Vom Ritterschlag zu Ferdok
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Von edelsten Geschlechtern: Vom Ritterschlag zu Ferdok
Den Zwölfen zum Gefallen, Rondra voran! In Zeiten dräuenden Unheils wappnet sich der Kosch, der Finsternis zu trotzen. Der erste Ritterschlag am Ferdoker Hof nach mehr denn 75 Götterläufen gebührte Baroneß Rena von Arbasien. Willkommen in der edlen und alten Rittschaft Koschs!
FERDOK. Vor nunmehr über sieben Götterläufen begab es sich, daß Rena von Arbasien, älteste Tochter des Barons Gugi Ronem el´Kara von Arbasien, ausgesandt wurde, um dem wackeren Grafen von Ferdok als Pagin und Knappin zu dienen (Der Kosch-Kurier Nr. 6 berichtete). Aus dem zunächst recht schüchternen blonden Mädchen, das lieber poetische Texte las und schrieb als sich in den Künsten Rondras zu üben, ist im Laufe dieser Jahre eine blonde Schönheit geworden, ausgestattet nicht nur mit allen ritterlichen Tugenden, sondern auch mit Eleganz und Würde.
Tatsächlich hat ihr Anblick wohl schon das Herz eines manchen Jünglings gebrochen, doch war Rena in der Vergangenheit nur allzu gut behütet. Man bedenke nur den Hesindemond 25 Hal, als Anghin von Duna, des Grafen Vertrauter, der sich mehr als jeder andere um die Ausbildung Renas und die Vermittlung der rondrianischen Tugenden kümmerte, nur im Nachthemd gewandet aus dem ersten Stock der gräflichen Residenz sprang und einem unverfrorenen almadaner Minnesänger wegen dessen ungebührlichen Lieder eine Tracht Prügel verpaßte, wonach dieser nie wieder in den Koscher Landen gesehen wurde.
Vermutlich entsprach die Ausbildung am Hofe zu Ferdok nicht den Gebräuchen anderer, weit älterer Herrscherhäuser, doch gab sich der Ferdoker Graf alle Mühe, seine Knappin in der Kunst der Lehensführung zu unterweisen. Zudem hat sie wohl auch eine profunde Kenntnis in der theoretischen Schmiedekunst erworben, denn ebensolange wie ihre Knappschaft hat der passionierte Schmied Growin für die Fertigstellung des Schwertes benötigt, mit dem die Arbasische Baroneß heuer zu Ritterin geschlagen wurde. Erwähnt werden müssen an dieser Stelle selbstverständlich noch die Ferdoker Gardereiterinnen, die einen großen Anteil an der Reit- und Taktikausbildung der Knappin Rena hatten.
Bei aller rondrianischer Unterweisung hat sie ihre Liebe zur Dichtkunst nie ganz abgelegt und so manches Mal wurde sie im Hesindetempel zu Salmingen gesehen, wo sie vor zwei Götterläufen bei den Salminger Hesindefestspielen mit voll frommen Eifers die heilige Thalionmel verkörpern durfte.
Nun war es aber eben Rondras Ritter Anghin, der nach den denkwürdigen Ereignissen in den Moorbrücker Sümpfen seinen Freund, den Grafen Growin eindringlichst darum ersuchte, den fälligen Ritterschlag endlich zu vollziehen. Bevor er sich noch auf seine gefahrvolle Pilgerfahrt ins Tobrisches begebe, wollte der Geweihte dieses Kapitel noch beenden.
Nur zwölfe Tage darauf waren die Honoratioren Ferdoks und sogar der edle Fürst Blasius vom Eberstamm höchstselbst nebst Cantzler (dem Herrn Duridan von Sighelms Halm) und persönlichen Kammerherrn (Hofrat Polter von Stielzbruk nämlich) in der großen Halle der gräflichen Residenz versammelt, um den Festakt zu vollziehen. Doch trotz des freudigen Anlasses war die Stimmung ob der langen Schatten, die die besorgniserregenden Ereignissen der vergangenen Monate über das Reich warfen, sehr bedrückt und auch die Götter sandten nur dunkle Wolken, die an diesem Tage unablässig Regen auf die Stadt warfen. Am schmerzlichsten für die junge Knappin war aber die Abwesenheit ihrer Familie. Ihr Vater Gugi Ronem harrt im belagerten Beilunk aus, um den Horden des Bethaniers zu trotzen und sogar den guten Baron Myros von Kystral zu Metenar, der Rena stets ein väterlicher Freund außerhalb der Ferdoker Residenz gewesen war, hatte der Götter Ratschluß zu jenseitigen Gefilden abberufen. Allein ihre Zofe Selinde konnte sie an diesem Tage an ihre Heimat Arbasien erinnern.
Einen Tag und eine Nacht hatte die Knappin aus dem fernen Beilunk allein in ihrer Kammer verbracht, um sich in stiller Eintracht mit sich selbst und im persönlichen Gebete mit den göttlichen Zwölfen, Rondra voran, auf das bedeutende Ereignis vorzubereiten, das da kommen sollte. Zum Ende dieser Zeit hielt sie alsdann unter dem Segen der göttlichen Rondra ein intensives und vertrauliches Zwiegespäch mit der Schwertschwester Anima von Gor.
So schritt Rena dann unbewaffnet, die Wangen leicht gerötet und allein mit ihrer Rüstung gewandet nun als einzige Knappin dieses Praioslaufes durch die Reihen der spärlich Anwesenden, um vor dem Sitz des Landesfürsten niederzuknien, denn niemand geringerer als Blasius vom Eberstamm selbstselbstens sollte stellvertretend für den Grafen den Ritterschlag vollführen. Sodann reichte ihm Graf Growin zu Ferdok, die Klinge, die er seinem Mündel zugedacht, die Obristin Govena Glaldis von Hirschingen-Berg die Sporen.
Daraufhin setzte unser geliebter Landesherr, die traditionellen Formel zu sprechen, die da mit den Worten endete: „Erhebe dich nun, Ritterin Rena von Arbasien zu Ferdok!”
Respektvoller Beifall erfüllte die Halle und die anwesenden Ritter, Kriegerinnen und Rondrageweihten schlugen leicht mit ihren Schwerten gegen die Schilde, während Rena Schwert und Sporen in Empfang nahm. Danach war freilich ein jeder bestrebt, die junge Ritterin zu beglückwünschen, wobei ihr Lehrmeister Anghin von Duna nach dem Fürsten der erste war (und manch ein Anwesender will sogar eine einzelne Träne im Bart des sonst so bärbeißigen Rondrianers versickern gesehen haben).
Graf Growin wartete mit seiner Gratulation bis zum Ende, derweilen er die ganze Szenerie — so gut er vermochte — mit stolzgeschwellter Brust verfolgte; die Zofe Selinde hingegen brach offen in Tränen aus, umarmte schließlich den überraschten Kanzler Duridan und schluchzte immerzu nur: “Ach, mein Täubchen...”
Was eigentlich ein Festtag für die neue Ritterin werden sollte, wurde später zu einer geschlossenen Gesellschaft, bei der Fürst, Kanzler, Graf, die Barone von Metenar, Nadoret, Moorbrück und Salmingen, sowie einige wichtige Berater die drängenden Probleme des Landes disputierten.
Nachtrag: Zur Freude des Grafen hat sich Ritterin Rena von Arbasien entschieden, vorerst noch in Diensten ihres früheren Lehrherren zu verbleiben und entspricht somit dem Wunsch ihres Vaters, weiterhin in den relativ sicheren Koscher Landen zu verweilen. Somit ist sie, nach dem Fortzug des Rondraritters Anghin, erste (und einzige) Ritterin des Ferdoker Grafen und nach diesem (nominell) Befehlshaberin über alle gräflich Ferdoker Truppen, einschließlich der Feste Thûrstein.