkosch rege bekundeten Interesses beschäftigt sich unsere landeskundliche Serie „Dörfer, Berge, Baronien" diesmal erneut mit der Hauptstadt unseres Fürstentums. In bewährter Weise stellt Burgholdin der Jüngere auch in der zweiten Episode unserer Angbar-Beschreibung einige bemerkenswerte Gebäude und Institutionen der Capitale vor.
In die direkter Nachbarschaft der Goldmine ist die oberste Finanzbehörde von Kosch gelegen. Neben dem Fürstlichen Schatzamt beherbergt das Gebäude die Münze der Provinz, gleichzeitig wird hier fast die gesamt Förderung der Grube eingelagert. Dementsprechend erinnert es auch äußerlich mehr an eine befestigte Burg als an harmlose Schreibstuben. Da die ganze Anlage von einer vier Schritt hohen Wehrmauer mit nur einem Tor umgeben ist, ist dem gemeinem Bewohner der Stadt nur wenig über das Innere bekannt.
Die von stattlichen Eskorten begleiteten Karren der Goldtransporte sind neben den Wachablösungen die einzigen, die man regelmäßig den Komplex betreten und wieder verlassen sieht. Kaufleute oder auch Landherren mit einem Anliegen ziehen es dagegen meist vor, dieses direkt bei Hofe vorzutragen.
Vorsteher des Amtes ist Schatzmeister Kariel Bosper Steener von Steenback, ein geborener Rechenkünstler und Statistiker, dessen Freude an seinem Posten nur durch zwei Dinge getrübt wird. Das eine ist die von ihm nie ganz eingesehen Notwendigkeit, einmal Erhaltenes bei Bedarf auch wieder aus den Truhen der Schatzkammer herauszugeben, das andere der Neid, trotz eigener Mine die Prägung der kaiserlichen Golddukaten den Münzen in Gareth, Punin, Beilunk und Havena überlasen zu müssen. Auch letzteres wird sich in absehbarer Zeit wohl nicht ändern, scheint doch ein entsprechender, an die Reichskanzlei STZ eingereichter Antrag dort nicht mit Wohlwollen aufgefaßt worden sein …
Stellmacherei Artaxesch
Als einzige zwergische Stellmacherei Aventuriens besticht der Traditionsbetrieb Artaxesch natürlich auch durch ein besonderes Modellangebot. Wagnermeister Artaxesch IX., seine vier Söhne, deren Familien und die drei Dutzend übrigen Beschäftigten sind auf schwere Kutschen spezialisiert, die zwar nicht eben schnell sind, aber in ihrer Robustheit unübertroffen bleiben. Ein Streitwagen vom Typ „Brecher“, der sich im Besitz einer übermütigen jungen, jedoch von der Göttin nicht gerade übermäßig mit Fahrtalent gesegneten Rondrageweihten aus reichem Hause befand, überstand jüngst bei der Überquerung des Greifenpasses den Sturz in einen beinahe fünfzig Schritt tiefen Felsklamm nahezu unbeschadet (was man von der Lenkerin leider nicht sagen konnte).
Neben Kampfwagen wie dem „Brecher“ oder als Prunkstück dem sechsspännigen „Kriegshammer“, stellen Artaxesch & Söhne vor allem Gefängniskutschen und Werttransporter her, wahre Festungen auf Rädern.
Selbst der Thronräuber Answin gab — seiner Beliebtheit im Volke wohl bewußt — in Angbar eine „Anordnung“ über eine gepanzerte Staatskarosse auf. Das Gefährt wurde von dem ob des herablassenden Tones des Befehls ergrimmten Wagnern in Rekordzeit fertiggestellt, aber sofort den gegen Answin ziehenden Brin-Getreuen übergeben. Später diente es dann doch noch dem Usurpator — für dessen Transport von der Kerkerzelle in den Saal des Obersten Reichsgerichts.
Reichbehüter Brin entlohnte Meister Artaxesch wahrhaft königlich, was gerade zur rechten Zeit kam — war doch das Unternehmen just damals nur durch einen großzügigen Kredit der Junker Stippwitz vor der Übernahme durch Stoerrebrandt bewahrt worden. Mittlerweile sieht die Geschäftslage jedoch wieder wesentlich rosiger aus. Gerade erst ist eine neue Modellreihe in die Fertigung gegangen, ähnlich den „Steppenschivonen“ des Handelshause Kolenbrander oder den im Bornland gebräuchlichen Überlandfahrzeugen. Der robuste „Reichstransporter 23“ kann zur Not auch von nur einem Ochsen gezogen werden, erreicht aber bei einen Gespann von vier Pferden seine Höchstleistung und stellt damit eine optimale Mischung zwischen Geschwindigkeit und Lastfähigkeit dar, so daß man ihm inzwischen immer häufiger auf den Reichsstraßen zwischen Gratenfels, Angbar, Ferdok und Gareth begegnet.
Schloß Thalessia
Den Grundstein für die Angbarer Fürstenresidenz wurde im Jahre 4 Perval von Holdwin dem Erneuerer gelegt, als mit diesem wieder ein Mitglied des Hauses Eberstamm in den Besitz der Fürstenwürde gelangt war. Der neue Herrscher wollte nicht wieder auf den alten Stammsitz Fürstenhort, den Ort des grausamen Massaker an seiner Familie durch den verräterischen Porquid von Ferdok zurückkehren, sondern fortan nur noch in Angbar residieren. Da die alte Burg der Stadt, die Zitadelle, Seiner Durchlaucht nicht Genüge tat und außerdem inzwischen den kaiserlichen Truppen als Garnsion diente, wurden drei bekannte Baumeister aus Gareth, Angbar und der Bergfreiheit Xorlosch gemeinschaftlich mit den Arbeiten betraut.
Da der Bau des Wasserschlosses jedoch mit ungeahnten Schwierigkeiten verbunden war, kam es zu etlichen Verzögerungen, die den alten Fürsten die Erfüllung seines Traumes nicht mehr erleben ließen. Als nach vielen Götterläufen schließlich am Ufer des Angbarer Sees das prächtigste Gebäude der ganzen Provinz stand, wohlgebaut und doch kunstvoll verziert, war es Holdwins Sohn und Erbe Berndrik, der die herrschaftliche Halle bezog.
Benannt wurde das Schloß nach der Fürst Berndriks geliebter Gemahlin Thalessia, der Großmutter des heutigen Fürsten. Einzigartig blieb es jedoch nicht: bald nach der Einweihung der neuen Residenz begannen Ausschachtungen direkt auf der gegenüberliegenden Seite des Sees. Dort errichten die Bauleute nach ihren bewährten Plänen ein exaktes Duplikat des Angbarer Schlosses, das Berndrik seiner Schwester Praoidane anläßlich ihrer Vermählung mit dem Grafen vom See zu Geschenk machte. Von einer geheimen unterirdischen Verbindung der beiden Herrschersitze ist viel gemunkelt worden, doch blieben diesbezügliche Gerüchte bis auf den heutigen Tag das, was sie auch schon zu Anfang waren — unbestätigt und unglaubwürdig. Müßte doch ein solcher Tunnel nicht nur etliche Meilen lang sein, sondern auch unter der tiefsten Stelle des Sees durchführen — und solch ein Ding will in unseren Tagen nicht einmal den Baumeistern des Zwergenvolkes gelingen!
Die mächtige Feste ist unbestritten das älteste Bauwerk der Stadt, seine Grundmauern wurden noch während der Verhandlungen zwischen dem zwergischen Hochkönig Angbarosch und dem Gesandten des Kaisers gesetzt — zeitgenössische Urkunden verbürgen dies einwandfrei, wenn auch nicht unbedingt die übrigen in der Gründungsgeschichte erzählten Ereignisse.
Die Architektur der Burg ist unverkennbar von der Bauweise des Kleinen Volkes geprägt — obschon gleich im Laufe der Jahrhunderte zahlreiche Veränderungen vorgenommen wurden, sind auch diese sämtlich von zwergischen Meistern durchgeführt worden.
Doch nicht immer diente die Festung ihrem eigentlichen Zwecke, dem Schutze der Stadt — während der Zeit der Priesterkaiser und der Magierkriege waren ihre Herren oft von strahlendem Äußeren, aber wahrhaft finsterem Gemüt. Die dunklen Gewölbe der Kellerebenen sind Schauplatz zahlreicher grausiger Geschichten, auf der Queste nach dem Rätsel der uralten, in die Wände der niedrigen Gänge eingeritzten Zauberrunen ist seither schon manch ein kühner Gelehrter in den verschlungene Windungen und verborgenen Durchgängen des Verlieses auf Nimmerwiedersehen verschollen. Bekannt ist der Weg zum in den Kasematten der Stadtmauer gelegenen Kerker, von dem wiederum eine Verbindung zum Rondratempel existieren soll.
Selbst der Kommandant der Feste, Verwil von Mærsham, ist kaum über die Geheimnisse seiner Garnison informiert — erst vor einem Jahr wurde der gebürtige Albernier als Nachfolger des als Answinisten geflohenen Lorin da Tommlock nach Angbar versetzt.
Bei den stationierten Truppen handelt es sich um sowohl kaiserliche Gardeeinheiten (das Angbarer Schanz- und Sappeur- Regiment) als auch Krieger des Fürstenhauses. Zum Glück weilt derzeit der Großteil der berühmten Lanzenreiter mit dem Fürsten dem Heer des Reichsbehüters, ein weiterer stellt traditionell die Wachmanschaft der Thalessia. Sonst könnte es durchaus zu Platzproblemen kommen, denn seit neustem sind zudem drei Schwadronen der Schatzgarde hier einquartiert. Diese Eliteeinheit der Reichkanzlei STZ soll den Transport des in der Angbarer Mine geförderten Goldes überwachen und eskortieren.
Doch nicht nur die räumliche Enge sorgt für Konflikte: Die hochgelobten „Garether" sind bei den übrigen Soldaten jedoch als eitel verschrieen und müssen sich spätestens seit dem Raub eines für Havena bestimmten Transportes einigen Spott gefallen lassen. Die im Vorhof gelegenen General-Isgarosch- Kasernen dienen neben der Unterkunft der Freiwillig Bergköniglichen Garde (die hauptsächlich die Funktionen einer Stadtwache innehat) vor allem als Pferdestall für die Tiere der Schlachtreiter.
Als Kastellan ist Oberhauptmann Verwil keiner der Einheiten zugeordnet, und muß vielfach als Mittler und Richter bei Reibereien zwischen den verschiedenen Truppenteilen auftreten. Allerdings hat er keinesfalls absolute Befehlsgewalt — das I. Garderegiment Kosch untersteht seinem Oberst, die Schlachtreiter werden vom Wehrmarschall des Fürsten befehligt. So weiß er zuweilen selbst nicht recht, ob er seiner Königin Emer für seine Beförderung danken oder die Versetzung verfluchen soll.
Das höchste Gebäude Angbars dient neben religiösen auch anderen Zwecken. Das ewige Feuer auf seiner Dachplattform gab den Anstoß für den Aufbau einer Kette von ähnlich gearteten Türme, die allerdings rein profan als Signalstationen dienen. Man hat aus dem Desaster des letzten Orkenzuges gelernt: Im Falle einer erneuten Gefahr von Norden können die Bürger von hier die Warnzeichen erblicken. Nominell gehört das Heiligtum zum Tempel des Ingerimm, doch wird es schon seit Jahren von den Geweihten der Hesinde betreut, die vom Dach aus aus den Lauf der Gestirne beobachtet und ihre Bedeutungen für die Menschenwelt entschlüsselt. Gläubige kommen nur selten hierher, um dem namensgebenden Götterkind zuhuldigen. Wenn einmal jemand die Hesindediener begleitet, dann sind es meist sternkundige Gelehrten aus der Fremde, die sich mühsam die Stufen der viel zu engen Wendeltreppe emporquälen.
Ehrbare Bürger- und Schützengilde
Die mitgliederstärkste Vereinigung der Bürgerschaft ist wider Erwarten keine Handwerkszunft wie die übrigen Gilden der Stadt, sondern so etwas wie das städtische Äquivalent zu den Landwehrregimentern der Grafschaften.
Gegründet wurde die Truppe nach dem — erkauften — Abzug der Belagerer während des „Ersten Zug der Orks,“ als sich die Bewohner der Stadt angesichts der schmählichen Niederlage schworen, sich künftig wieder mehr den Waffenübungen zu widmen. Die ursprüngliche, strenge Unterteilung in jeweils eine Hundertschaft Armbrustschützen bzw. anders Bewaffnete hat sich erhalten, wenn sich auch die Zahlen ebenso wie die Verhältnisse der Waffengattungen etwas geändert haben.
Alle Mitglieder sind gehalten, sich beständig mit ihren Waffen zu üben, formelle Ausbildungstage finden aber nur zweimal pro Jahr statt. Das Schützenfest (jeweils an einem Praiostag im Firun) ist dagegen mehr ein gesellschaftliches als ein militärisches Ereignis, bei dem Beförderungen, Auszeichnungen und ein offener Schießwettbewerb den Rahmen für ein fröhliches Volksfest der ganzen Stadt bilden. (siehe Anmerkung unten)
Der alte Streit darum, ob der schon seit alten Zeiten beim berühmten Trutzfest ebenfalls vergebene Titel eines „Schützenkönigs“ mehr oder weniger wert ist als der Angbarer, wird sich wohl nie beilegen lassen. Während den Schützen aus der Seestadt bisher nur selten der Sieg in Twergentrutz gelang, zeichnet sich ihre Veranstaltung doch durch das größere Teilnehmerfeld aus.
So nennen die Einheimischen den an der nordwestlichen Mauer gelegenen Zwinger aus der Zeit um 600 v. Hal. Er wurde damals auf Geheiß des mächtigen Seneschalks errichtet, der großen Gefallen an der Bärenhatz gefunden hatte, sich aber nicht bequemen wollte, selbst dazu auszureiten. Von der 40 Schritt durchmessenden Arena, in der die Edlen zu ihrem eigenen Vergnügen und vor staunendem Volke ihr Jagdgeschick an eigens zu diesem Behufe lebend gefangenen Tieren beweisen konnten, sind jedoch nur noch Reste erhalten. Nach wechselnder Nutzung — so scheiterte der wahnwitzige Versuch, das ganze Bauwerk in ein riesiges Badehaus umzuwandeln, in mitten des Zwergenlandes schon in den Anläufen — wurde das Gelände kürzlich von der Händlerin Isca Grevendahl aufgekauft und dient seitdem — wieder einmal — als Abladeplatz für allerlei Unrat.
Der Sohn des Bilger ist mit seinen 123 Jahren im mittleren Zwergenalter und spätestens seit Kaiser Retos Tagen so etwas wie eine Institution in Angbar. Gerade weil in seinem Volk professionelle Heilkundige selten sind, ist er der nach Väterchen Nirwulf vielleicht prominenteste zwergische Bürger. Neben seinem außerordentlichen Geschick im Umgang mit Knochenbrüchen und Schnittwunden, aber auch alltäglichen Krankheiten und Wehwehchen konnte Meister Bilgrim auch schon mehrere Verwirrte oder gar Besessene zur Gesundung führen. Weniger pfleglich soll der Angroschim dagegen mit seinen Untergeben umspringen. Von bisher einem halben Dutzend Lehrlingen hat bis heute nur ein ein einziger durchgehalten und nach 28jähriger Lehrzeit von Meister grummelnd Siegel und Segen für eine eigene Karriere erhalten. Dessen momentanen Lehrjungen, die Zwillinge Egrasch und Agrasch haben immerhin schon vier Götterläufe Bilgrims pendantische Ordnungsliebe erduldet und etliche absonderliche Aufträge zur Beschaffung dringend für irgendwelche Rezepturen benötigter, aber äußerst seltener Zutaten überstanden.
Anmerkung
Diese Angabe aus dem veralteten Originaltext des KK8 ist falsch: Es gibt das Große Schützenfest am 6. Rondra und das Kleine Schützenfest am 22. Ingerimm.