Das Hundtragen von Harben

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Ausgabe Nummer 15 - Phex 1019 BF

Das Hundtragen von Harben

Harben/Mgft. Windhag. Unlängst trug es sich in der rauhen Mark Windhag im sturmgeplagten Westen des Reiches zu, daß zwei Adelsmannen in gar harte Fehde gerieten, die einander bis dato als in Freundschaft zugetan galten - des Reichsbehüters Landfrieden zum Hohn!

Dort wo das unwirtliche Kreidezackenmassiv der Windhagberge in der Bunsenhöh‘ dacht, liegen seit Rauls Zeit zwei Burgen in grimmer Wacht über dem Schattengrundpaß - Silbergreif und Tiefenbrunn.

Nun aber hatte Mamertus, zu jener Zeit Kastellan von Burg Silbergreif, in seiner Herrin Namen — wohlgemerkt der erhabenen Frauen Ayla von Schattengrund Namen, Schwert der Schwerter auf der Löwenburg zu Perricum — Reitknechte seines Nachbarn, des streitbaren Ritters Degenhardt von Tiefenbrunn, arretieren und in den Hungerturm werfen lassen, die er trüglich für gemeine Strauchdiebe hielt.

Jener revanchierte sich nach seiner Art, indem er einen Holzsteg über einen gurgelnden Wasserriß ansägen und zum Einsturz bringen ließ — just in dem Moment, in dem die Chaise des Kastellans den Steg passierte. Nur mit Not und der Götter Hilfe konnte der Herr Mamertus gerettet werden.

Nun aber wurde dem erlauchtigsten Herrn Rateral Sanin XII, der das Marschallsamt zu Windhag ausübt, die Kunde von seinen streitbaren Vasallen zugetragen, worauf der Commandeur der ksl. Westflotte dieselben flugs an seinen Hof beorderte.

„Jener Schurke dort“, hob der Kastellan Mamertus mit bebender Stimme an, und wies auf seinen Antagonisten, „brach den Zwist vom Zaum. Den Zwölfen sei‘s gedankt, daß ich noch lebe!“ — „Schmachfug!“ zischte der Beschuldigte zornesrot, „kein Wort davon ist wahr!“ — „Schweigt stille!“ donnerte da der hohe Admiral dazwischen, „Strafe verdient Ihr, alle beide!“ Die Streitenden verstummten und blickten sich erschrocken an, als sie sahen, daß des Markgrafen Hand auf der „Inquisitorischen Halsgerichtsordnung“ ruhte, dem Strafgericht aus der Priesterkaiser Zeitalter.

„Das Hundtragen“, hob der Markgraf an, „war zur gewiß nicht zimperlichen Zeit der Priesterkaiser eine wohl eher milde Strafe. Mit eben jener sollt Ihr belegt sein, das Urteil mag zur morgigen Phexstunde vollstreckt werden!“

Schon früh am nächsten Morgen hatte sich, nachdem die Mär vom Hundtragen noch in der Nacht wie ein Lauffeuer durch alle Schenken und Tavernen der terassenartig angelegten Festungsstadt Harben gegangen war, allerlei und kopfreicher Pöbel vor dem Tor der Residenz eingefunden, um dem denkwürdigen Schauspiel beizuwohnen. Wie jauchzte und feixte die Masse, als sich das Tor öffnete und die beiden hohen Herren in ihren besten Praiostagswämsern heraustraten, jeder einen schmutzstarrenden Gassenköter auf dem Arm, den sie — gemäß dem Gesetz — eine Meile übers Land tragen mußten.

Freilich wußte der Pöbel über derlei Amüsement auf das Vortrefflichste zu spaßen und sparte nicht mit klugen Ratschlägen an die adeligen Delinquenten, denen es gar zu deutlich anzusehen war, daß sie manchem vorlauten Handwerksburschen oder Matrosenliebchen gern übers Lästermaul gefahren wären für den kecken Rat. Allein, sie durften ihre Köter nicht absetzten, ehe die Meile vollendet, und wurden daraufhin eskortiert von den Seesoldaten des Markgrafen.

Möge dies denkwürdige Ereignis zu Harben allen Schändern des Reichsfriedens zur Mahnung gereichen!

— Aus den Westlanden berichtete unser Correspondent Tiftal ui Stepahan.