Name gefunden, Rätsel bleiben

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Ausgabe Nummer 82 - Phex 1047 BF

Name gefunden, Rätsel bleiben

Bedenkliches vom Hesindekonvent in Salmingen

SALMINGEN, Phex 1047 BF. Der Hesindekonvent hat die dunkle Jahreszeit genutzt, um ausgiebig zu studieren und zu debattieren, was es mit dem prophezeiten Kind der Hesinde und seiner Zukunft auf sich hat. Auch die schärfsten Geister stimmen nicht immer überein, aber immerhin hat man sich auf einen Namen geeinigt. Unterdessen mehren sich in Salmingen düstere Vorzeichen.

Seit Anfang des Jahres eine Gesandtschaft des Haupttempels zu Kuslik eingetroffen ist, hat sich in Salmingen ein regelrechter Hesindekonvent gebildet. Selbstverständlich sind die Tempel von Angbar und Ferdok vertreten, doch auch aus Almada und den Nordmarken sind Geweihte eingetroffen. Sogar der Pentagontempel zu Gareth hat eine Delegation gesandt, auch wenn sie nur aus einem Geweihten mit einem Novizen und zwei Dienern besteht. Hinter der Hand wird gemunkelt, man nehme die Angelegenheit in der Kaiserstadt bislang als „ein Provinzproblem“ wahr. Immerhin bringt sich seine Gnaden Ingalvus Mallorn bereits ausgiebig in die Diskussionen ein. Vorschläge, wie man das Hesindekind – ein Mädchen, wie unterdessen bekannt wurde – nennen solle, gab es zahllose. Fast jeder Heilige, jeder Alveraniar, jede historische Kirchengröße hatte einen Verfechter. Dennoch fiel es dem Konvent überraschend leicht, sich auf den Namen zu einigen, den Seine Gnaden Halmdahl von der Wiesen mit Gefährten als Entdecker des Kindleins bevorzugte: Pergrima – nach dem legendären Fürsten Pergrim dem Erkunder (um 600 v. BF), dessen hesindegefälliger Lebensweg in denselben Bergen geendet haben soll, in denen das Mädchen geboren wurde.

Mit Recht möchten die Leserinnen und Leser des KOSCH-KURIER möglichst alles über das geheimnisvolle Kind erfahren. Mit noch größerem Recht aber halten die Geweihten der Hesinde Wissen geheim, das in den falschen Händen Schaden anrichten könnte. Einige Erkenntnisse wurden uns immerhin durch Hochwürden Sephira Birninger zum Druck anvertraut. Forschungen in alten Schriften haben ergeben, dass die Geburt der kleinen Pergrima in früheren Zeiten schon mehrmals angekündigt wurde. So erhielt der legendäre Held Fendral der Flinke (ca. 400 BF) von einer Sphinx die Prophezeiung eines Kindes, das „von Hesind zum Höchsten erkoren“ werde.

Wichtiger als die Recherche in Bibliotheken ist freilich die Untersuchung des Neugeborenen selbst. Sie zeigte, dass das Kind rein menschlicher Abkunft ist und nicht etwa das Erbe eines Alveraniars oder gar der Göttin selbst in sich trägt. Über die Eltern konnte Hochwürden uns nicht sagen, doch deute der dunkle Hautton auf mindestens ein südländisches Elternteil hin. Das Mädchen besitze ein starkes astrales Muster, was bei einer gerade mal Einjährigen nicht weniger als sensationell sei. Dabei weise dieses Muster einige „stark idiosynkratische Variationen und Perturbationen“ auf, wie sich Hochwürden ausdrückte, also ungewöhnliche Eigenheiten, wie sie für uns Laien nachschob.

Diese Eigenheiten waren denn auch das am heftigsten diskutierte Thema der vergangenen Monde: Wie sie entstanden sind, welchen magischen Aspekten sie zuzuordnen sind, welche Entwicklung sie vermuten lassen und was all dies für den Umgang mit dem Mädchen bedeutet. Wird es als normales Kind aufwachsen oder rasant erwachsen werden? Sollte man es bereits jetzt zaubern lehren oder wird es gar keinen Unterricht brauchen? Aber auch über das korrekte Vorgehen in der Forschung wird gestritten: Müssen die Antworten in Experimenten, im Schriftstudium oder gar im Gebet gefunden werden? Geradezu harmlos im Vergleich dazu ist die Debatte, ob das Kind einen Nachnamen bekommen soll und welchen (auch hier herrscht an Vorschlägen kein Mangel).

Neue Dringlichkeit erhielt dagegen die Frage, ob die kleine Pergrima in Salmingen am richtigen Ort ist. Mitte Tsa fanden sich Hinweise, dass sich Unbekannte mehrmals heimlich Zugang zu den Räumen der Kusliker Gesandtschaft verschafft hatten, und Anfang Phex wurden auf dem Dach des Hesindetempels zwei vermummte Gestalten gesehen. Eine Tempeldienerin berichtete zudem, dass eine „offensichtlich außerkoschere Dame, gewiss eine Hexe“ versucht habe, sie in der Taverne Alchimistenstube betrunken zu machen und auszufragen. Erzmagisterin Gyldurine Thirindar, die Anführerin der Kusliker Delegation, bot darauf an, das Kind schnellstmöglich in ihren besser geschützten Heimattempel zu bringen, wogegen sich die Koscher Geweihtenschaft weiterhin sträubt. Zudem sprach sogleich Seine Gnaden Mallorn eine Einladung nach Gareth aus, sodass auch hier mit langwierigen Diskussionen zu rechnen ist – wenn nicht dunkle Mächte plötzlich ein Handeln erzwingen!

Stordian Mönchlinger

Der Vater der kleinen Pergrima ist kein anderer als Fürst Pergrim der Erkunder. Er geriet bei der Ersteigung jenes Berges, den die Zwerge „Zahn der Zeit“ nennen, erst in einen Schneesturm und dann in eine Zeitanomalie, die dort seit Äonen immer wieder Wesen in die Zukunft versetzt. Pergrim erschien im Jahr 1046 BF, fast zeitgleich mit einer jungen Frau, die sich in der Ära Pyrdacors vor echsischen Sklavenjägern auf den Berg geflüchtet hatte. Gefangen auf der eingeschneiten Bergspitze, kamen sich die beiden näher und zeugten das Hesindekind. Der Fürst verstarb kurz darauf, Mutter und Kind aber wurden von der Expedition Halmdahls von der Wiesen gerettet. Diese Ereignisse sowie die Existenz der Mutter werden von der Hesindekirche bis auf Weiteres geheimgehalten. Die Suche nach dem Hesindekind war die Handlung des Kanzlerabenteuers am Koscher Kaminstübchen 2024.