Tote in Drift und zähe Verhandlungen
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Tote in Drift und zähe Verhandlungen
Albenhuser Bund im Streit mit Treidlern
FERDOK, Travia 1045 BF. Im letzten Jahr führte eine Blockade der Treidelstraße an der Grenze der beiden Grafschaften Albenhus und Ferdok zu einem blutigen Zwischenfall. Der Allwasserrat tagte monatelang und konnte sich erst spät zu einer Entscheidung durchringen. Doch Kritiker warnen vor einem faulen Kompromiss.
Der Kosch gilt gemeinhin als eine der friedlichsten Provinzen des Mittelreiches, wenn nicht gar ganz Aventuriens. Dort, wo das gute Ferdoker Bier erfunden wurde und Hügelzwerge in der Abendsonne Pfeife schmauchend vor ihren Häusern sitzen, haben sich jedoch im Peraine 1044 BF feindlich gesinnte Lager in die Haare gekriegt, bis das Blut spritzte und Leiber tot zu Boden fielen.
Was war geschehen? Wie bereits der AVENTURISCHE BOTE in seiner 213. Ausgabe berichtete, hatten im Städtchen Drift, unweit des Golgaritenklosters Garrensand, gut fünf Dutzend koscher Flusslotsen und Treidler der „Flussmeister“-Werkschaft eine Barrikade an der Treidelstraße errichtet. Damit wollten sie gegen die ihrer Meinung nach zu geringen Löhnen der Händlergilde des Albenhuser Bundes ein Zeichen setzen. Die Gilde unter Leitung des ehrenwerten Elenviner Händlers Phexhilf Ehrwald protestierte heftig und warnte vor Versorgungsengpässen durch die Blockade. Immerhin sei der Große Fluss die wichtigste Wasserstraße Aventuriens, auf der täglich etliche Quader Fracht aus und nach dem zentralen Mittelreich transportiert werden. Die Koscher würden diese Blockade bald in ihren Geldbeuteln spüren, prophezeite der Händler.
Die Rädelsführerin des aufgebrachten Mobs, Flusslotsin Girte Crumacker, forderte hingegen, dass die „reichen Pfeffersäcke“ (wie sie die Händler nannte) lieber ehrliche Reichsbüger zu gutem Geld als Treidler anstellen sollen statt tobrischer Flüchtlinge – oder gar Strafgefangene, die sie aus den Kerkern der Barone entlang des Flusses auslösten.
Tagelang ließen die aufgebrachten Treidler kein Schiff des Handelsbundes passieren, das flussaufwärts getreidelt wurde. Lautstark wurden die Besatzungen ausgepfiffen; manche berichteten gar von bedrohlichen Pöbeleien und fliegenden Fäusten.
Schließlich schickte der Händlerbund sein Flaggschiff, die „Schwan von Albenhus“, um die festsitzenden Handelsschiffe zu befreien. Das Schiff hatte neben der üblichen Besatzung auch einige Dutzend Hafenarbeiter und kräftige Kaufmannsgesellen an Bord und – wie man munkelt – auch einige nordmärkische Söldlinge.
Es war wohl vorhersehbar, dass das darauffolgende Aufeinandertreffen nicht friedlich verlaufen würde. Welcher Hitzkopf während der folgenden Rangeleien aber zuerst blanken Stahl zückte, ist nicht mehr nachvollziehbar. Fest steht nur, dass die beiden Streitparteien binnen eines Stundenglases jegliche Gebote Tsas aufs Gröbste vernachlässigten und aufeinander eindroschen und -stachen wie auf einem Schlachtfeld!
Der alarmierte Baron, Brumil Wackerstock, schritt zwar mit seiner Handvoll Burgwachen – der Drifter Doppeläxte – energisch ein, um die Streitenden zu trennen, jedoch dauerte es eine weitere Stunde, bis sich die erhitzten Gemüter abgekühlt hatten. Die traurige Bilanz konnte jeder am Boronsanger des nahen Golgaritenklosters sehen, wo ein Dutzend frischer Gräber von dem Konflikt zeugten.
In den Tagen darauf hatte sich die Kunde von dem blutigen Aufeinandertreffen entlang des Flusses ausgebreitet. Ihre Eminenz, die Meisterin des Flusses Quelina von Salmfang, mit Sitz im Tempel der rauschenden Wasser zu Albenhus, zögerte nicht und berief den „Allwasserrat“ ein – ein unregelmäßiges Treffen der Provinzen am Großen Fluss. Sowohl Graf Growin Sohn des Gorbosch von Ferdok als auch die Gräfin von Albenhus, Elfgyva von Hardenfels, hatten ihre Teilnahme zugesichert und fanden sich binnen einer Woche bei Eminenz von Salmfang ein, um über den Zwischenfall zu beraten.
Eine Einigung konnte jedoch über Monate nicht erzielt werden, gilt doch Graf Growin als äußerst volksnah und als wackerer Streiter für seine ehrlich und hart arbeitenden Untertanen, wohingegen Gräfin Elfgyva für den frei fließenden Handel am Großen Fluss Partei ergriff.
Die Verhandlungen begannen aus dem Ruder zu laufen, als alte Themen aufs Tapet gebracht wurden, die nichts mit dem Zwischenfall in Drift zu tun hatten. So wurde – wieder einmal – über die Oberhoheit der Grenzfeste Thûrstein gestritten. Wie man aus verschiedenen Quellen vernahm, wurde bald darauf geschachert wie am Angbarer Viehmarkt während des „Tollen Treibens“. Die Gräfin wollte einem Kompromiss nur zustimmen, wenn die Händler des Albenhuser Bundes Zollerleichterungen erhielten. Der Graf hingegen pochte auf einen Ingerimm gefälligen Lohn für die Treidler.
Nach vielen und teilweise wochenlangen Unterbrechungen verkündete der Allwasserrat zu Beginn des Traviamondes jedoch endlich einen Beschluss, der wohl weder den Treidlern noch den Händlern recht sein dürfte: Die Werkschaft der „Flussmeister“ erhält das exklusive Privileg, Schiffe zwischen Albenhus und Ferdok zu treideln. Im Gegenzug erhalten die Händler des Albenhuser Bundes das exklusive Privileg eines geminderten Treidelpreises auf dieser Strecke.
Sowohl Händler als auch Treidler zeigten sich in einer ersten Reaktion unzufrieden. Girte Crumacker gab bekannt, dass durch den „Treidelrabatt“ (wie sie es nannte) die Not der Treidler nicht gemindert werden würde, und kündigte weitere Aktionen an. Laut Phexhilf Ehrwald müssten die Händler – und damit alle Bürger – nun mit höheren Preisen rechnen. Denn die Preise der „Flussmeister“ seien vor allem eines: reinster Wucher! Der KOSCH-KURIER wird die Lage genau beobachten und weiter berichten.