Das Ende des Hauses Eberstamm?

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Ausgabe Nummer 47 - Tsa 1031 BF

Das Ende des Hauses Eberstamm?

Erbprinzliches Paar entführt - Fürst in Verzweiflung


Wohlgemeint war der Aufruf der Fürstenmutter an ihrem 90. Tsatag, als sie Angroschim und Menschen guten Herzens und ohne Tadel dazu aufrief, ihrem Enkel, dem Erbprinzen Anshold vom Eberstamm, und seiner Gemahlin Nadyana von Wengenholm, gute Raschläge zu überbringen, mit denen sie die Jahre der Kinderlosigkeit überwinden sollten. Doch dem tausendjährigen Fürstenhaus wurde kein neuer Spross geschenkt, keine neue Hoffnung auf Fortbestand gesichert – stattdessen wurde ihm der wichtigste Spross geraubt und die Hoffnung zerstört. Doch lest selbst die erschütternde Kunde...


Unruhige Tage auf Erlenschloss

Ruhig und beschaulich am Ufer des klaren Erlensees, von Efeuer umrankt, von mächtigen Bäumen umgeben, liegt seit Alters her der Sitz der koscher Erbprinzen. In dieser märchenhaften Umgebung bereiten sich die jeweils ältesten Sprösslinge des Hauses Eberstamm auf ihre künftige Aufgabe als Fürst vor, erlernen die ritterlichen Tugenden Baduars, die Etikette und Staatskunst, und gründen dort – fernab vom Trubel des einen Tagesritt entfernten Angbar – zumeist auch getreulich ihre eigene Familie, so dass auch der eigene älteste Spross diese Tradition dereinst fort- führen mag. So ist das Erlenschloss auch dem derzeitigen Erbprinzen Anshold schon seit den Tagen seiner Kindheit eine gute und sichere Heimstatt – ein Ort, an dem er seiner Leidenschaft, der Aufzucht exotischer Tiere und Kreaturen, zu frönen vermag, und an dem er nicht zuletzt die Ruhe schätzt.

Mit dieser Ruhe war es indes im Traviamond dieses Jahres vorbei. Nur zu gerne warendie Koscher und all die übrigen Freunde des Fürstenhauses dem Aufruf der Fürstenmutter Thalessia gefolgt, die an ihrem 90. Tsatag doch bitter klagte, dass ihr Enkel und seine Gemahlin Nadyana seit dem Tod ihres Sohnes Holduin Hal bis heute kinderlos geblieben waren. Nun strömten aus allen Winkeln treue Vasallen und wackere Recken, aber auch zwielichtige Gestalten heran, um dem Erbprinzenpaar gute Ratschläge zu geben, wie man die Kinderlosigkeit überwinden könne. Die Hellebardiere der Leibwache hatten alle Händevoll zu tun, um die Schar wenigstens halbwegs zu lenken, auf den Pfaden des Grundstückes zu halten, die mitgeführten Waffen zu sammeln, allzu düstere Leute abzuweisen und die übrigen zu einer geduldig wartenden Schlange zu formen.


Der Aufmarsch der Ratgeber

So begann die Audienz schon am frühen Morgen des 11. Travia. Das Erbprinzliche Paar hatte es sich auf zwei Sesseln im Jagdsaal leidlich bequem gemacht und ließ die angereisten Ratgeber wohlwollend einzeln aufrufen. Jene von Stand freilich zuerst, sodass zunächst der Adel und dann die Geweihten vorgelassen wurden, anschließend die Angroschim, Bürger, Magier und Gemeinen. Ei, welch tsabunte Vielfalt an klugen wie kuriosen Rezepten man doch im Lande ersonnen hat, um einem Paar den Kindersegen zu bescheren. Nur eine Auswahl vermögen wir in gebotener Kürze zu erwähnen:

Das als kinderreich gerühmte Baronshaus Garnelhaun hatte dem Prinzenpaar einen Satz neuer Bettwäsche aus feinsten Daunen, bestickt mit den Symbolen Rahjas und Tsas, gesandt. Reichsvogt Bosper zu Stippwitz überreichte im Namen der Bürger der Reichsstadt Angbar ein hübsch geflochtenes neues Storchennest für den Kamin des Erlenschlosses. Elida aus Gôrmel, gleichsam die bedeutendste Tsa-Geweihte des Kosch, spendete ihren Segen.

Der Salminger Hesindegeweihte Halmdahl von der Wiesen – ein jüngerer Bruder des weithin bekannten Barons Wolfhardt – gab dem Paar gar ein Beutelchen mit bunt schillerndem Staub, der von Tsas heiliger Kreide stamme, die in Punin verwahrt werde. Prinzessin Nadyana ließ es sich nicht nehmen das kostbare Beutelchen selbst zu verwahren. Die Zwergensippe Dreizopf überbrachte den, offenbar fleißig getragenen, Lendenwärmer ihres Großvaters Gorgin, den man den „Kinderreichen“ nannte, weil er Vierlinge gezeugt hatte. Ulwide Bocksbart, Sendrin vom Adlergang, kam gleich mitsamt ihrer gesamten vielköpfigen Kinderschar und forderte diese zum Lachen auf, weil es bekanntermaßen nichts Fruchtbareres als Kinderlachen gäbe. Ein drolliges Schauspiel, welches mit einer kräftigen Mahlzeit für wie weit aus dem Wengenholm angereiste Familie vergolten wurde.


Weitere Ratschläge

Das aus den Koschbergen herabgestiegene Mütterchen Govena Birnalm verriet ein Rezept aus ihrer Heimat aus zehn Weißdornblüten, einem Apfel (für den Geschmack) und einwenig von Tsa-Priestern gesegnetem Wasser. Blüten und Apfel wurden kleingeschnitten, so führte sie aus, und im Wasser für etwa eine halbe Stunde erhitzt. Zwölfmal galt es nun von links nach rechts und dannzwölfmal von rechts nach links umzurühren. Dann ließ sie den Trank abkühlen, damit dieser am nächsten Tag zur zwölften Stunde eingenommen werden könne. Dass diese Zeit nun schon verstrichen war, dauerte die gute Frau, doch ergänzte sie ohnehin, dass diese Prozedur täglich für bis zu 120 Tage wiederholt werden müsse um zu wirken.

Nun war dieser Trank immerhin deutlich schmackhafter als jenes Gebräu, das ein höchst merkwürdiges Kräuterweib präsentierte, welches unentwegt in Reimform sprach. Jedenfalls waren schon die schlammig-dunkelgrüne Farbe und der eigenwillige Odem Grund genug für den Erbprinzen um zu Erbleichen. Als das Weib daraufhin unzufrieden zu zetern begann (weiterhin in wohlgesetzten Reimen), ließ er die Frau von seinen Wachen entfernen. Längst war bereits der Nachmittag hereingebrochen, und dem Prinzenpaar fiel es deutlich schwerer die Anstrengung und wachsende Ungeduld zu verbergen. Zumal die Kuriosität der vorgebrachten Weisheiten mit sinkendem Stand zuzunehmen schien...

Eine Horde weitgereister Recken in sonderbaren Uniformen und kriegerischen Rüstungen brachte eine seltene Wurzel in hoch delikater Form, die angeblich von einem Mohastamm für Fruchtbarkeitsrituale genutzt wird. Wenigstens brachte diese Wurzel die Farbe zurück in die Gesichter des Prinzenpaares, wohingegen der Fruchtbarkeitstanz, zu dem die Recken einluden, schnell von den Hellebardieren beendet wurde. Ähnlich delikate Gaben enthielt sicherlich jene „Wundertruhe“ aus Engasal, die der dortige Graf dem Prinzenpaar bringen ließ. Prinzessin Nadyana bedankte sich artig beim Engasaler Boten und ließ das Präsent des bekannt rahjagefälligen Adelsmannes aus dem Norden ungeöffnet in den Nebenraum tragen.


Zu viel des Guten

Als die in Pelz und Fell gewandete „Zwergenschamanin“ Nabraxa Nesselrast aus dem Finsterkamm dem Prinzen ein Beutelchen mit zerriebenen Säbelzahnhauern als Rezeptur gegen Kinderlosigkeit überreichte, staunte dieser nicht schlecht und hob an damit zu prahlen, dass er selbst eines jener seltenen und kostbaren Tiere in seiner Menagerie halte. Das Erstaunen steigerte sich noch, als die Schamanin wissend nickte und seelenruhig ausführte, dass sie eben jenen Säbelzahntiger auf ihrem Anreiseweg erlegt habe. So zornig und heißblütig hatte man den Erbprinzen lange nicht gesehen, so dass es selbst seiner Gemahlin Nadyana schwer fiel, Anshold davon abzuhalten, die dreiste Angroschna eigenhändig in den Kerker zu zerren.

Die Langmut des Prinzlichen Paares fand schließlich endgültig ein Ende, als ein weiterer Geck aus dem Süden erschien. Der schwarzgelockte „Held“ rühmte sich in ausschweifenden Worten, ein erstklassiges Mittel gegen Kinderlosigkeit in seiner Hose zu tragen, das er jedoch einzig der Prinzessin unter vier Augen zeigen könne... Nun war es dem Prinzenpaar sichtlich genug der Ratschläge. Einhellig eilte sich das Paar, den Helfern ihren Dank für die fürsorglichen Empfehlungen auszusprechen, erklärte jedoch die Tore nunmehr für geschlossen.


Geheimnisvolles Verschwinden

Ein Hellebardenträger, der Sternendienst hatte und noch einige verspätete „Ratgeber“ aus dem Schlosspark vertrieb, sollte bemerken, wie in jener Nacht (der Nacht zum 12. Travia, dem Tag der Treue) eine Kutsche das Schloss verließ. Es stellte sich heraus, dass es die Erbprinzliche Kutsche war, die mitsamt Kutscherin und Prinzenpaar aus dem Marstall verschwunden war. Zur Überraschung des Hofstaates wussten selbst die Leibjunker des holden Paares nichts von der Abreise, so dass sich bald Sorge ausbreitete. Als jegliche Botschaft ausblieb, ohne dass Erbprinz Anshold und seine Gattin zurückgekehrt wären, wurdedie Sorge schließlich zur Gewissheit: Das Prinzenpaar war entführt worden.

Offenbar hatten es sich dreiste Verbrecher zunutze gemacht, dass die Tore zum Schloss an diesem Tag für jegliches Volk weit offen standen und die Aufmerksamkeit der Wachen mannigfaltig gebunden war. Man gab eilig Meldung an den Fürsten nach Fürstenhort. Wie es heißt, habe einzig die beruhigende Fürsorge der neuen Hof-Traviageweihten Berngundis Seine Durchlaucht davor bewahrt, sich der Verzweiflung hinzugeben. Er entschied zunächst, nur engste Getreue von dem Vorfall zu unterrichten – in der Hoffnung, dass sich diese schreckliche Kunde in Bälde zum Wohlgefallen klären ließe, ohne dass sich unter den braven Koschern Angst ausbreiten müsse. Die Hoffnung des Fürsten erfüllte sich indes nicht, obwohl sich Cantzler Nirwulf höchstselbst auf die Spurensuche begab, der schon so manches Geheimnis und manches Verbrechen aufzudecken vermochte.


Aufruf an alle braven Untertanen

Mittlerweile drang die Besorgnis erregende Botschaft aber dennoch in unsere Schreibstube, und da das Prinzenpaar noch immer nicht aufgefunden wurde, sehen wir uns aus Treue zum geliebten Fürstenhaus in der Pflicht, unsere geneigte Leserschaft zu informieren, auf dass uns (und freilich zufürderst dem Fürstenhofe) jeglicher Hinweis zuteil werde, der das rätselhafte Verschwinden des Prinzenpaares aufzuklären vermag. So sind etwa Hintergründe zu jener geheimnisvollen reimenden Kräuterfrau hilfreich, die noch wilde Flüche gesprochen haben soll, als man sie aus dem Schloss geleitete; oder Nachrichten über den Verbleib der oben genannten Heldenscharen.

Wo wurde die erbprinzliche Kutsche nach dem 11. Travia 1031 gesehen? Eine geschlossene, hellgraue Kutsche mit lindgrünen Zierblättern und dem Wappen des Fürstenhauses an den Türen (Schwarzer Eberkopf auf grünem Schild), gezogen von vier Schimmeln. (Neben den mutmaßlichen Entführern) einzige Begleiterin des Prinzenpaares scheint die Kutscherin Vieska von Plötzbogen zu sein – eine hagere Frau, 23 Jahre jung, mit rotbraunem Haar und braunen Augen. Sachdienliche Hinweise bitte an den nächstgelegenen Adelshof oder die Schreibstube des KOSCH- KURIER.

Möge diese dunkle Stunde mit der Hilfe der geneigten und fürstentreuen Leserschaft erhellt und zu einem guten Ende geführt werden.


Losiane Misthügel