Besuch in Tosch Isnasotar - Banges Warten

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Ende Praios 1047 BF, Tosch Isnasotar


Für die zurückbleibenden Zwerge, die Wacht hielten, begann eine lange Zeit des Wartens, die nur alle paar Stunden unterbrochen wurde, wenn ein kleiner Trupp aus der Bergwacht mit abgedimmten Laternen kam, um sie mit dem Nötigsten zu versorgen.

Eldrik und Rigolosch, die beide bei den Hämmern von Ârxozim geblieben waren, bemerkten, wie eingespielt die Gemeinschaft aus Kriegern war, wie wenig sie sprachen, dass zumeist Gesten ausreichten und darüber hinaus, wie ruhig sie blieben im Angesicht der Gefahr und wie wenig ihnen das Warten auszumachen schien.

Der stetige Wechsel des Wachdienstes erfolgte in etwa alle vier Stunden. Bis auf das leise Schnarchen der Ruhenden umfing sie in den langen Pausen dazwischen die ewige Stille unter den Bergen. Es war die Art von Stille, die so manchen Gigrim, der sich in die Stollen der Angroschim verirrt hatte, in den Wahnsinn getrieben hatte.

Dann, Rigolosch hatte sieben Wachwechsel gezählt, der achte musste kurz bevorstehen, hob Tharnax die geballte Faust und stand auf. Die anderen taten es ihm gleich und weckten infolgedessen stumm und ohne viel Aufhebens ihre Kameraden. Der Einäugige hob sein Schild, zog seinen Hammer und wartete, bis zwei andere Krieger sich rechts und links neben ihm positioniert hatten. Wieder bildeten die Schilde einen Wall zwischen den Wänden des Stollens. In der zweiten Reihe standen zwei Krieger, die langstielige Schlägel zu zwei Hand führten, diese jedoch mit dem Kopf nach unten auf dem Boden abgestellt hatten und dafür ihre Armbrüste in Händen hielten. Hinter ihnen standen die verbliebenen drei Krieger ebenfalls mit Armbrüsten. Eldrik hörte wie auch die Armbrüste der bis dahin nicht wachhabenden Krieger gespannt wurden und ihre Mechanismen einrasteten.

Nervös biss sich Rigolosch auf die Unterlippe. Der tiefe Minenschacht und diese Ruhe vor dem unausweichlichem Sturm zerrten hart an seinen Nerven. Als nun Bergvogt Tharnax das Signal gegeben hatte, machte auch er sich ebenfalls kampfbereit. Er wusste, was nun von ihm erwartet wurde. Als Sohn des hiesigen Bergvogtes, musste er in seinem ersten Kampf Mut und Tapferkeit zeigen, ob er nun wollte oder nicht.

Daher war ihm auch bewusst, wo sein Platz war. Er zurrte das Lederband seines einfachen Helmes unter dem Kinn fest. Dann packte er seine Streitaxt und seinen Schild. So ausgerüstet schob er sich nach vorne. Doch Tharnax hob abwehrend die Hand und zeigte nur auf die zweite Reihe. Erstaunt blickte ihn der junge Angroscho an, doch die Miene des erfahrenen Kämpfers ließ keinen Widerspruch zu. Das war nun also seine Aufgabe, er sollte den beiden dortigen Schützen der Hämmer von Aroxzim mit seinen Waffen Deckung geben, damit sie ungestört feuern konnten.

Als von hinten schließlich ein leises “angelegt” erklang, das ganze hatte keine fünfzig Herzschläge gedauert, ging die erste Reihe auf ein Knie, drehte sich leicht in der Hüfte und drückte mit einer Schulter gegen das Schild, wie als wolle man einen Sturmangriff am Schildwall anbranden lassen. Sofort als dies geschehen war, kehrte wieder Stille ein und dann hörte zunächst Rigolosch und wenig später auch Eldrik das Knacken und Knirschen im Stollen vor ihnen- sie kamen.

Nun, da Eldrik merkte, dass Heimlichkeit nicht länger von Nöten war, baute sich der Geweihte des Angrosch auf. Er holte tief Luft und begann dann mit donnernder Stimme eine alte Formel für die Zeremonie zu Ehren ihres Gottes aufzusagen. Mit seiner Rechten ließ er den Kopf seines Hammers immer wieder gegen den Felsenboden krachen, sobald er eine Pause machte. In der Linken hatte er sein Amulett der heiligen Esse umfasst und drückte es fest an sich.

             „Oh eherner Weltenschmied, sieh auf uns, deine unwürdigen Kinder herab! 
                 Gewähre uns in diesem Kampf eiserne Stärke und flammenden Mut!
     Wir, die wir in deinem Namen diese Welt berichtigen, rufen zu dir und bitten dich, 
                                         erhöre uns!“


Seine Linke, die noch immer das Amulett umfasst hatte, begann in diesem Moment zu leuchten, ganz so, als würde Sie brennen.

                       „Meine Brüder, Väterchen Angrosch ist mit uns!
                                 Daher auf in den Kampf!
                                   Gortoscha Mortomosch!“


Und mit diesen Worten schritt er zwischen den Kriegern umher und legte 6 von Ihnen die Linke auf die Stirn oder auf die Schulter. Auch Tharnax und Rigolosch segnete er so und nach einem kurzen Moment begann die Stelle, wo er den jungen Angroscho berührt hatte, zu kribbeln. Es war so, als breitete sich ein Feuer in Ihm aus. Seine Augen wurden schmal und er spürte, wie sein Blutfluss schneller durch seine Adern rauschte. All seine Muskeln spannten sich an und er bemerkte, wie der Segen seines Onkels ihn stärkte. Dieser war nun zurück in die letzte Reihe getreten und atmete schwer. Dann schien er sich zusammen zu nehmen und wieder zu konzentrieren. 

Keinen Moment zu früh kehrte wieder Ruhe ein und jeder war an seinem Platz, denn dann kamen sie. Aus der Dunkelheit jenseits der Lichtkegel, der inzwischen wieder aufgeblendeten Laternen, schelten sich mehrere Gestalten, die den Anschein machten, als wären sie aus blankem Fels geformt. Ihre Form war grobschlächtig, ihre Gliedmaßen klobig und dennoch, sie waren schnell.

“Feuer!”, brüllte Tharnax und die erste Salve Bolzen flog mit dem Knallen der Sehnen zwischen den Köpfen der zweiten und über die der ersten Reihe der Krieger hinweg. Sofort nachdem die Bolzen eingeschlagen waren, stand die erste Reihe mit Tharnax in der Mitte auf und nahm Position ein, die Schilde überlappend.

Dann waren sie heran. Es waren fünf. Vier von ihnen mochten kaum mehr als einen Schritt groß sein, einer jedoch, der letzte in der Gruppe, musste sich ducken, um voran zu kommen in dem durch Angroschim geschaffenen Stollen. Er war deutlich größer und massiver, fast zwei Schritt so schätzte Rigolosch.  Die ersten zwei Kraballim trafen auf die Schilde der Zwerge. In ihnen steckten gleich mehrere Bolzen, aber es waren auch welche von ihrer dicken Steinhaut abgeprallt und die die steckten, hatten sie zumindest nicht verlangsamt bei ihrem Ansturm.

Die drei Krieger aus Ârxozim in der ersten Reihe hielten stand, auch wenn sie alle einen Ausfallschritt machen mussten, um das Gewicht der Wühlschrate beim Aufprall aufzuhalten. Sofort hieben die Schlägel aus der zweiten Reihe zu und versuchten die Aggressoren wieder auf Distanz zu bringen, doch einer hatte sich bereits in dem Schild dem Bergvogtes festgebissen und wich keinen Finger zurück, als ihn die schwere Waffe traf.

Doch die Krieger waren beseelt von dem Feuer des Allvaters in ihrem Inneren. Sie hieben mit Äxten und Hämmern auf ihre Gegner ein und die beiden Zwerge aus der Wacht Tosch Isnasotar erkannten, wie eingespielt sie waren im Kampf auf beengtem Raum, wie jeder auf die Deckung des anderen achtete und wie man die Fehler des anderen ausmerzte, um die Kampflinie geschlossen zu halten. Die wenigen Treffer, die die Krieger einstecken mussten, wurden durch ihre schweren Rüstungen entschärft.  Stahl traf Stein und da die Schilde verhinderten, dass zumindest die gefährlichen Kiefer der Schrate zu nah an die Zwerge herankamen, waren die ersten beiden Kraballim bald von wuchtigen ‘Wunden’ gezeichnet am Boden, so dass die zweite Reihe an die Angroschim heran konnte.

Unter den verbleibenden dreien war auch der riesige Wühlschrat, der mit einem gewaltigen Schwinger von oben Tharnax’ zu diesem Zeitpunkt bereits arg geschundenen Schild attackierte. Der Bergvogt taumelte mit tauben Arm zurück, da er aufgrund der Wucht ansonsten auf dem Rücken gelandet wäre. Die zuvor geschlossene erste Reihe brach und der riesige Schrat setzte nach, während die verbleibenden zwei Krieger ins eins gegen eins gegen die verbleibenden Krabalim gingen. Die zweite Reihe der Krieger aus Ârxozim jedoch nahm sich den Riesen vor, während der Bergvogt noch im Begriff war, wieder in Kampfposition zu gehen. 

Rigolosch hatte bisher nur mit offenem Mund zugesehen, wie die Hämmer von Arxozim den Kampf geführt hatten, ohne selbst aktiv zu werden. Ihre Zusammenarbeit und das geübte agieren im Kampfverband beeindruckten den jungen Angroscho sehr, so dass er seine Nervosität erst mal komplett vergaß. Als dann der riesige Wühlschrat durch die erste Reihe brach, da wurde ihm schlagartig klar, dass nun sein Moment gekommen war. Mit einem tiefen Schrei stürmte er nach vorne und rammte der Kreatur mit voller Kraft seinen Schild gegen die Hüfte, so dass sie von Bergvogt Tharnax erst einmal abließ. Rigolosch blickte jetzt in zornig funkelnde Augen, die ihm vorkamen wie die eines Raubtiers. Der Treffer hatte dem Kraballim wohl kaum geschadet, sondern ihn eher noch wütender gemacht.

Das Felsenwesen hob seine Rechte und schlug nach Rigolosch, doch der Angroscho machte schnell einen Schritt zur Seite. Wie er es in seiner Ausbildung gelernt hatte, hielt er den Schild immer zwischen sich und der Kreatur, den Schildrand knapp unter seinen Augen. Seine Waffenhand mit der Streitaxt hielt er hinter dem Schild verborgen, so dass sein Gegner die Waffe erst im letzten Moment kommen sehen würde. Den Kraballim schien dies aber nicht sonderlich zu interessieren, stattdessen schlug er wieder zu und Rigolosch erkannte nun eine Lücke. Im letzten Moment duckte sich der Angroscho und als er spürte, wie die Felsenfaust über ihn hinweg schoss, stürmte er geduckt nach vorne. Mit einem mächtigen Ausfallschritt trat er an den Kraballim heran, holte mit der Axt aus und schlug mit ganzer Kraft auf den Oberschenkel des Wesens ein.

Der Hieb, der einem Schwarzpelz, oder sogar einem Oger wohl das Bein gekostet hätte, war in diesem Duell jedoch die völlig verkehrte Wahl. Rigolosch war noch zu unerfahren, denn sonst hätte er erkennen müssen, dass ein Hieb mit einer scharfen Waffe nahezu keinen Schaden gegen eine solch natürlich gerüstete Kreatur verursachte. Die Schneide seiner Axt fuhr daher gegen den harten Fels ohne großen Schaden zu verursachen und ein Teil der Waffe zersplitterte sogar an der dicken Haut des Wesens.

Entsetzt blickte der junge Angroscho auf seine beschädigte Waffe. Dies war sein zweiter Fehler, denn anstatt gleich wieder Abstand von der Kreatur zu nehmen, hielt er sich zu lange in ihrem Angriffsradius auf. Der Kraballim schlug nun mit Links nach dem jungen Angroscho und dieses Mal traf sein Schlag. Rigolosch gelang es zwar noch, seinen Kopf etwas wegzudrehen und seinen Schild zur Verteidigung zu heben, doch dies nahm dem Angriff nur einen Teil der Wucht. Der Angroscho spürte wie ein Teil der Pranke des Felsenwesens über seinen Schildrand ging und ihm über das Gesicht fuhr. Mit einem trockenen Ton brach die breite Nase des Angroscho wie ein Holzzweig, während die scharfkantigen Felsen des Kraballim einen Teil seines Gesichts zerschnitten, dass das Blut nur so in hohem Bogen spritzte. Die Wucht des Angriffs ließ ihn auf den Rücken stürzen, während er laut vor Schmerzen aufschrie. Kurz darauf wurde Ihm schwarz vor Augen und er fürchtete schon sein Ende wäre gekommen. 

Die große Kreatur hätte ihn wohl in diesem Moment in die Schmiede von Angrosch geschickt, doch gerade noch rechtzeitig war Tharnax wieder zur Stelle. Im ungedeckten Rücken der Kreatur hatte sich der geübte Kämpfer gut positioniert und in diesem Augenblick schlug der Bergvogt mit brutaler Kraft direkt in die Kniekehle des Felsenwesens. So gut dessen steinerne Panzerung auch war, selbst die harten Felsen konnten einer solchen Wucht nicht vollständig widerstehen. Mit einem dumpfen Ton des Schmerzes ging die Kreatur auf ein Knie und als sie ihren Kopf zum Bergvogt drehte, verpasste ihr Tharnax einen Rückhandschlag gegen das ungeschützte Kinn, so dass sie auch erst mal zu Boden stürzte. „Geht's noch, Junge?“ rief der Bergvogt, ohne seinen Blick von dem Kraballim abzuwenden. Rigolosch über dessen Sichtfeld sich nun ein roter Schleier gelegt hatte, konnte nur gepresst mit einem „Da!“ antworten.

„Dann auf, es gibt noch Hammerarbeit zu verrichten!“ meinte der Bergvogt und ließ seine Waffe herumwirbeln. Rigolosch wäre am liebsten am Boden liegen geblieben, doch die Worte von Tharnax brachten ihn wieder einigermaßen zur Besinnung. Außerdem begann sich nun in seinem Inneren eine gewaltige Wut aufzubauen, die ihn seinen momentanen Schmerz vergessen ließ. Stattdessen verspürte der junge Angroscho das dringende Verlangen diesen Kraballim in seine Einzelteile zu zerhacken. Also erhob er sich wieder genau wie der Wühlschrat. Dieser schien sich nun in eine Art von Tobsuchtsanfall hinein zu steigern, denn sein mächtiges Kiefer schnappte nun immer wieder auf und zu. Für eine so große und schwere Kreatur war der Kraballim erstaunlich flink wieder auf den Beinen. Als seine irre funkelnden Augen Tharnax erblickten, da kreischte er laut auf und stürzte sich augenblicklich mit ausgestreckten Armen wieder auf den Angroscho. Der Bergvogt von Arxozim machte sich für den Aufprall bereit, doch in genau diesem Moment zerschnitt eine scharfe Stimme den Kampflärm.

                                 „Weltenerschütterer Angrosch, 
gib meinem Hammer deine göttliche Kraft
und lass den Boden unter meinen Feinden erzittern!“


Der große Kraballim, der gerade noch wütend angestürmt kam, stürzte nun erneut zu Boden, als die Erde unter ihm zu zittern und zu rütteln begann. Rigolosch blickte erstaunt zur Quelle des Rufes und erkannte seinen Onkel Eldrik, welcher seinen Hammer einen Augenblick zuvor mit einem mächtigen Hieb auf die Erde niederfahren hatte lassen. „Keine Angst Junge, Angrosch schützt dich weiterhin!“ meinte der Geweihte mit einem grimmigen Blick.

Nun war die Zeit für die schweren Hämmer gekommen. Die Krieger mit den beidhändig geführten Waffen, die sich bis dahin darauf beschränkt hatten den Steinriesen auf Distanz zu halten, da sie ohne Schild kaum eine Gegenwehr gegen sein Gebiss besaßen, rückten vor und drangen mit gezielten Schlägen auf die Gelenke des Wühlschrates auf ihn ein. Am Boden war er für sie ein leichtes Ziel. Tharnax indes nahm eine Verteidigungsposition ein und drückte Rigolosch zur Seite, so dass sie nicht in die Reichweite der weiten Schwinger der Schlägel kamen. Der Bergvogt nickte dem jungen Angroscho anerkennend zu und auch ein aufrichtiges “Danke”, kam über seine Lippen.

Währenddessen rückten zwei der Armbrustschützen zu den Kriegern der ersten Reihe vor und unterstützten diese mit ihren Seitenwaffen, so dass sie rasch gegen die Kraballim obsiegten. Die verbleibenden Armbrustschützen sicherten das Kampfgeschehen gegen den großen Wühlschrat, überließen es aber den Hammerträgern dessen Ende zu besiegeln.

  Als der Kampf beendet war trat Tharnax und Rigolosch zu Meister Eldrik. “Danke Väterchen”, sprach der Bergvogt. “Ihr beide”, er warf einen Seitenblick zu dem jungen Angroscho an seiner Seite. “Ihr beide wart uns eine große Hilfe. Ohne den Beistand Angroschs hätte dies viel blutiger ausgehen können.  Ich würde vorschlagen, wir lassen hier eine Wache errichten und besprechen uns in der Bergwacht, wie weiter zu verfahren ist. Ich denke nicht, dass es die einzigen Kraballim sind, die hier unten hausen. Ich würde gern vier meiner Krieger damit beauftragen, die Männer Tosch Isnasotars im Tunnelkampf zu schulen. Ein Sieg ist hier nur auf lange Sicht zu erringen, fürchte ich.

Bevor wir aber darüber sprechen, werden wir trinken.” Tharnax legte Rigolosch einen Arm väterlich über die Schultern. “Der Junge ist mutig und tapfer. Ich werde ihm seine Nase selbst richten, dafür aber ist es besser, wenn er einiges an Gebranntem im Bauch hat.” Der Bergvogt grinste.