Die Freundschaft von Eber und Wolf
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Die Freundschaft von Eber und Wolf
Fürst Blasius empfängt Gesandte aus Tobrien
In aller Eile waren Herzog Bernfried von Tobrien und seine Getreuen in das östliche Herzogtum heimgekehrt, nachdem die Schreckenskunde von Wehrheim und Gareth die zu Elenvina versammelten Großen des Reiches erreicht hatte. Sorge und Ungewissheit trieben sie voran. Vom Schlachtentod des Herrn Geldor vom Eberstamm hatten sie unterwegs noch erfahren, die Kunde von der Verheerung der Koscher Fürstenlande hingegen erst daheim in Tobrien vernommen. Des Reiches Regentin und seine Königin gefallen; alle Lande bis hin zum Koschgebirge heimgesucht von Krieg und Leid; auch Marschall Geldor, der Vater von Herrn Bernfrieds einstiger Gemahlin, tot und schließlich Herr Blasius, des Herzogs fürstlicher Bruder, vielmals vom Schicksal geschlagen — das Entsetzen machte Tobriens Herzog und seine Räte schweigen. Schließlich entschloss man sich Reiter auszusenden, hoffte insgeheim, dass manche Nachricht sich nicht bewahrheiten und letztlich als Gerücht erweisen möge.
Die beiden jungen Barone Refardeon von Willbergen und Talamar von Wildenfest hatten sich erboten, den Weg in den Kosch anzutreten. Herr Bernfried hieß sie nebst Glück und Wohl die tiefe Anteilnahme des Hauses Ehrenstein überbringen, zudem Herrn Blasius versichern, dass er nach wie vor willens sei, seinen Sohn Jarlak als Knappen an den koscher Fürstenhof zu geben.
Seine Zusicherung, den jungen Erbprinzen persönlich in die Knappschaft nehmen zu wollen, hatte Herr Blasius erst vor eineinhalb Götterläufen — zu Trallop, auf dem Kongress des Reiches — nochmals betont. Kniefällig hatte seinerzeit Herr Delo von Gernotsborn die Hand des Fürsten umfasst, ihm den Siegelring geküsst — derart hatten dessen freundliche Worte und die beteuerte Koscher Freundschaft Tobriens Kanzler berührt. Es waren damals hoffnungsfrohe Praiosläufe gewesen, voller Zuversicht, dass man gemeinsam sich aller Widernisse, aller Schrecken und Feinde würde erwehren können...
Auf herzogliche Weisung hin hatten die beiden Barone die Walstatt von Wehrheim und Gareth, die zerstörte Kapitale des Reiches, gemieden, waren stattdessen über Baliho, den Alten Weg und die Greifenfurter Mark geritten (wo sie abermals, diesmal aus dem Mund des Prinzen Edelbrecht, vom Schicksal des Koscherlandes, vom Tode seiner Anverwandten und ach so vieler unschuldiger Seelen erfahren hatten). Am Abend des 14. Rondra schließlich hatten sie Angbar erreicht.
Im Widerschein des niedersinkenden Praiosrunds leuchtete der Angbarer See golden auf; wolkenfrei wölbte sich der Abendhimmel über der alten Fürstenstadt.
An diesem Tag hatten sie Fürst Blasius noch nicht antreffen sollen. Im unzerstörten Teil des Angbarer Schlosses — einem einzigen Turm — weilte allein Frau Thalessia, die alte, gleichwohl rüstige Fürstinmutter, mit wenigen Dienern. Ihr Sohn befand sich derweil auf Fürstenhort, der uralten Feste des Hauses Eberstamm hoch droben in den Koschbergen. Vier weitere Praiosläufe also währte Talamars und Refardeons Ritt, bevor sie Herrn Blasius gegenüberstanden. Gastlich empfing der Fürst von Kosch die beiden Gesandten, lauschte freundlich ihren Worten. „Sagt meinem Bruder Tobrien, dass Eber und Wolf, die Häuser Eberstamm und Ehrenstein fest beisammenstehen und, geht es nach mir, niemals voneinander weichen werden — schon gar nicht jetzt, in dieser Zeit der Finsternis. Jung-Jarlak, das wackere Prinzlein, will ich gern zur Schwertleite führen und einen rechten Ritter aus ihm machen. Als Sohn meiner lieben Nichte — Boron sei ihr gnädig — ist er mir ohnedies wie eines meiner eigenen Kinder.“
So hoffnungsvoll Herrn Blasius’ Worte auch klangen — der sonst so lebensfrohe Fürst hatte mit trauriger, beinahe müder Stimme gesprochen. All die Sorgen, die ihm die Zeit auferlegt hatte, waren ihm deutlich anzusehen. Schließlich fuhr er fort: „Es ist ein seltsames Geschick, dass Tobriens Erbprinz so alt ist wie der Krieg, der unsere Länder heimsucht. Aber ich will schon dazu beitragen, dass der Knabe ihn überdauern und dereinst über ein freies Tobrien herrschen wird. Ob ich selber das noch erleben werde — wer weiß... Einer Sache aber bin ich gewiss, und das ist der Bund zwischen Tobrien und dem Kosch. Denn was durch Liebe und Freundschaft verbunden wurde, das kann auch der Krieg nimmermehr entzwein.“
Nach Berichten aus dem Gefolge Refardeons von Willbergen