Des Ebers dünner Stamm
Des Ebers dünner Stamm
Die Erbfolge im Fürstenhaus
Das schwarze Erbe Porquids von Ferdok wirkt noch immer nach, wie altes Gift in den Adern des Fürstenhauses. Als er 915 BF beim „Saustechen“ auf Burg Fürstenhort nahezu alle Mitglieder des uralten Hauses Eberstamm tötete, versetzte er ihm einen Stoß, von dem es sich bis heute nicht erholen konnte. Zwar vermochte es das Geschlecht, in Holdwin vom Eberstamm, dem späteren Fürsten, fortzubestehen und in seinen Kindern und Enkeln neue Knospen zu treiben, doch bleibt ein Stamm nach so wenigen Generationen noch immer recht dünn und verwundbar. Und dies umso mehr, als die heutige Generation von Kinderlosigkeit befallen zu sein scheint, wie von einem Fluch. Gar mancher Zweig ist unverheiratet geblieben, andere wurden von Tsa bislang wenig gesegnet. Ein Blick auf die Liste der Erben des Fürstenthrones offenbart die bittere und Besorgnis erregende Wahrheit.
1. Anshold vom Eberstamm: Mittlerweile 37-jähriger Erbprinz des Kosch und lange Hoffnungsträger des Fortbestandes. Doch sein einziger Sohn Holduin Hal wurde noch als Säugling 1027 BF ein Opfer des Alagrimm, und das Prinzenpaar blieb seither – wie es heißt aus Kummer – ohne weiteren Nachkommen, ein Mangel, der angesichts der Entführung des Erbprinzen besonders deutlich wird und eine offene Wunde ins Koscher Herz reißt.
2. Edelbrecht vom Eberstamm: Seit seiner Vermählung mit der Markgräfin Irmenella von Greifenfurt in unserer Nachbarprovinz gebunden. Gemäß dem Ehevertrag wäre sein Zweitgeborener für den Koscher Thron erbberechtigt. Allein, dem Paar war bislang nur ein einziges Kind vergönnt, Ulfried Halmdahl von Wertlingen, welcher dereinst den Greifenfurter Thron besteigen wird. Der seit Jahren labile Gesundheitszustend der schönen Markgräfin lässt derzeit leider nicht auf weiteren Nachwuchs hoffen.
Thalia von Eberstamm-Weidenhag. Die ältere Schwester des Fürsten hat auf ihr Erbrecht verzichtet, was sich nach geltendem Recht auch auf ihre Kinder (also auf ihren einzig lebenden Sohn Harrad) überträgt. Es ist mittlerweile ein offenes Geheimnis, dass ihre Eltern, vor allem die Fürstenmutter Thalessia, ihre Tochter einst zum Thronverzicht gedrängt hatten, nachdem sie ein Kind von einem nicht standesgemäßen einfachen Edlen erwartete. Andernfalls säße nun eine Fürstin Thalia auf dem Koscher Thron, anstatt als Reichsschatzmeisterin am Kaiserhof zu dienen. Spekulationen, dass die Fürstenmutter diese harte Entscheidung mittlerweile bereut, sind müßig, und angesichts dessen, dass Mutter und Tochter seither kein Wort mehr gewechselt haben sollen, auch unwahrscheinlich. Ebenso abwegig erscheint eine Wiedereinsetzung der Tochter und ihres Sohnes in die Thronfolge – in welcher sie an 3. und 4. Stelle stünden.
Ebenfalls spekulativ ist eine Anerkennung der Tochter der Hesindegeweihten Sephira vom See als Kind des jüngsten Fürstensohnes Idamil. Prinz Idamil verstarb bekanntermaßen bei der „Schlacht in den Wolken“ zu Gareth. Bislang sind die Gerüchte unbestätigt geblieben, dass Sephira die Verlobte Idamils gewesen sein soll – oder ihn gar noch kurz vor seinem Tod geehelicht hat. Auch die Abkunft der Tochter der Geweihten von Idamil ist unbewiesen. Wo sich Sephira und ihre Tochter derzeit aufhalten, ist ebenfalls unbekannt und angesichts dessen, dass man ihr Erbrecht – so es denn bestünde – erst nachträglich legitimieren müsste, auch einigermaßen unerheblich.
Somit verbleiben die Plätze anderen ho-hen Herrschaften:
3. Jarlak von Ehrenstein: Über den Fürstenbruder Geldor und dessen Tochter Efferdane ist der Erbprinz von Tobrien mit dem Fürstenhaus verwandt. Indes ist es wenig wahrscheinlich, dass Prinz Jarlak – derzeit Knappe am Hof der Kaiserin – dereinst sein Koscher Erbe antreten würde. Sein Haupterbe ist und bleibt das Herzogtum Tobrien.
4. Voltan von Falkenhag: Der Truchsess des Grafen der Hügellande und Magus ist als ältester lebender Sohn der Fürstentante Praiodane erbberechtigt – wenngleich die Vorstellung, dass ein Magier den Fürstenthron besteigen würde, vielen Koschern Unbehagen bereiten dürfte. Zumal das Haus Falkenhag durch die Unterstützung des Thronräubers Answin von Rabenmund durch Voltans Bruder Graf Orsino von Falkenhag einiges von seinem guten Ruf eingebüßt hat.
5. Bohemund von Falkenhag: Sohn von Voltan, seine Mutter indes war nicht adelig – was sein Anrecht anfechtbar macht. Verheiratet ist Bohemund mit Lefke von Rabenmund, einer Tochter der einstigen darpatischen Fürstin Hildelind von Rabenmund, die an der Seite ihres Bruders Answin focht...
6. Hildelind Elida von Rabenmund-Falkenhag Kindliche Tochter von Voltan und Lefke.
7. Ardo vom Eberstamm zu Ochsenblut 56-jähriger Burggraf von Ochsenblut in Garetien. Er und seine Kinder wären wohl die ersten nach den Söhnen des Fürsten, die einigermaßen unangezweifelte Anerkennung als Thronerben erführen. Wollen wir hoffen, dass diese Vermutung nicht auf die Probe gestellt werden muss. Ansonsten kämen auf den Kosch unruhige und vielleicht gar kriegerische Zeiten zu. Man denke nur an die Kaiserlichen Geschwister, die beide den Kaiserthron beanspruchen – und somit möglicherweise auch einen
„eigenen Fürsten des Kosch“ ernennen könnten (wenngleich freilich die Wahl der Kaiserin Rohaja für reine Herzen die einzig wahre sein würde).
Lange blieb das Problem der Kinderlosigkeit unerkannt. Umso deutlicher wird es uns nun durch die Entführung des Erbprinzlichen Paares vor Augen geführt.