Rondra zur Ehre

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Ausgabe Nummer 82 - Phex 1047 BF

Rondra zur Ehre

Tempelweihe im Schatten des Krieges

BRN. DRIFT, Hesinde 1047 BF. Am ersten Tag des Schlangenmondes wurde in der alten Yassburg der „Rote Turm“, ein neu errichtetes Heiligtum der Rondra, mit allen Würden durch Schwertbruder Mieltra den Löwen geweiht. Unser frommer Fürst Anshold selbst hat einen guten Teil der Kosten gestiftet, nachdem er seine Vasallen zum Bau von Gotteshäusern zu Ehren Rondras ermutigt hatte.*

Kalte Winde pfiffen an jenem Tage um die dicken Mauern des vollständig aus Uztrutzer Blutstein errichteten Turms an der Flanke des Haupttores, als die Drifter Ritterschaft, angeführt von ihrem Baron Brumil Wackerstock, dem Weiheritual beiwohnte.

Der Tempelraum, schlicht und streng, wird von einem Altar aus Ambossgranit im Zentrum beherrscht. An den Wänden hängen Waffen, Helme und alte Banner – stumme Zeugen vergangener Schlachten, die den ewigen Kampf in Rondras Namen widerspiegeln. Eine überlebensgroße Statue des Fürsten im Prunkharnisch blickt gnädig auf die Betenden herab und weist ihn als Stifter des Tempels aus. Daneben finden sich die Wappen der Drifter Ritterschaft, die sich ebenfalls großzügig an der Finanzierung des Tempels beteiligte.

Der Beitrag des Barons erregte im Besonderen die Aufmerksamkeit der Gläubigen – ein Opfer, das sich nicht mit Gold aufwiegen lässt, wie der Baron betonte: eine Statue der göttlichen Leuin, anmutig und furchterregend zugleich, zusammengeschmiedet aus Waffen besiegter Feinde. Speerspitzen formen das Löwenhaupt, zerbrochene Klingen die Läufe und Pranken, während zerbeulte Schilde ihren Leib zieren. „Möge Rondra durch diese Werkzeuge des Krieges erneut ihre Macht entfalten“, sprach der Baron, während das Abbild, das auf einem Podest hinter dem Altar ruhte, im Schein der wenigen Kerzen bizarre Schatten an die Wände warf.

Doch nicht nur der Tempel wurde an diesem Tag geweiht: Der Segen der Göttin wurde auch auf die anwesenden Krieger herabgerufen, denn sie sammelten sich für den Aufbruch zur Belagerung des Bärenstiegs, die unser Fürst seinen Vasallen zur Wahrung von Recht und Ordnung befohlen hatte.

So zeigte sich in jenen Stunden, an diesem kalten Wintertag, zum wiederholten Male die Weitsicht unseres geliebten Landesvaters. Vor zwei Jahren hatte er den Weg zum Bau dieses Heiligtums bereitet, um es nun zur rechten Zeit für den großen Kampf im Wengenholm vollendet vorzufinden.

Nachdem sich das kleine Aufgebot aus Drift auf seine weite Reise in den Norden der Provinz gemacht hatte, blieb der Rote Turm verwaist zurück; denn zur großen Betrübnis aller konnte noch keine Geweihte und kein Geweihter gefunden werden, um hier Wacht zu halten.

Dara Guttel