Garrensander Abt ruft zur letzten Audienz
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Garrensander Abt ruft zur letzten Audienz
Calamun ya Sfardas weiß sein Ende nahe
DRIFT, Hesinde 1045 BF. Man kennt Boronklöster als Orte der Ruhe und Besinnung. Doch in Garrensand am Großen Fluss herrscht derzeit Hochbetrieb, denn der greise Abt will seine letzten Dinge regeln.
Wenn das Kloster Garrensand heute im ganzen Reich berühmt ist als der prächtige Hauptsitz des Golgaritenordens, so ist dies zur Hauptsache das Verdienst seines Abtes. Calamun ya Sfardas de Ysarti leitet den Konvent seit drei Jahrzehnten mit großem Geschick. Wer Garrensand besucht, vernimmt zwar eher die knappen, schneidenden Befehle der Komturin – Vater Calamun wirkt lieber still im Hintergrund, umsomehr in den letzten Jahren, da der Abt meist kränkelnd zu Bett lag.
Seit Kurzem allerdings schien Calamun durch das stärkende Suppenrezept eines reisenden zwergischen Kochs wieder etwas zu Kräften gekommen. Mancher würde daraus die Hoffnung ziehen, noch ein paar Jahre auf Deren wirken zu dürfen. Nicht so der Garrensander Abt. Am 1. Hesinde versammelte er die Klostergemeinschaft und teilte ihr mit, Boron habe ihm seinen Todestag offenbart. Das Datum verriet er nicht, doch bleibe ihm nur wenig Zeit, seine Dinge zu regeln. Und zu regeln habe er viel. Manchen schulde er Gutes, andern wolle er Böses verzeihen. Einen nach der anderen empfing der Abt zur Audienz, und manche sah man schluchzend aus der Kammer treten.
Doch sprach der Abt nicht nur von seinen Garrensander Schäfchen. Boten mit prall gefüllten Brieftaschen verließen das Kloster in alle Himmelsrichtungen. Bald setzte die umgekehrte Bewegung ein. Von überall treffen seither Gäste in Garrensand ein – Boroni und andere Geweihte, aber auch Adel aus der Provinz und von jenseits der Grenzen. Eine Postkutsche brachte einige hochbetagte Jugendfreunde und -feinde aus dem Lieblichen Feld. Zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses hat sich sie Todesahnung des Abts noch nicht erfüllt, und noch immer geben sich auf Garrensand die Besucher die Klinke in die Hand.