Besuch in Tosch Isnasotar - Ankunft in der Wacht

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Ende Praios 1047 BF, Twergentrutzer Land

Es war ein herrlicher Tag im sich seinem Ende zuneigenden Praios-Mond. Schon bald würde der Hitzemond beginnen, da eine kleine Schar aus acht gerüsteten Angroschim durch die Sendschaft Twergentrutz in der Grafschaft Wengenholm und auf den Berg Isnasot zu marschierten.

Die Gruppe bestand aus Kriegern der Hämmer von Ârxozim, stolze, in Kettenhemden gerüstete und mit geschulterten Zwergenspaltern oder Schlägeln bewaffnet. Sie kamen aus der Baronie Bärenfang, die weiter im Süden, am gen Rahja gelegenen Hang des Koschmassivs lag. Ihre Heimat war Âthykril. Die Stadt im Berg aus Zwergensilber, wie man die Bedeutung Âthykrils frei aus dem Rogolan, der Zunge der Zwerge ins Garethi übersetzen konnte, war die zentrale Ortschaft der Bergfreiheit Ârxozim und hoch oben am Götterfirst, dem höchsten Berg des Koschs, knapp unterhalb der Baumgrenze, lag.

Ihnen voran schritt Tharnax, der streitbare Bergvogt von Ârxozim. Der Sohn des Thorgrimm, ein Veteran der Kriege gegen die Orks, war Hauptmann a.D. der Angbarer Sappeure. Und obwohl er seinen Dienst lange quittiert hatte und für seine Verdienste mit einer reichen Bergwacht belehnt worden war, war Tharnax immer noch ein gefürchteter Mann. Seine Künste als Richtschütze mit Torsionsgeschütz und Katapult hatten ihn mehrfach das Isenhager Donnergrollen in Senalosch - der Letzten Festung, wie die Zwerge von Isnatosch, dem Bergkönigreiche Eisenwald, Senalosch betitelten, gewinnen lassen. Die Hämmer von Ârxozim, die den Bergvogt begleiteten, waren allesamt seine Schüler gewesen, denn Tharnax war auch der Vorsteher der Kriegerschule - Gemeinschaft der Kämpfer vom silbernen Hammer zu Ârxozim, oder Ârxobash in der Sprache der Angroschim, die in Braschtôkril, der Felsenfestung am Tor zu Âthykril beheimatet waren. Die Gerüsteten wurden lediglich von zwei Lastenponys begleitet, die schwer beladen, träge an der Leine in ihrer Mitte trotteten. Das Auffälligste an den Tieren waren die Ledertaschen, die außen an ihren Flanken befestigt waren. Dies allein war sicher nichts ungewöhnliches, doch waren ihre Verschlussschnallen allesamt geöffnet und das passte so gar nicht zu der zwergischen Ordnung, der übrigen fein verzurrten Last. Ein Kenner aber hätte anhand der Größe der Taschen und den Wölbungen unter dem Leder erraten können, dass sie Armbrüste enthielten.

Tharnax nahm nun die Nachricht wieder zur Hand, welche er erst vor einigen Tagen erhalten hatte. Sie war direkt aus dem Bergkönigreich Koschim gekommen. Darin wurde er aufgefordert, zur Bergwacht Tosch Isnasotar zu reisen. Die dortige Isnagraw Sippe hatte nämlich in Koschim um Hilfe gebeten. Doch anscheinend hatte das Bergkönigreich keine Veranlassung gesehen, selbst Männer dorthin zu entsenden. Deshalb hatte man nun ihn benachrichtigt und gebeten, als Vertreter für das Bergkönigreich zu fungieren. Beim Lesen verdrehte der Angroscho leicht die Augen. Der Bergkönig Gilemon schien in letzter Zeit die Hallen von Koschim noch mehr abzuschotten als üblich. Aber gut, seine Heimat war nicht allzu weit entfernt und ein kleiner Einsatz würde seinen Männern nicht schaden. In der Marktsiedlung Twergentrutz, die sie vor zwei Tagen erreicht hatten, konnte man ihnen eine passable Wegbeschreibung nach Tosch Isnasotar geben. Wenn diese korrekt war, dann sollten sie heute noch ankommen.

Tharnax kannte die Bergwacht nur dem Namen nach. Er hatte die schützenden Hallen des Bergkönigreiches früh in seinem Leben verlassen, um als Soldat zu dienen. Nachdem er dann den Dienst quittiert und in Âthykril eine Heimat gefunden hatte, war ihm das Hin und Her irgendwie zuwider gewesen und so war er den meisten Ratsversammlungen Koschims fern geblieben, was ihm schnell den Ruf eines Eigenbrötlers eingebracht hatte. Nein, reisen tat der Sohn des Thorgrimm nur, wenn es einen triftigen Grund gab. Auf der anderen Seite kann er natürlich die Stählernen Hallen von Lûr, wo er regelmäßig mit seinen Kriegern zu Gast war, um sie im Kampf zu fordern. Und auch andere Wachten wie die Glühende Bingen von Roterz, Traschforst, Dumrozim und Arzcorn waren ihm bekannt, doch Tosch Isnasotar würde Neuland für ihn sein.

In diesem Moment bemerkte der Bergvogt einige Steine von einem Abhang rutschen und er hob schnell die Faust. Seine Männer hielten sofort an, denn sie waren geübt genug, um zu erkennen, dass etwas nicht ganz stimmte. Auf Tharnax' Fingerzeichen fächerte seine Truppe rasch aus und alle luden ihre Armbrüste oder legten die Hände auf die Waffen. Dann hörten sie etwas oberhalb von ihnen, eine Stimme die in lautem Rogolan verkündete „Angrosch dem Allvater, sei Ruhm und Ehr!“ Tharnax blickte nach oben, doch da war das helle Praiosauge, so dass er nur ein paar Umrisse erkennen konnte. „Gute Positionswahl.“, dachte er sich, bevor der Bergvogt mit donnernder Stimme die rituelle Begrüßung beantwortete. „Ihm, der uns erschaffen hat, dienen wir!“ Die Antwort schien den Ungekannten zufrieden zu stellen, denn nun kam ihnen eine stämmige Gestalt entgegen. Es handelte sich dabei ebenfalls um einen Angroscho mit breitem Kreuz und kräftigen Oberarmen. Er trug eine einfache Kappe aus Leder und einen Koscher Gambeson, welcher wohl aufgrund des momentan warmen Wetters keine Ärmel besaß. In seinem breiten Ledergürtel trug er eine scharfe Axt und über den Rücken hatte er einen runden Schild geworfen. In den Händen trug er eine einfache Armbrust, aus der er jetzt allerdings den Bolzen entfernt hatte. Tharnax erkannte sofort, dass dieser Angroscho noch ziemlich jung war, denn sein dunkelblonder Bart ging ihm gerade einmal bis zum Halsansatz. Er hätte ihn auf die Schnell so auf 60 bis 70 Götterläufe geschätzt. „Garoschem!“ begrüßte sie der junge Zwerg und entschuldigte sich anschließend dafür, dass er ihnen nicht gleich offen entgegengetreten war. Der Bergvogt winkte ab und meinte: „Du hast alles richtig gemacht, Garoscho. Es sind gefährliche Zeiten und daher lieber vorsichtig sein. Ich bin Tharnax Sohn des Throgrimm von der Sippe Koronam. Meine Männer und ich sind im Auftrag des Bergkönigs Gilemon Sohn des Gillim unterwegs, möge sein Bart immer länger werden.“ Der junge Zwerg machte große Augen und stellte sich dann als Rigolosch Sohn des Barox von der Sippe Isnagraw vor. Das sorgte für erfreute Ausrufe von Tharnax' Begleitern und der Bergvogt erklärte dem verwirrten Rigolosch, dass er und seine Männer auf der Suche nach seiner Bergwacht Tosch Isnasotar waren. Jetzt verstand Rigolosch, dass diese Krieger die Unterstützung waren, um die seine Sippe gebeten hatte. Erfreut bot er ihnen sofort an, sie in die Bergwacht zu bringen.

Dank Rigoloschs Wissen über das hiesige Gelände und die dortigen Wege kam die Gruppe rasch vorwärts. Der junge Zwerg führte sie einen anstrengenden Gebirgssteig hinauf und anschließend über den Kamm eines Berges direkt ins Hartsteiger Thal. Hier erblickte Tharnax zum ersten Mal den Isnasot in seiner ganzen Pracht. Dabei handelte es sich um einen mächtigen Berg, dessen Spitze weit in den Himmel reichte. „Ein beeindruckender Anblick.“, meinte der Krieger und Rigolosch stimmte ihm sogleich zu. „Das ist er. Wir sehen den Berg als Geschenk unseres Schöpfers an. Der Isnasot, Eisenspitze von den Menschen genannt, ist die Heimat meiner Sippe, denn er gibt uns Schutz und Auskommen.“ „Was baut ihr dort ab?“, erkundigte sich der Bergvogt neugierig „Koschbasalt, Silber?“ Rigolosch schüttelte den Kopf und meinte: „Basalt nur, wenn wir Glück haben und etwas finden. Aber die Hauptressourcen des Berges sind Eisenerz und Steinkohle.“ Tharnax nickte, nichts besonders wertvolles, aber beides doch Teil des Fundaments der zwergischen Handwerkskunst. Dann kniff er sein gutes Auge zusammen und deutete in Richtung des Berges. „Sind das etwa Hütten der Gigrim?“ Rigolosch schien von der Sehkraft des Vogts beeindruckt zu sein und erklärte: „Ihr habt einen hervorragenden Blick, Meister Vogt. Das hier ist das Menschendorf Angersteig. Sie leben zu Füßen des Berges und sind damit unsere direkten Nachbarn.“ Tharnax brummte und bat den jüngeren Angroscho, vorauszugehen um ihnen den Weg ins Tal zu zeigen.

Als sie unter Rigoloschs Führung dann den Abstieg gemeistert hatten, führte sie der junge Zwerg direkt in das Dorf hinein. Hier war alles so, wie es Tharnax aus der Baronie Bärenfang kannte. Ein kleines Haufendorf, dessen einfache Holzhäuser mit den Schindeldächern um einen zentralen Platz mit Brunnen angelegt waren. Sie schritten durch den Eingang der Siedlung, welcher von zwei hohen Tannen flankiert wurde, und marschierten direkt auf den Berg zu. Einige überraschte Frauen und Jugendliche des Dorfes ließen ihre momentane Arbeit kurz ruhen, als sie den Trupp gut gerüsteter und bewaffneter Angroschim erblickten. Neugierig beobachteten sie die marschierenden Zwerge, aber niemand traute sich offensichtlich, sie anzusprechen. Der Bergvogt blickte verwirrt zu Rigolosch. „Ich dachte, ihr wohnt direkt in der Nähe zu den Gigrim. Warum sehen die Langbeiner uns dann so ängstlich an?“ Der Angroscho fuhr sich durch seinen kurzen Bart. „Zum einen sehen sie nicht jeden Tag so eine Kriegertruppe von Angroschim. Aber die Leute hier wissen Bescheid darüber, dass so ein Anblick oft ein Zeichen für zukünftigen Ärger ist. Und zum anderen…“ Er brach ab und Tharnax erkundigte sich draufhin. „Ja?“ „Ich denke, sie haben vielleicht Angst, dass Ihr uns mitnehmen könntet.“ Verwirrt blickten sich die Zwerge aus Ârxozim an. „Das müsst ihr mir erklärten.“, meinte der Bergvogt und Rigolosch nickte, bat aber darum, dies auf den Abend verschieben zu dürfen. Sie waren mittlerweile durch die kleine Siedlung marschiert und nun fast direkt vor dem Berg. Dort erblickten sie eine große Öffnung in Bodennähe einer Felsflanke, die wohl den Eingang in die Binge darstellen sollte. Über dem aus Stein gefertigten Eingang prangte groß das Wappen der Isnagraw-Sippe.

Die brennende Feuerschale über einer gekreuzten Spitzhacke und einer Kampfaxt zu Füßen des Berges Isnasot sollte allen Besuchern zeigen, wem die Herrschaft über den Berg oblag. Auch von außen war bereits der Lärm von Hämmern und Spitzhacken zu vernehmen, die sich irgendwo in der Tiefe weiter in den Fels fraßen. Tharnax' scharfes Auge bemerkte gleich einen gemauerten Rauchabzug an einer erhöhten Flanke des Berges, aus der dichter Qualm kam. Offensichtlich handelte es sich dort um eine Schmiede oder eine Schmelze und der Bergvogt war neugierig, was sie im Inneren der Mine vorfinden würden. Doch Rigolosch führte sie nicht in die Binge, sondern zu einem langgezogenen Gebäude, das direkt davor errichtet worden war. Dabei handelte es sich um ein steinernes Bauwerk, welches auch einen großen, überdachten Bereich im Freien hatte. Hier erkannten die Angroschim einen hohen, aus Stein gefertigten Ofen mit einem langgezogenen Kohlebecken davor, welches gerade hell glühte und eine starke Hitze abgab. Vor diesem stand ein mächtiger Amboss, an dem gerade ein Zwerg mit einer Lederschürze und dicken Lederhandschuhen sowie einer langen Zange und einem Hammers auf ein Stück Eisen einschlug. Der Angroscho arbeitete rasch, wobei er immer darauf achtete, dass das Eisen vor ihm stark glühte und so geschmeidig zu schmieden blieb. „Onkel!“, rief Rigolosch lautstark und dann nochmal „Onkel Eldrik!“ Der Angroscho blickte auf, erkannte seinen Neffen und versenkte das Eisenstück in einem bereitstehenden Bottich Wasser, so dass es nur so zischte. „Rigolosch, Junge, was sehe ich da? Du bringst Gäste mit?“ Der junge Zwerg nickte und meinte: „Das sind Bergvogt Tharnax und seine Männer aus der Bergwacht Ârxozim. Meister Vogt, mein Onkel Eldrik Sohn des Tarix. Er ist der Geweihte unseres Schöpfers Angrosch bei uns im Tal.“ Nun bemerkte Tharnax auch das Amulett, welches um den Hals des anderen Zwergs hing und das Zeichen eines Amboss zeigte. „Garoschem, Väterchen Eldrik.“, meinte Tharnax, obwohl der Angroscho vor ihm wohl nicht viel älter sein konnte als er selbst. „Tharnax? Doch nicht etwa Tharnax Sohn des Thorgrimm von der Koronam-Sippe?“, erkundigte sich Eldrik mit Erstaunen in der Stimme. „Ich habe schon einiges von euch gehört, man sagt, ihr wärt der zielsicherste Schütze im ganzen Kosch!“

Tharnax lachte laut auf und meinte: „Nun, dies ist sicherlich übertrieben, obwohl ich doch zugeben muss, dass meine Fähigkeiten mit der Armbrust ganz passabel sind.“ „Ihr seid zu bescheiden, Meister Vogt. Sagt, was bringt euch denn in diese abgelegene Gegend?“ „Eure Nachricht an das Bergkönigreich.“, erwiderte der Krieger, „Ihr meintet, dass ihr Hilfe braucht?“ Eldrik musterte den einäugigen Veteranen überrascht und wusch dann seine schmutzigen Hände im Wasserbottich. „Ich denke, dann sollten wir unser Problem am besten vor Ort besprechen. Folgt mir bitte.“ Der Geweihte marschierte los, doch zur erneuten Überraschung der Zwerge von Ârxozim ging es wieder nicht in Richtung des Mineneingangs. Stattdessen folgte er einem steilen Pfad, der den Isnasot hinauf ging. „Sind eure Häuser denn nicht bei euren Schürfgängen in der Mine?“, erkundigte sich Tharnax bei Rigolosch. Dieser schüttelte den Kopf und meinte: „Nicht in dieser. Wir haben zwei Minen bei uns, die alte und die neue Mine. Was ihr im Tal gesehen habt, war die neue Mine. Dort befinden sich nur das Abbaugebiet und die Schmelze. Wogegen in der alten Mine unsere Essenshalle sowie unsere Häuser und unser Tempel stehen. Tharnax schnalzte beeindruckt mit der Zunge und folgte weiter den beiden Angroschim der Isnagraw-Sippe. Nach einem etwas anstrengenden Aufstieg standen sie nun an einer Flanke des Berges, wo ein wuchtiges, steinernes Gebäude stand. „Das ist der Steiger Hof, Heimat der Familie von Hartsteig.“, erklärt Rigolosch ihnen. „Das Eingangstor zur Bergwacht ist gleich dort drüben in der Felswand.“, fuhr Eldrik fort und zeigte auf ein mit Symbolen verziertes, dennoch ziemlich wuchtig ausstehendes Steintor, über dessen halbrunder Öffnung einige große Runen platziert waren. Die Flügel des Tores standen offen, so dass sie ohne Probleme eintreten konnten. Sie folgten einem schmalen Gang, der in einer breiten Kaverne endete. „Willkommen in der eisernen Halle der Bergwacht Tosch Isnasotar!“, verkündete Eldrik stolz und ein Raunen ging durch die Zwerge von Ârxozim.

Im Inneren des Berges befand sich ein aus dem Fels geschlagener Hohlraum, dessen Decken von einigen kunstvoll gearbeiteten Säulen aus Stein gestützt wurden. Die Kaverne war nur so an die drei Angroschim hoch, aber sehr breit angelegt. Ihr Aufbau ähnelte dabei den typischen Werken der Zwergenheit, wie man sie auch in anderen Bergwachten vorfinden konnte. Fast alles im Inneren bestand aus hartem Stein, so wie die Wege, die Plätze oder die Häuser. Die Gebäude waren zumeist gleich große, würfelförmige Bauten mit flachen Dächern und nur kleinen Fenstern. Jedes Haus besaß dabei eine kleine steinerne Treppe zur Eingangstür. Doch dies kannten die Zwerge von Ârxozim bereits.

Das Beeindruckendste hier waren die in den Wänden, Säulen und an der Decke befindlichen, funkelnden Eisenerzadern, welche sich wie Flüsse durch den Fels schlängelten. Die Baumeister dieser Bergwacht hatten anscheinend genau darauf geachtet, dass das Licht, welches aus zahlreichen Kerzen und Fackeln stammte, hervorragend von den Erzadern reflektiert wurde und so dem Inneren einen besonders erbaulichen Anblick verliehen. Tharnax fuhr sich anerkennend durch seinen Bart und brummte: „Es muss doch sehr viel Arbeit gewesen sein, diese Kaverne innerhalb des Berges zu errichten, oder?“ Eldrik nickte und meinte, dass mehrere Generationen von Sippenmitgliedern daran gearbeitet hatten und dies hier wäre ihr fertiges Werk. „Kommt, folgt mir zu unserer Speisehalle. Dort könnt ihr euch stärken und mit dem Anführer unserer Bergwacht sprechen.“ Die anderen Angroschim folgten ihm in Richtung eines langgezogenen Steingebäudes. Sie überquerten dazu einen kleinen, mit quadratischen Steinen ausgelegten Platz, in deren Mitte eine steinerne Statue stand. Tharnax nahm höflich seinen Helm ab, um der Statue so seine Ehrerbietung zu erweisen und erkundigte sich: „Wer ist das? Ein Heldin eurer Sippe?“ Rigolosch betrachtete die Statue kurz, denn für ihn war sie ein vertrauter Anblick. Dieses Werk stellte eine Angroscha mit langen Zöpfen dar, welche Hammer und Meißel in der Hand hielt und so aussah, als würde sie gerade einen unsichtbaren Fels bearbeiten. „Das hier ist Ildra Tochter der Ildra und die erste aus der Isnagraw-Sippe.“ Tharnax brummte. „Eure Ahnherrin also?“

„So ist es.“ beantwortete dieses Mal eine andere, weibliche Stimme seine Frage. Eine kräftige, wie ein gutes Bierfass gebaute Angroschna, mit zwei langen, blonden Zöpfen und einer Lederschürze, schritt auf sie zu und lächelte dabei einladend. Tharnax war sich sicher, dass die Gesichtszüge der Zwergin denen der Statue zu einem gewissen Maß ähnelte und verbeugte sich daher leicht vor ihr. „Ich grüße euch, Mütterchen, möge Angroschs Segen all eure Pfade erleuchten.“ Die Angroschna knickste nun elegant vor ihm und meinte: „Und ich begrüße euch, Meister, möge Angrosch euren Bart noch viel buschiger werden lassen. Mein Name ist Damara Tochter der Togella.“ Dann wandte sie sich an Rigolosch. „Ich wusste gar nicht, dass wir für heute Gäste erwartet haben, Rig.“ Daraufhin stellte der junge Zwerg ihr Tharnax und seine Gefährten vor. „Das sind die Angroschim, welche uns Koschim zu Hilfe geschickt hat, Mutter.“ Erfreut schlug die Angroschna die Hände zusammen und bat die Kämpfer aus Ârxozim, gleich zur Essenshalle mit zu kommen, um gemeinsam mit den anderen Zwergen ein Abendmahl einzunehmen. Die Halle an sich war nichts Besonderes, ein langgezogener Raum aus festem Stein, in deren Mitte sich eine gemauerte, linienförmige Feuerstelle befand. Um diese Feuerstelle herum war eine Tafel aus Stein gefertigt worden, so dass dies wie ein großes „U“ aussah. Als Gäste erhielt die Zwerge von Ârxozim auch die Ehrenplätze in der Nähe des Kopfs der Tafel. Anschließend wurde ihnen bald zinnerne Krüge mit frisch gezapften Bier vorgesetzt. Das Bier, welches Rigolosch als „Pilzbräu“ bezeichnet hatte, schmeckte zwar sehr bitter, doch Tharnax fand es nicht übel. Nach und nach kamen immer mehr Angroschim in die Halle und setzten sich auf die noch freien Plätze. Die dort stehenden Sitzbänke aus Gestein, welche etwas unter der Tafel aus dem Fels getrieben worden waren, füllten sich immer mehr. Dann erschien ein etwas schlank aussehender Angroscho mit braunem Haar und Gabelbart. Er trug eine große Wachstafel bei sich und hatte eine Art von Meißel hinter dem Ohr. Begleitet wurde er vom Geweihten Eldrik und Tharnax bemerkte gleich, dass die beiden Zwillingsbrüder sein mussten. Ihr Aussehen mochte zwar unterschiedlich sein, doch die Gesichtszüge waren beinahe identisch. Der Zwerg kam eilig auf sie zugeschritten und begrüßte sie mit „Garoschem, liebe Groscharoroximangrasch aus dem Süden. Mein Bruder hat mich gerade von eurer Ankunft informiert. Ich grüße euch in der Bergwacht Tosch Isnasotar. Mein Name ist Barox Sohn des Tarix und ich bin der Bergvogt hier. Wir freuen uns alle, dass ihr so schnell zu uns gekommen seit.“ Daraufhin stellte Tharnax sich und seine Kameraden ebenfalls vor. Der Bergvogt von Tosch Isnasotar schüttelte jedem freudig die Hand und gesellte sich dann zu Ihnen. Zu Tharnax' Überraschung setzte er sich jedoch nicht auf den steinernen Stuhl am Kopfende der Tafel.

Sie unterhielten sich kurze Zeit mit dem Bergvogt über die zurückgelegte Reise und dann wurde auch schon das Essen serviert. Es gab mit Käse überbackenes Schaffleisch, dazu eine Rahmsoße mit Pilzen. Hungrig langten Tharnax und seine Gefährten tüchtig zu. Dazwischen ließ der Bergvogt von Ârxozim immer wieder seinen Blick über die große Tafel schweifen. Zwar saßen mittlerweile auf einigen Plätzen weitere Angroschim, aber es schien so, als wäre die vierfache Zahl an Plätzen noch unbesetzt. Auf seine Nachfrage hin seufzte Barox laut. „Da habt ihr Recht, Meister Bergvogt. Vor dem Jahr des Feuers waren auch noch viel mehr Brüder und Schwestern hier. Aber nach der Zerstörung der Hallen von Koschim durch den Alagrimm sind die anderen Sippen zurück nach Norden gezogen, um beim Wiederaufbau zu helfen. Daher ist unsere Bergwacht mittlerweile so geschrumpft.“ Tharnax nickte grimmig, denn diese Ereignisse waren ihm wohlbekannt und hatten einen hohen Preis von den dortigen Erzzwergen gefordert. „Sieht so aus, als würdet ihr dringend neue Arbeiter gebrauchen können. Wenn ihr wollt, werde ich mal Augen und Ohren aufhalten, ob ich nicht irgendwas in Erfahrung bringen kann.“ Erfreut strahlte ihn Barox an. „Damit wäre uns wirklich sehr geholfen. Für Neusiedler ist bei uns momentan mehr als genug Platz vorhanden.“ Anschließend besprachen sie noch ein paar Dinge von geringer Wichtigkeit. Nachdem dann alle aufgegessen und Tharnax den letzten Bissen mit einem tüchtigen Schluck Bier heruntergespült hatte, meinte er: „Nun, jetzt erzählt mal, wobei ihr unserer Hilfe braucht.“ Der Bergvogt von Tosch Isnasotar erklärte ihm daraufhin, dass sie beim Graben eines neuen Minenschachtes auf ein Problem gestoßen waren. „Einem unserer Bergleute hier ist etwas Beunruhigendes aufgefallen. Er war gerade dabei, weiter in der Erde zu graben, als er plötzlich etwas gehört hatte. Laut seinem Bericht meinte er, es würde sich anhören wie ein Knacken und Knirschen von einer anderen Seite. Ganz so, als grabe auch jemand dort. Das sollte natürlich unmöglich sein, aber um auf Nummer sicher zu gehen, wollen wir lieber nachsehen. Jedoch fehlten uns bisher die Männer und im schlimmsten Fall auch die Kampfkraft dafür. Doch gemeinsam mit euren Leuten sollte es wohl gefahrlos gehen.“ Tharnax brummte zustimmend, denn dies war eine verständliche Vorgehensweise. Es gab einiges an Getier, auf das man in den Bergen stoßen konnte und vieles davon war den Angroschim feindlich gesinnt. Wenn es also dort ein Problem gab, würden sie es gemeinsam klären.

In diesem Moment ging ein Raunen durch die Halle und alle blickten zu einem der Eingänge. Dort war eine gebückte und stark vom Alter gezeichnete Angroschna erschienen. Ihr Haar war bereits weiß und sie nutzte eine Art von umgearbeiteten Hammer als Gehstock. Tharnax erhob sich mit den anderen und die Angroscha schritt gleich direkt zu ihm. Ihre Augen waren fast von ihren faltigen Liedern und Augenbrauen verdeckt, doch der Bergvogt spürte instinktiv, dass sie ihn gerade eindringlich musterte. „Ich habe gehört, wir haben Gäste. Da habe ich mich auf den Weg gemacht, um euch auch zu begrüßen. Mein Name ist Togella Tochter der Ildra. Mit wem habe ich denn das Vergnügen?“ Tharnax musste kurz gegen den Drang ankämpfen, zu salutieren, und antwortete nur „Angrosch zum Gruße, ehrwürdiges Mütterchen. Ich bin Tharnax Sohn des Thorgrimm. Ich komme von der Sippe Koronam aus der Bergwacht Ârxozim.“ Bei diesen Worten leuchteten die Augen der alten Angroschna kurz auf. „Ah, Ârxozim, ich erinnere mich. Vor vielen Jahren war ich zu Besuch in Âthykril, der silbernen Stadt. Ich erinnere mich gerne daran zurück.“ Tharnax grinste breit und meinte: „Ihr ehrt die meinigen und mich mit euren Worten, meine Liebe.“ Den Rest des Abends verbrachten beide damit, sich über Familiengeschichten zu unterhalten, welche vor vielen Jahren in Âthykril und in Tosch Isnasotar passiert waren. Togella zeigte aber auch reges Interesse an den Berichten über das dortige Zwergensilber und ließ Tharnax lange davon erzählen. Dann schließlich befahl Barox seiner Sippe, die Betten aufzusuchen, und der Bergvogt gab den gleichen Befehl an seine Männern. Die Nacht verbrachten sie in einem der leer stehenden Gebäude der Bergwacht und am nächsten Morgen standen sie zielsicher eine Stunde vor dem Erwachen der Morgensonne auf. Nachdem sie sich soweit hergerichtet hatten, ertönte bereits ein heller Glockenschlag und die Tür ging auf.

Rigolosch trat ein und bat darum, dass sie ihm zum Tempel folgen sollten. Dieser war, wie die anderen Gebäude auch, ein viereckiger Klotz mit flachem Dach. Ihre Verwandten von den Hügelzwergen beschwerten sich immer darüber, dass die Gebäude der Erzzwerge so funktionell und ohne große Verzierungen waren. Doch Tharnax sah darin kein Problem, musste ein Haus für ihn doch nicht gastlich einladend oder bautechnisch besonders raffiniert errichtet sein, solange es nur seine Aufgaben als Heim erfüllte. Dieser Tempel war, wie die anderen Gebäude der dortigen Bergwacht auch, davon keine Ausnahme. Er hatte dicke Mauern und auf dem Flachdach waren einige Zinnen angebracht worden. In dessen Steinmauern waren einige schmale Schlitze eingehämmert, die wohl in Notzeiten als Schießscharten genutzt werden konnten. Im Ganzen sah der Tempel für Tharnax sehr wie ein solider Wehrtempel aus. Hierher konnte man sich zurückziehen, wenn der Rest der Bergwacht gefallen war, und von dort weiter Widerstand leisten. Seine Ansicht wurde nur noch mehr darin bestärkt, als der Geweihte vor ihnen die schwere, mit Eisen beschlagene Eichenholztür entriegelte. Sie traten durch die schmale Tür ins Innere und kamen in einen großen Raum. Dieser war an sich auch sehr schlicht gehalten, doch am Ende des Raumes stand ein prächtiger Altar. Der war komplett aus Eisen gegossen worden und man hatte in ihn prächtige Bilder ihres Gottes Angrosch eingearbeitet. Auf dem Alter stand eine stählerne Feuerschale, in der bereits eine große Flamme als „ewiges Feuer“ brannte. Das Beeindruckendste allerdings war die große Statue hinter dem Altar. Es handelte sich dabei um eine kunstvolle Abbildung aus Granit, die ihren Gott Angrosch mit seinem erhobenen Hammer Malmar darstellte. Die Statue machte einen erhabenen Eindruck auf alle Anwesenden und die große Flamme der Feuerschale unter ihm schuf die Illusion, als würde Angrosch gleich erwachen. Der Tempel füllte sich immer mehr und Tharnax war überrascht, nun einige Angroschim zu sehen, die ähnlich ausgerüstet waren wie seine Männer. Diese Zwerge trugen ebenfalls dicke Kettenhemden, eiserne Helme sowie Kettenfäustlinge und stählerne Beinschienen. Dazu trugen die meisten so Gerüsteten schwere Armbrüste, Zwergenskrajas oder -schlägel sowie zahlreiche Lindwurmschläger. Fast alle der Krieger hatten zusätzlich noch einen runden Schild aus blankem Stahl auf ihrem Rücken. Bevor Tharnax allerdings Rigolosch darauf ansprechen konnte, betrat Eldrik den Tempel, nun gewandet in einer rot-schwarzen Robe der Priester des Angrosch. Der Geweihte begann den Gottesdienst mit den rituellen Worten: „Am Anfang war Angrosch und Xorlosch …“

Tharnax und die seinen hörten schweigend den Gebeten des Geweihten zu und beobachteten dann, wie er eine Zeremonie an der Feuerschale abhielt. Danach traten alle der versammelten Angroschim nach vorne, um ein Opfer an der Feuerschale zu erbringen. Auch Tharnax trat hervor und warf gut sichtbar einen Auromox in die hellen Flammen. Zu seiner Überraschung musste er erkennen, dass Eldrik dabei das Gesicht verzog. Dennoch segnete der Priester ihn anschließend und Tharnax verschob das Gespräch über dessen Missmut auf später. Nach dem Gottesdienst öffneten sich die Tore der Bergwacht und alle Zwerge im Arbeitsalter schritten in Zweierreihen aus der Bergwacht. Sie waren genau rechtzeitig, denn nun erhob sich das Praiosauge über den Rand der Welt und gab die ersten Strahlen dieses Tages von sich. Ein altes Lied pfeifend schritten die Zwerge ins Tal, welches nun ebenfalls erwachte. Unten am Berg angekommen, öffnete Barox das eiserne Tor, mit dem die Mine am Tag zuvor abgesperrt worden war. Sie folgten einem langgezogenen Gang aus festem Stein in die Dunkelheit hinein und betraten nun wieder eine große Kaverne, in welche wohl gut 100 Angroschim gleichzeitig passen würden. Der Bergvogt sah sich kurz um und erblickte dann zu seiner Linken die große, aus Lehmziegeln gefertigte Schmelze, deren Rauchabzug ganz nach oben zur Decke reichte. Davor befand sich eine Art von Förderband, welches mit einer Winde betrieben wurde. Hier würden wohl die Erzbrocken abgelegt werden, von wo sie dann in den Ofen gingen. Er erblickte auf beiden Seiten der Schmelze jeweils einen Abfluss, einen wohl für das Metall, der andere für die Schlacke und ähnliche Rückstände. Tharnax kannte das System, daher wusste er auch, dass wohl auf der Rückseite eine große Öffnung sein musste, in die das Brennmaterial der Schmelze eingefüllt wurde. Zu seiner linken Seite erblickte er die langgezogene Reinigungsanlage, wo wohl das abgebaute Erz einmal so gründlich wie möglich von Erde, Gestein und anderem befreit wurde, bis es in die Schmelze ging. Bevor er sich aber weiter umsehen konnte, führte Barox die zwei Dutzend gerüsteten Angroschim bereits tiefer in die Mine hinein. Sie schritten durch ein paar dunkle Schächte, in denen nun Fackeln und Kerzen entzündet wurden. Dann kamen sie in einen wohl erst vor kurzem gegrabenen Schacht, der mittendrin aufhörte. Barox hob den Zeigefinger zum Mund, so dass alle schweigen sollten. Anschließend nahm er einen Zinnbecher zur Hand, deutete auf eine Stelle im Fels und reichte den Becher Tharnax. Dieser nahm ihn an sich, schritt zur gezeigten Stelle und setzte den Becher mit der Öffnung darauf. Dann legte er sein Ohr auf den Boden des Bechers und wartete einige stumme Momente. Zuerst hörte er nichts, doch dann plötzlich erklang es. Schabende und knackende Geräusche, wie es ihm Barox am Vortag berichtet hatte. Der Zwerg hätte gerne noch mehr herausgehört, aber da waren nur immer die gleichen Geräusche. Er schritt nun zurück zu Barox, gab ihm den Becher wieder und nickte lediglich. „Wir würden heute gerne hier weitergraben, Meister Bergvogt. Bitte übernehmt das Kommando über die versammelten Krieger und steht uns bei.“, bat Barox. Der Bergvogt von Ârxozim brummte zustimmend, nahm seinen Hammer zur Hand und machte sich bereit, die Leute sinnvoll zu positionieren.

Und so begannen die Arbeiten. Mit Hammer, Meißel und Spitzhacke rückten die Zwerge dem Gestein zu Leibe und trieben ihren Stollen tiefer in den Berg. Sie folgten der Erzader. Stunden verrannen. Das Hämmern und Hacken dröhnte durch die Tiefen der Bergwacht und so mancher hatte das fremde Schaben und Knacken schon fast vergessen, war durch die Erschöpfung ganz in der angroschgefälligen Arbeit aufgegangen, als die Geräusche sich plötzlich veränderten und die Arbeiter von vorne “bevorstehender Durchbruch” riefen.

Tharnax und seine Mannen rückten vor und positionierten sich an der Spitze der Bewaffneten, sie hatten geduldig ausgeharrt und auf dieses Signal gewartet. Vorne trieben weiterhin zwei Zwerge den Stollen mit ihrem Spitzhacken weiter. An ihren Seiten pressten sich jedoch nun zwei der Krieger aus Ârxozim gegen die unebenen Steinwände, die gespannten Armbrüste erhoben. Hinter den Bergleuten standen drei weitere Krieger. Sie alle waren mit Schilden und Schlägeln bewaffnet. Tharnax stand in ihrer Mitte.

Die Spannung stieg mit jedem weiteren Hieb, jedem weiteren Bröckeln des Gesteins, mit jedem weiteren Drom, den der Stollen wuchs. Dann, ohne weitere Ankündigung, war ein Rumpeln zu vernehmen. Das flackernde, unstete Licht der Öllampen der Bergleute ließen erahnen, dass die letzten Hiebe den Durchbruch verursacht hatten und dass Gestein auf die andere Seite, in den fremden Stollen gerutscht war. Die Arbeiten kamen zum Erliegen.

In dem Moment, da sich der erste Bergmann fragend zu Tharnax umsah, griff dieser an seine Schulter und zog ihn hinter sich. Ebenso erging es dem Arbeiter an seiner Seite. Die Krieger, die nun die zweite Reihe hinter den Schützen bildeten, schlossen ihre Schilde, so dass sie von einer Seite des Stollens bis zur anderen reichten.

“Seht ihr etwas?”, fragte der Bergvogt die beiden Krieger mit den Armbrüsten vor sich gerichtet, die nun vorsichtig vorrückten, dem Loch entgegen.

In dem Moment, da der Linke “zu dunkel” hervorbrachte, erschien plötzlich eine bleiche Fratze in dem künstlich geschaffenen Durchbruch. Beide Sehnen knallten fast gleichzeitig und die Bolzen schlugen in das, was es gewagt hatte, seinen Kopf zu weit vorzustrecken, ein. Die Fratze verschwand mit dem Geräusch von Stein, der über Stein rieb.

Tharnax indes bellte angewidert los. “Kraballim-Wühlschrate. Hinter die Schilde und dann Rückzug.” Und die Krieger gehorchten, ohne ein Wort von sich zu geben, stumm und in Formation wie ein Mann.

“Warum lassen wir die Kraballim am Leben, warum zieht ihr euch zurück?”, fragte Rigolosch und auch einige der anderen Bewaffneten sahen die Krieger aus Ârxozim irritiert an.

Tharnax' Blick aber blieb nach vorne gerichtet, während sie sich langsam im Stollen rückwärts bewegten. “Weil wir ihnen die Gelegenheit geben werden, den Durchbruch zu erweitern. Das macht keiner von euch, das wäre zu gefährlich. Durch das kleine Loch können wir nicht effektiv gegen sie kämpfen und die Bolzen richten keinen großen Schaden an.

Keine Sorge, wir laufen nicht weg, wir gehen nur mit kühlem Kopf vor. Ich kenne diese Biester.”

Nach dieser Erklärung des Bergvogtes wurde es wieder still. Die Art, wie der Sohn des Thorgrimm gesprochen hatte, ließ keinen Platz für Widerrede. Zudem schien er Erfahrung mit derlei Gegnern zu besitzen. Und so ging es weiter rückwärts.

Etwa 10 Drasch zogen sich die Krieger zurück, dann gab der Bergvogt von Ârxozim das Zeichen zum Halten. Der Stollen war hier ebenso beschaffen wie anderswo auf ihrem Weg. Es gab keinen Anhaltspunkt, warum er ausgerechnet hier Halt machen ließ.

Die Krieger stellten ihre Schilde auf den Boden und stützten sie mit ihrem Schlägeln ab, so dass sie aufrecht standen und eine Linie bildeten. Dann spannten sie alle ihre Armbrüste und legten Bolzen aus ihren Köchern am Gürtel ein.

Tharnax indes wandte sich an Barox. “Gibt es Stollen, die noch weiter in die Richtung dieses Stollens reichen, tiefer in den Berg?”, fragte er mit ruhiger, berechnender Stimme. Und nachdem der gefragte kopfschüttelnd verneint hatte, fuhr Tharnax fort. “Gut, ich will die Wahrscheinlichkeit nur kalkulierbar klein halten, dass die Biester uns zufällig umgehen. Dieser Stollen ist vorerst gesperrt. Lasst uns Öllampen hier und zieht euch zurück. Wir dimmen das Licht, verhalten uns ruhig und üben uns in Geduld. Sie werden kommen und wir werden sie erwarten. Eure Bewaffneten sollen sich in drei Schichten einteilen und sich an der nächsten, hinter uns liegenden Weggabelung rotierend positionieren, falls wir überrannt werden oder uns aufgrund einer Übermacht zurückziehen müssen. Eine Barrikade sollte vorgesehen werden oder die Möglichkeit einen Steinschlag auszulösen. Sagt eurem Quartiermeister, dass wir alle acht Stunden etwas zu beißen und zu trinken benötigen, aber nur Wasser. Wir brauchen unsere Sinne. Und jetzt geht. Wir halten Wacht. Ka baskan draxin!”, sprach der Einäugige.

Im Abziehen sahen die Bergleute und Bewaffneten aus Tosch Isnasotar noch, wie sich vier der Krieger auf den steinernen Boden des Stollens ausstreckten, als würden sie schlafen wollen, während sich die anderen mit den Armbrüsten im Schoß an die Wände setzten und das Licht soweit dimmten, dass sie für die sich entfernenden bald in der Dunkelheit verschwanden.