Allwasserrat auf Thûrstein

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Ausgabe Nummer 35 - 1027 BF

Allwasserrat auf Thûrstein

Von Stapelrechten und den bösen Streichen Jasts

Im Phexmond des 33. Götterlaufs nach der Krönung S.A.M. des Kaisers luden Seine Durchlaucht Blasius vom Eberstamm, Fürst von Kosch, und Seine Hoheit Jast Gorsam vom Großen Fluß, Herzog der Nordmarken, ihre Vasallen sowie mancherlei Handelsvolk aus nah und fern zum Allwasserrat auf die Feste Thûrstein, gelegen in der Zwergenpforte am Großen Flusse, in der Baronie Drift.

Bereits im Vorfeld des Allwasserrates hatte der neu gegründete Albenhuser Bund, eine Händlervereinigung, die viele nahmhafte Handelshäuser nicht nur aus Fürsten- und Herzogentum zum Mitglied zählte, für Aufsehen gesorgt. Eine Händlervereinigung, welche auf ganzer Länge des Großen Flusses, über die Provinzgrenzen hinweg, zu agieren verstünde, war für viele der anwesenden Gäste ein Gedanke, welcher durchaus für merkliches Unbehagen sorgte. Beraten werden sollte über den Antrag ehrbarer Handelshäuser und Vertreter der Reichsstädte, eine neue Ordnung zu bestellen über Schiffahrt, Handel sowie die alten Zoll- und Stapelrechte, die Regelungen über Lotsendienst und Treidelwege entlang des Großen Flusses.

Vergnügt zeigten sich die Vertreter der Handelshäuser auf der Veste in der Zwergenpforte am Großen Fluß, und vieles wurde schon verhandelt, dem Herrn Phexe zum Wohlgefallen, noch ehe die Beratungen im Lande Seiner Durchlaucht, des Fürsten des Kosch, eröffnet worden wären.

Schließlich aber war die Stunde der Verhandlungen gekommen, und Herr Gorfang Reto vom Großen Fluß und von Brüllenbösen, Allwasservogt der Nordmarken und als solcher hier Vertreter des Herzogs, hieß die Gäste willkommen, eröffnete die Beratungen und übergab das Wort an Seine Durchlaucht, auf daß dieser gleichfalls seinen Segen gebe über die Versammlung und alle Beschlüsse, welche sie fällen mochte.

Doch schon nachdem der Albenhuser Bund seine Vorstellung beendet hatte und der Herr Connar Ongswin vom gleichnamigen Havener Handelshause begann, die Vorteile eines festen Handelsbundes aufzuzählen, welcher auch die Wasserwege sichere — vor gefürchteten Piraten wie namentlich dem Roten Jast, welcher vermehrt sein Unwesen treibe auf den Wassern des Großen Flusses — ergab sich die erste Mißstimmung. Die Handelsfrau Phexiane Engstrand, Tochter des bekannten Twergenhausener Kontorinhabers und kein Mitglied des Albenhuser Bundes, wollte nicht an die lauteren Motive des Bundes glauben, aus schierem Wunsch nach Sicherheit ein bewaffnetes Begleitschiff zu unterhalten, und befürchtete alsbald Übergriffe des Bundes auf freie Händler.

Der Rote Jast

Der Herr Ongswin stritt dieses voll Überzeugung ab, verwies auf die Vorzüge der jüngstens vom Stapel gelaufenen „Schwan von Albenhus“ und erbot dem Allwasservogt, alsgleich einen Beweis der Tüchtigkeit und Rechtschaffenheit der Besatzung des neuen Schiffes und seiner Besitzer zu erbringen. Auf sein Zeichen hin schleppten zwei Wachen einen gefesselten und geknebelten Gefangenen vor die Versammlung, der sich alsbald, seines Knebels ledig, über die rüde Behandlung beschwerte und keinesfalls versuchte, zu verhehlen, daß er der gefürchtete Rote Jast in eigner Person sei. Aufgegriffen hatte ihn die stolze „Schwan“ nach einer geglückten List flußabwärts der Zwergenpforte.

Der Bund hatte ein Schiff, vollbeladen mit Schätzen und wertvollem Handelsgut, ausgesandt und die „Schwan von Albenhus“, welche Geleitschutz geben sollte, mit einem fingierten Ruderschaden in der Stadt zurückgelassen. Prompt überfiel der wohlinformierte Pirat mit seiner Meute das Schiff, brachte Schätze und Güter an sich und machte sich mit seinem nunmehr tief im Wasser liegenden Kahn von dannen. Die „Schwan“ mit ihren Söldlingen unter dem Kommando von Branwin Zangmeister war es hernach ein Leichtes, das vollbeladene Schiff der Piraten zu kapern und die Besatzung dingfest zu machen.

Und so fragte Herr Ongswin nun an, wann denn das Kopfgeld auf den berüchtigten Flußpiraten ausgezahlt werde an den Albenhuser Bund. Wenig erfeut war er über die Rückfrage des Koscher Säckelmeisters Merwerd Stoia, wie es denn bestellt sei um das Beutegut der Piraten, welches der Bund doch gewiß zusammen mit den Gefangenen auszuliefern gedenke, stehe dies nach altem Recht doch dem Landesherren zu — einer Feststellung, welcher Seine Exzellenz, der Allwasservogt, gerne zustimmte. Gleichfalls, so fügte seine Exzellenz an, werde der Rote Jast in die Nordmarken überstellt, schließlich sei er auch auf nordmärker Gebiet gefaßt worden.

Von Stapelpflicht und Stapelrecht

Kaum war jenes geklärt, trug Gobrom zu Stippwitz, Abgesandter jenes berühmten koscher Handelshauses, jenen Punkt vor, welcher von Reichsstädten und Handelsbund zuhöchst begehrt wurde: um die Neuordnung der Stapelrechte sollte verhandelt werden.

Zuhöchst eloquent rechnete der Koscher Herr vor, wie sehr sich Ware aus Ferdok auf dem Wege nach Elenvina verteuert habe durch den Zwang, in jeder Niederlassung mit Stapelrecht anzulegen, auszuladen und die Ware dorten zum Kaufe anzubieten. Abhilfe schüfe hier, so führte er aus, der Abbau unnötiger und veralteter Stapelrechte in einigen Orten, fürnehmlich in Farnau in Moorbrück, dem Hungersteg in Weidleth, der Zollstation an der Grötzbrücke in Fuchsgau, Taindoch in der Baronie Kyndoch, Turehall in Eisenhuett und Klippag in den gleichnamigen Ratslanden.

Keinerlei Zustimmung fand dieser Vorschlag unter den Lehnsherren der betroffenen Güter, doch um so lauter sprachen die städtischen Händler und auch mancherlei Adlige, dessen Lehen an Reichs- oder Herzogenstraße grenzt, vom Vorteile solcherlei Vorgehens. Der Einwurf Praiodan Ehrwalds vom Elenviner Kontor gleichen Namens, ersatzweise auf ausländische Schiffe höhere Gebühr und Zoll zu legen, ließ nicht nur das Gemüt des thorwalschen Kauffahrers Olvir Hardredsons aufkochen. Rasch wurde es laut im Saale, was dem Herrn Stippwitz wenig gefiel, der daraufhin sich mühte, zu versichern, daß ein Strafzoll selbstredend keine Forderung des Albenhuser Bundes sei.

Als es der Hauptfrau der Thûrstein schließlich gelang, wieder Ruhe in der Versammlung zu schaffen, verkündete Seine Durchlaucht, das Stapelrecht in Moorbrück zu überprüfen und dessen Aufhebung wohl zu bedenken. Seine Exzellenz Gorfang Reto vom Großen Fluß aber versprach, ob des Stapelrechtes in Fuchsgau und in Weidleth eine Eingabe an den Reichserzkanzler zu schreiben und zu veranlassen, daß jenes in Turehall und Taindoch neu geprüft werde.

Von Weg und Treidelpfad entlang des Großen Flusses

Die beiden Herren Stover Siebenfeld vom Elenviner Handelshaus gleichen Namens, ein erbitterter Konkurrent zum Hause Engstrand, und Herr Phexhold Markwardt, vom in Twergenhausen ansässigen Kontore, welches sich insbesondere im Koschhandel einen Namen machte, brachten danach demütig den nächsten Punkt der Verhandlung zur Sprache. Wie es mit den Treidelpfaden entlang des Flußlaufes bestellt sei, erklärten sie, und auch, daß es zwischen Elenvina und Albenhus keinen durchgehenden Pfad gebe, was die Fahrt flußaufwärts über Gebühr verlangsame und verteuere. Dringend vonnöten sei die Instandhaltung vorhandener Wege und der Ausbau eines durchgehenden Pfades am Großen Fluß. Zudem sei es angelegen, die Treidelei von Menschen- auf Pferdekraft umzustellen, was ein schnelleres Fortkommen bedeute. Erstaunlich wenig Gegenrede gab es auf ihre Worte, wohl bedachten mancherlei Adlige dieses leidige Thema als von zu geringem Belang, um es auch nur eines Wortes zu würdigen — was bedeuten schließlich ein paar Dörfer am Fluß, deren Bewohner sich von der Treidelei ernähren, und was denkt sich der Handelsmann, der den Unterhalt des Treidelweges aus der Schatulle des adligen Landherrn verlanget?

Vertagt wurde dieser Punkt, obgleich der Herr Siebenfeld daraufhin aussah, als habe er in einen grünen, sauren Apfel gebissen.

Kontore und Stationen

Gefahrvoll, so erzählten es die Händler des Bundes, sei die Reise auf dem Flusse, insbesondere für einen ungerüsteten Handelsmann, wie schon das Beispiel des Roten Jast zeige. Vor allem das abendliche Lager außerhalb einer festen Anlegestelle locke Diebsgesindel und jede nur denkbare Ungemach an.

Darob wolle der Bund eine Kette von Stationen entlang des Großen Flusses auf- und ausbauen, auf daß der Handel alsbald schneller und sicherer vonstatten gehe. Gerade der Wedengraben firunwärts des Eisenwaldes sei eine üble Strecke für behäbige Kauffahrer und oftmals würden die wohlbeladnen Schiffe dort Raub eines Flußpiraten. Söldner, so sprach der Herr Siebenfeld, wolle der Albenhuser Bund anheuern, um seine Handelsstationen zu schützen vor dem Übergriff von plünderndem Räubervolke.

Verständlicherweise stieß dieses Ansinnen auf wenig Gegenliebe bei den Landherren, die keine fremden Bewaffneten in ihrem Lehen dulden wollten. Laut priesen die Händler die Vorteile ihrer Wächter, entschlossen hielten die adligen Herrn und Damen dagegen, und schier kein Ende finden wollten die Streitgespräche.

Diese wiederum wollten dem Gemüt Seiner Durchlaucht nicht allzulange behagen, und so gebot er zusammen mit Allwasservogt Gorfang Reto vom Großen Fluß einen Kompromiß: Bewacht werden sollten die Handelsstationen, wie vom Albenhuser Bund gewünscht — doch von Bütteln des Fürsten und des Herzogs. Ein neues Banner Flußgarde solle ausgehoben werden, sowie Koscher Garde, wie‘s dem Ferdoker Grafen Growin und Seiner Durchlaucht gut dünke, doch bezahlen sollte für diese Streiter der Bund.

Mit diesem weisen Beschlusse fand der Allwasserrat in diesem Götterlaufe sein Ende. Doch noch wird es dauern, bis alle Beschlüsse wahr geworden, alle Stationen gebaut und wahrhaftig Treidelwege entlang des alten Stromes geschaffen sind.

Möge der Herr Efferd auch künftig gnädig auf jene herabsehen, deren Lebensader der Große Fluß ist, und der Flußvater weiterhin all die behäbigen Handelskähne und schnellen Flußgaleeren auf seinem breiten Rücken tragen.

Alara Togelstein-Horning