Festfreuden auf der Thalessia
◅ | Ein frohes Fest zum 50. Tsatag |
|
Vom Zielen auf Schild und Scheibe | ▻ |
Festfreuden auf der Thalessia
Wie sich der Adel am Fürstengeburtstag vergnügte
ANGBAR, Peraine 1044 BF. Am Abend vor Fürst Ansholds Tsatag erstrahlte Schloss Thalessia im Zeichen eines großen Festballs. Neben dem Tanzen kamen auch Gesang, Spiel und natürlich Speis und Trank nicht zu kurz. Selbst für Politik war am Rande Platz. Und wie immer bot sich beim Feiern beste Gelegenheit, neue Bande zwischen den Häusern wie den Provinzen zu knüpfen.
Zu Beginn empfing der Fürst die Grüße von Gesandschaften aus der Fremde. Die Kaiserin selbst ließ gratulieren, daneben auch die Herzogin von Weiden, der Markgraf der Rabenmark und natürlich auch die Markgräfin von Greifenfurt, die Schwägerin des Fürsten. Aus den Nordmarken kamen Glückwünsche des Landgrafen von Gratenfels und der Gräfin von Albenhus sowie des Grafen von Isenhag, Ghambir Sohn des Gruin, dessen Gesandte einen Prunkhelm und ein Kettenhemd aus Toschkril überreichten und die Freundschaft zwischen Menschen und Angroschim betonten. Aus Garetien waren zwei Gesandschaften angereist, kurioserweise beide aus der Grafschaft Waldstein. Die Baronin von Osenbrück brachte Grüße ihrer Gräfin Alechandriel Quellentanz, der Baron von Schwanenbruch die Glückwünsche des gräflichen Seneschalls Coswin von Streitzig. Der Fürst hieß beide gleich herzlich willkommen. Im Namen ihres Gatten, des Grafen Odilbert von Hartsteen, sprach Niope vom See vor, und Graf Ingramm von Schlund sandte seine besten Wünsche über seine Nichte Okoscha, die Verlobte Growins von Ferdok.
Die Zwergenrüstung war nicht die einzige Gabe, die Fürst Anshold erhielt. Manch einer bevorzugte es, sein Geschenk im Stillen den Bediensteten zu überreichen, andere taten es vor der versammelten Menge. Das Haus Nadoret hatte keine Kosten gescheut, um aus der tiefen Wüste Khom ein echtes Dromedar für die fürstliche Menagerie zu beschaffen. Ritter Edelfried von Butterbös ließ ein Rad seines neu kreierten Apfelwieser Butterkäses in den Königssaal rollen. Die Dame Nadane von Waldmarkt-Tandosch aus dem Gefolge des Herzogs der Nordmarken präsentierte dem sichtlich begeisterten Fürsten einen vorzüglich ausgebildeten Milan aus ihrer Falknerei. Der Herzog selbst hatte mehrere Fässer almadanischen Weins aus der Heimat seiner Gattin mitgebracht, die das Fest versüßten – wenigstens jenen, die nicht stur an ihren Bierhumpen festhielten.
Endlich konnte der Ball beginnen! Der Tanz ist doch eigentlich das Herz eines solchen Festes. Ob würdevoller Schreittanz oder hüpfender Reigen: Er bringt Mann und Frau, Jung und Alt, ja selbst Freund und Feind zusammen. So sah man den Alttreuen Hakan von Nadoret in der Kuslikella fröhlich um Dariana von Albersrode wirbeln, ihres Zeichens Vertraute des Grafen Growin …
Besonders freudig auf die Eröffnung des Parketts gewartet hatten gewiss die Debütantinnen und Debütanten, die zum ersten Mal an einem fürstlichen Fest teilnehmen durften. Darunter befanden sich Hildelind von Rabenmund-Falkenhag, Enkelin von Truchsess Voltan, und Cella von Treublatt, deren (außerehelicher) Vater ein Sohn Kaiser Bardos war.
Wo junge Burschen und Maiden sich treffen, sind auch immer Väter und Mütter nicht fern, die Ausschau halten nach einer guten Partie für ihren Nachwuchs. So sprach mich der Vogt der Gratenfelser Baronie Schwertleihe, Herr Ulfing von Storchenflug, ohne Umschweife darauf an, dass sein Sohn wie sein Bruder noch ledig seien und ob ich ihm den einen oder andern Fingerzeig geben könnte. Ich hieße nicht von Cellastein, wenn ich ihm nicht gerne behilflich gewesen wäre. Manche Kandidaten machten von selbst auf sich aufmerksam. Brinessa von Garnelhaun war jederzeit von einem Rudel Verehrer umgeben, und Ungolf von Plötzbogen folgten schmachtende Blicke auf Schritt und Tritt. Niam von Grimsau unterhielt eine Schar junger Recken durch einen endlosen Strom frecher Geschichten und Zoten, und Halmbart von Herbonia rührte manches Damenherz durch die Liebeslieder, die er auf der Bühne des Fürstlichen Lustspiels vortrug.
Die Konkurrenz dort war allerdings groß. Derwart von Ödenhof ließ sein alveranisches Timbre in Heimatliedern erklingen, die Knappin Hermeline von Stielzbruk stimmte Gesänge aus dem Aldifreid-Zyklus an. Niemand ließ sich die Darbietungen der Publikumslieblinge Wolfhardt von der Wiesen und der Helden der Angbarer Puppenbühne entgehen – doch am allermeisten Beifall erhielt das Duett von Hesine Idamilia vom Eberstamm mit ihrer Mutter Sephira vom See. Als die Diener die Lichter der Bühne schon zu löschen begonnen hatten, gab es noch eine überraschende Zugabe: Niam von Grimsau, vom guten almadanischen Wein befeuert, gab laut und leidenschaftlich Söldnerlieder zum Besten.
Zur Rahjasstunde begann sich das Fest zu verlaufen. Wer am folgenden Tag einen Wettkampf zu bestreiten hatte, begab sich zu Bett, andere verteilten sich in kleinen Grüppchen in die verschiedenen Säle oder zogen sich zu zweit in den Fürstengarten zurück. Eine bunt gemischte Runde der aus der Tjoste Ausgeschiedenen kam in der Schlossküche zusammen und sang bis in die frühen Morgenstunden Lagerfeuerlieder. Prinz Edelbrecht sammelte die anwesenden Falkenritter im leeren Lustspiel um sich. Das Fürstenpaar ließ sich mit einigen Mitgliedern der Gesellschaft der 42 und des Keilerordens in der Keilerstube nieder, um das sogenannte Perainsgartner Kleeblatt, ein Körbchen mit vier Brandspezialitäten und Geschenk des Junkers von Perainsgarten, zu verköstigen. Bei Sonnenaufgang versammelten sich die letzten verbliebenen Feiergäste noch einmal im Hof, um die Mauern der Thalessia mit einem dreifachen „Es lebe Fürst Anshold!“ zum Erzittern zu bringen.