Schrecken durchbricht Angbars Festtagslaune

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Ausgabe Nummer 34 - 1026 BF

Schrecken durchbricht Angbars Festtagslaune

Erbprinz wohlauf — Gemahlin Nadyana firungesegnet Retterin!

ANGBAR. Der Fürst selbst, sein Cantzler, und mehr noch der Edlen und Ministerialen waren gen Greifenfurt gezogen, wo Prinz Edelbrecht mit der Markgräfin Hochzeit feierte. Eine aber, die sich gewiß grämte, dass sie dorten nicht sein konnte, war Prinzessin Nadyana von Wengenholm. Ihr Gemahl Anshold nämlich, Edelbrechtens Bruder und Erbprinz des Kosch, war von seinem fürstlichen Vater in dessen Abwesenheit zum ersten Male mit sämtlichen Regierungsgeschäften betraut worden.

So hatten sich der Erbprinz und seine Gemahlin von ihrem eigenen Sitz Erlenschloß in die fürstliche Thalessia zu Angbar begeben. Und kaum war die fürstlichen Gesellschaft abgereist, ließ der Prinz verkünden — wohl um seine Gemahlin zu trösten, die doch als Wengenholmer Komteß Hofjungfer und Freundin der Markgräfin gewesen war, und auch um die braven Angbarer zu erfreuen — daß seines Bruders Traviabund selbstverständlich auch in Angbar gefeiert werden solle.

Nun lassen und ließen sich Angbars Bürger die Gelegenheit zu einem fröhlichen Feste nicht entgehen, doch vernehmlich waren diesmal die Stimmen der alten Griesgrame und Bangeweiber. Sie meinten, der Prinz hätte auf solcherlei Spektakel verzichten können, alldieweil nach dem harten Winter die Kornspeicher beinahe leer seien und das Säckel des Fürsten nach zweiten Hochzeit eines Sohnes sicher auch. Selbst Vogt Bosper und der Rat der Zünfte hätten dem Prinzen Edelbrecht eine bescheidenere Hochzeitsgabe zugedacht als erwartet.

Als aber der Tag des Festes kam, waren solche Gedanken verflogen, und allenthalben freuten sich die Leut an den gereichten Leckerbissen, bemannten die Biertische, genossen die Blasmusik und schauten den Gauklern bei seinen Kunststücken zu. Viel seltsames, buntes Volk hatte sich dort eingefunden. Fratschlerinnen boten mit scharfen Mundwerk ihre Waren feil, ein Frettchenflötist dirigierte mit seinem hellem Pfeiftönen die kleinen bepelzten Räuber geschickt um jeweils eine Person herum, die sich zurecht arg bedrängt fühlte, neben einen Feuerspucker, den es ja häufiger hat auf solchen Spektakulums, gab es da den „lebenden Wasserspeier” Olloborig von Elburistan zu bestaunen, der mehr denn 10 Maß Wasser hinunter gluckerte, um es kurz darauf wie die Fontäne eines Wals oder horasischen Springbrunnens aus den Mund zu prusten.

Am meisten aber staunten die Angbarer über im Schloßhof der Thalessia, der heute für jede und jeden zugänglich war, über die dort versammelte Menagerie. Der Erbprinz, als großer Tierfreund bekannt, hatte stolze Pfauen, bunte Mohavögel und edle Falken, einen Riesenschröter, zwei aranische Gazellen, und eine mächtige Sumpfechse aus seiner Sammlung auf Erlenschloß herbeikommen lassen. Obendrein noch war Fahrendes Volk mit den allerseltsamsten Kreaturen justament zum Feste nach Angbar gekommen. „Das Zelt des Schreckens“ hatten sie in in blutroten Lettern außen herangeschrieben, und innen sah man den angeblich güldenländischen Eiskönig Frosta und Leoward den Löwenmenschen (wohl ein hellgefärbter Halbork), eine Blutrantze aus Benbukkula sowie den Geisterarm der Hexe Gundellay, der angeblich seit Jahrhunderten auf der Suche nach dem Praiosgeweihten ist, der die Hexe einstmals verbrannt hatte.

Da nun schon hätte man mißtrauische werden sollen bei solcherlei Figuren, doch ließ sich das Volk — und auch die hohen Herrschaften — vom seltsamen Bann dieser Geschöpfe in den Bann schlagen. Eben wollte nun der Prinz vom Balkon zum Volke sprechen — Hochwürden Tarjok Boquoi vom Tempel Praios und eine Geweihte Travias standen an seiner Seite —— da erklang, lauter und lauter werdend, seltsam Schrille Harftentöne, die im Kopfe weh taten, daß bis auf die standhaftesten sich ein jeder die Ohren zu halten wollte, von den Mißtönen zu sein. Ob’s die Musik war oder etwas anderes — eine Statuette der Schloßfassade löste sich und stürzte hinab auf die Hilflosen, den Erbprinzen knapp verfehlend und der Geweihten Bein zerschmetternd.

In der Verwirrung unbehindert aber hatte der doppelköpfige Riese Gjal, eine weiteres Geschöpf aus dem Zelt des Schreckens, seine Ketten abgestreift, zerstampfte den Großen Schröter mit einem Fußtritt und schleuderte ein hundsgroßes Etwas, das nur aus Zähnen und Krallen zu bestehen schien, hinauf auf den Balkon. Dort freilich zerschmetterte es Hochwürden Tarjok mit seinem Sonnenzepter! Der Riese ging nun selbst zum Angriff über, hing schon am Balkonrand und wollte sich herüberschwingen, da heulte er er vor Schmerzen auf! Prinzessin Nadyana, die der alte Graf Hakan und Gräfin Ilma selbst im Waidwerk unterwiesen hatten, hatte einer Wache die Armbrust entrissen und der Bestie den Bolzen geradewegs ins Herz geschossen. Tödlich verwundet, griff der Riese nach dem Erbprinzen — da verließen ihnen, den Göttern sei dank, die Kräfte, und sterbend fiel er zurück in den Hof.

Schwarzes Blut und grünliche Galle des Monsters benetzen den Erbprinzen, ansonsten aber war er unversehrt. Die Feierlichkeiten aber nahmen ein jähes Ende, und bis auf einen zwergischen Abenteurer aus dem Amboß und seine fremdländischen Begleiter, die dem Prinzen die Aufklärung der Geschehnisse versprachen, ging jedermann bekümmert oder furchtsam nach Hause.

Stitus Fegerson