Das größte Bierfaß Deres

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Ausgabe Nummer 31 - 1024 BF

Das größte Bierfaß Deres

Aufrecht gesinnte Koscher eifern Garetiens Adel nach

BORRELING/BAR. FÜRSTENHORT. Dann und wann hatten sie schon verwundert den Kopf geschüttelt, die Nachbarn von Meister Tiftusch Wackerstrunk aus dem schetzeneckschen Weiler Borreling, wenn dieser wieder einmal brummelnd durch seinen Garten schritt und mit Unsichtbaren in lebhafte Diskussionen vertieft schien.

Denn etwas eigenartig war Väterchen Tiftusch fürbaß, pflegte manche seltsame Sitte (wie daß er sich nicht in ein Stofftuch, sondern stets in frisches Fanrblatt schneuzte) und war schon Vater einiger absonderlicher Ideen gewesen. Doch war Meister Tiftusch als bester Zimmersmann der ganzen Werkschaft1 bekannt, und kauzig ist mancher im Schetzeneck.

Jüngst jedoch vernahmen die Dörfler schon in der Früh eifriges Hämmern bei Wackerstrunk, und siehe: Anstelle des kniehohen Zaunes, der bisher Blumen- und Gemüsegarten Wackerstrunk von denen seiner Nachbarn geschieden hatte, erhob sich innert zweier Tage eine Bretterwand rings um das Tischlerhaus, über das selbst die lange Alvide nicht schauen konnte. Nur hören konnte man, wie Meister Tiftusch eifrig werkelte. Da staunten die Borrelinger doch sehr, und nicht lange, daß einige von ihnen zur Dorfältesten gingen: Was denn mit einem Male in den Zwergen gefahren sei? Das sei doch wohl nicht koscher und nach der Altvorderen Sitte, was er da treibe.

Die Älteste, gleich dem Meister Tiftusch aus dem Hügelvolk, hörte die Klagen ruhig an, zog genüßlich an ihrer Tabakspfeife und versprach, sie wolle die Sache ergründen. Dann ging sie hin und sprach: „Tiftusch, Truboschs Sohn, was schaffst du so fleißig Tag und Nacht?“ Dieser aber bat die Älteste nicht einmal herein in seine Stube, sondern beschied sie kurz auf der Schwelle: So dies und das tue er, ein Werk eben, nichts von Bedeutung, sie möge entschuldigen, die Arbeit warte.

Das aber stimmte die Borrelinger nicht recht zufrieden, zumal der Wackerstrunk — so hieß es — jüngst gar einmal bei der Herrschaft vorgesprochen hatte. Der einzige aber, der von dem geheimnisvollen Tun mehr zu wissen schien, war der Rollkutscher Anghalm Rotkoller, der sonst Fuhren nach Koschtal und Ferdok gar machte, und nun als einziger beim Meister Wackerstrunk ein- und ausgehen durfte. Der Rotkoller aber schwieg wie Tiefengestein.

Bald einen Götternamen stand der Zaun, da saß das Jungvolk des Dorfes beim Bier zusammen und rätselte wieder einmal, was sich dahinter verbergen mochte. Endlich faßte sich einer von ihnen, der Novize des Peraine-Schreines, ein Herz, und ging zum Rotkoller-Haus.

„Ei, Frau Meisterin“, sprach er listig zur Frau des Kutschers, der eben wieder eine Fuhre machte. „Voll Achtung ist man im Dorf: Euer Mann muss viele Eber in seiner Börse tragen und Ihr allezeit gute Butter und Honig im Hause haben, so häufig wie er Fuhren macht und obendrein noch mit dem Tischler Wackerstrunk schafft.“

„Ach, wenn’s nur so wäre“, antwortete die brave Frau. „Doch schaffen mein Anghalm und der Wackerstrunk nichts Rechtes, sondern hecken nur Schmachfug auf, wie der Rabbatzmann in der Rondrahitze. Denkt Euch: Kaum daß sie hörten, daß die Edelleute im Garetischen wegen der Trollpforten-Schlacht den größten Tempel Deres errichten wollen, beschlossen sie, daß er Kosch das größte Bierfaß aller Zeiten brauche.“

Da staunte der Peraine-Novize sehr, und mußte erst rasch einen ganzen Bierschank hinunterstürzen, bevor er das Gehörte erzählen konnte. Am nächsten Tag aber war die Nachricht in aller Munde, und bald auch über Borreling hinaus.

Stitus Fegerson

1 - Werkschaft: Gleich den mächtigen Zünften, in denen sich die Handwerker der Städte zusammengeschlossen haben, sind die Meister in den Dörfern und Weilern auf dem Lande in einer vereint. Während aber zum Beispiel im Wengenholmschen die Holzfäller jeder einzelnen Baronie eine eigene Werkschaft bilden, haben sich die Heiler, Wundschere und Schnapsbrenner zu einer einzigen zusammengeschlossen, da’s ihrer so wenige sind in der ganzen Grafschaft.