Cantzler schließt Traviabund

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Ausgabe Nummer 25 - Peraine 1022 BF

Cantzler schließt Traviabund

Herr Duridan mit Burggrafen-Tochter verlobt

ANGBARGARETH. Zwei ehrwürdige Häuser aus dem Kosch und Garetien werden sich in Bälde durch einen Traviabund einander annähern. Im frühen Phexenmond schloß Reichs-Ritter Duridan von Sighelms Halm, Cantzler des Kosch und Seneschalk des Hauses Eberstamm, mit dem mächtigen Burggrafen und Kgl. Rat Oldebor von Weyringhaus zur Raulsmark einen Kontrakt über eine Verlobung mit dessen jüngster Tochter Ulinai.

Der Vater der Braut ist als kaiserlicher Vogt Verwalter der Hauptstadt des Reiches und zugleich Berater der Regentin des Königreiches Garetien, Ihrer Majestät Königin Rohaja. Er ist verheiratet mit Merisa von Weyringhaus-Rabenmund j.H., das Paar hat sechs Kinder und zwei Enkelkinder. Ulinai steht in der Erbfolge des Hauses an siebter Stelle; sie befindet sich derzeit in ihrem Abschlußjahr an der Kaiserlich Wehrheimer Akademie für Strategie und Taktik.

Herr Duridan ist das herausragendste Mitglied des Baronsgeschlechtes der von Sighelms Halm, das seinen Ursprung zweifelsfrei bis in die Zeit des nämlichen Kaisers zurückverfolgen kann, wiewohl er selbst — obgleich als Sohn eines Barons von Geistmark geboren — lediglich über den Titel eines Edlen und Reichs-Ritters verfügt. Er diente als Knappe des Großsiegelwahrers Graf von Falkenhag und hernach in der Reichs-Schatzkanzlei, bevor er von Seiner Durchlaucht mit der Leitung der Fürstlichen Kanzlei betraut wurde.

Herr Duridans beachtenswerte Karriere und der ehrwürdige Name des Hauses Sighelms Halm müssen dem Burggrafen wohlgefällig erschienen sein. Über besondere Reichtümer verfügt das Geschlecht nämlich nicht.

So kam es, daß der Cantzler, nachdem er Seine Durchlaucht zur Grablegung des Kaisers begleitet hatte, abermals beim Burggrafen Oldebor einkehrte. Ursprünglich, so ist zu hören, war wohl eine Eheschließung zwischen Ritter Duridan und Ulinais älterer Schwester Oninai beabsichtigt. Zu diesem Zweck saßen der Bräutigam und der Brautvater in der Bibliothek der burggräflichen Villa in Neu-Gareth beisammen. Nicht zuletzt dank der zielstrebigen Verhandlungsführung durch Oldebors Schwiegertochter Rhodena von Ruchin-Weyringhaus war man sich rasch über die wichtigsten Punkte einig.

Nur noch untergeordnete Fragen waren zu klären, als Ulinai den Raum betrat. Die junge Frau weilte in Gareth, um sich auf die anstehenden Prüfungen in Wehrheim vorzubereiten. So sprach sie beim Eintreten: „Verzeiht die Störung, Vater, ich brauche nur rasch jenes Buch über...“ — und an dieser Stelle geriet sie ins Stottern, kaum daß sie den Koscher gesehen hatte, errötete scheu und verstummte schließlich ganz. Ein höchst ungewöhnliches Verhalten, denn die Tochter des Burggrafen ist durchaus für ihren wachen Geist und ihre gewandte Rede bekannt. Auch der Kanzler soll dem Vernehmen nach in großes Erstaunen verfallen sein.

Einen kurzen Moment dauerte dies, dann fing sich Ulinai und griff nach dem gewünschten Buch. Doch statt sich zurückzuziehen, nahm sie in einem Sessel in der anderen Ecke des Raumes Platz. Von dort konnte sie den Baron im Auge behalten, und immer wieder wanderte ihr Blick tatsächlich über den Rand des Buches hinaus.

Dem Koscher ging es wohl ganz ähnlich, jedenfalls fiel es ihm immer schwerer, seine Gedanken auf den Vertrag zu richten, der da vor ihm lag. Zäh schleppten sich die Verhandlungen einige Zeit voran, der Burggraf bemerkte es mit einem leichten Stirnrunzeln.

Seine Schwiegertochter dagegen schaute mit feinem Schmunzeln vom Cantzler zu ihrer Schwägerin und wieder zurück. Dann griff sie zum Vertrag und sagte: „Mir scheint, Rahjas Hauch ist durch diesen Raum geweht, mein lieber Oldebor. Was sollen wir uns dagegen stemmen?“, und mit einem beherzten Federstrich ersetzte sie den Namen der älteren durch den der jüngeren Tochter.

Duridan und Ulinai sahen es mit erröten, aber glücklichen Gesichtern. Der Burggraf lächelte still in sich hinein, bevor er seinen zukünftigen Schwiegersohn mit gespielter Strenge anfuhr: „Seid Ihr nun wieder bei der Sache, Sighelms Halm? Dann können wir ja hoffentlich fortfahren.“ Tatsächlich waren alle noch offenen Fragen rasch gelöst. So konnte der Burggraf bald daran gehen, die Verlobten einander förmlich vorzustellen.

Die Heirat soll im Tsamond des kommenden Jahres stattfinden. Die Braut wird dann achtzehn Götterläufe alt sein, der Bräutigam 31. Das Paar wird seinen Wohnsitz im Fürstenschloß Thalessia nehmen, wo der Cantzler kraft seines Amtes residiert.

Die Muhme des Cantzlers, die traviageweihte Baronin Erma von Sighelms Halm, sah’s mit höchster Freude, daß nach der Heirat des Barons Kordan von Sighelms Halm nun auch der zweite ihrer Neffen den Traviabund schloß und der Fortbestand des alten Hauses ohne jeden Zweifel gesichert scheint.

Ortwil Balihoer