Endloser Schrecken

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Ausgabe Nummer 23 - Rahja 1021 BF

Endloser Schrecken

Ein Hügelzwerg erlebt die dritte Dämonenschlacht

Ende Peraine

Da wollte wahrlich keiner zögern, als Begrosch uns am gemütlich prasselnden Kaminfeuer vom Wunder am Angbarer See erzählt hatte, das er mit doch mit eigenen Augen sah. Von der Lanze des heiligen Ambros sprach er, und vom neuen Hochkönig Albrax, der sein Erbe bewahren wolle und gleich ihm wider die finstren Magier ziehe. Hach, da war der Stolz entfacht, und ein jeder will nun mit ihm ziehen. Einzig Mütterchen Thrascha will noch nicht recht freudig sein und möchte und zuhause wissen, doch sie ist ja schon immer ängstlich wie ein Hügelpüschel gewesen. Wir aber holten unseren Wagen hervor, beluden ihn mit bestem Bier, leckeren Würsten, und was man auf einer Reise sonst noch so braucht, spannten die brave Kuh Thalessia davor, damit wir auch immer gute Milch haben, und Walmar bemalte alles mit den heiligen Runen des alten und neuen Hochkönigs. Freilich durfte auch das feierliche Hissen des koscher Banners nicht fehlen, denn wir wollen schließlich gut wieder in die Heimat zurückkehren.

XIV. ING

Ach herrje, was ist das doch für eine weite Reise. Es konnte doch keiner ahnen, daß die Schlachten so weit weg von daheim geschlagen wurden. So weit weg ist das, daß der Feind doch unmöglich unseren Kosch bedrohen kann. Selbst uns sind doch beinahe die Füße abgefallen. Aber Begrosch weiß davon zu erzählen, daß man sogar das stolze Gareth angegriffen hatte und wohl bald sogar Angbar würde angreifen wollen. Na, das werden wir den bösen Horden aber tüchtig austreiben, mit unseren Dreschflegeln, Sitzäxten und Mistgabeln – ja, und Dremox der Starke hat ja sogar eine echte Hellebarde von seinem Ur-Großvater.

XIX. ING

Endlich sind wir angekommen. Ganz viele Leute sind hier schon versammelt und harren der kommenden Dinge. Wir haben die Koscher gefunden und uns ihnen gleich angeschlossen. Die wackersten sind freilich die Sappeure – die Jochstunk Budella hab ich auch getroffen. Eine neue Rüstung hat sie sich machen lassen, die in der Sonne glänzt wie Schmiedefeuer. Wo man hinkuckt sah man adelige Leute rumrennen. Zum Beispiel war der Ferdoker Graf da und redete mit seinen Mädels. Freibier hat er uns allen gegeben, und es war schon fast wie daheim. Der Metenarer lief mit seiner Bannstrahlerkutte umher und tat sich recht wichtig. Auch der junge Edle von Toroschs Aue war da, weißt schon, der so nett reimen kann, und sprach mit dem Berggreven Gorek. Na, und den guten Baron Barytoc von Bragahn haben wir gesehen, mit Glatze, und bei ihm der Ritter Falk, auch mit Glatze. Ich hoffe, daß man der üble Gestank keinen Haarausfall macht …

XX. ING

Die meisten koscher Edlen sind woanders hingeritten, aber wir durften nicht mit und sind nun bei den anderen geblieben. Aber das sind ja sowieso mehr – so viele, daß sogar Väterchen Trowix wohl noch nie so viele gesehen hat. Irgendwie ist man heute aufgeregter als gestern – gerade so, als stünde man vor der Feuertaufe … ich glaube nicht, daß es noch lange dauert mit der Schlacht.

XXI. ING - Sonnenaufgang

Geradezu mit den ersten Sonnenstrahlen haben wir so richtig mit dem Kämpfen angefangen. Überall johlen sie, und fuchteln mit den Waffen. Dremox, Begrosch und Tarrim sind gleich vorgeprescht. Ich bin mit Walmar erstmal hiergeblieben, weil es mir vorne doch zu dichtes Gedränge ist. Die Budella ist schon lange wieder bei ihren Sappeuren und schaufelt tüchtig Gräben bei der scheußlichen Mauer, um sie kaputtzumachen. Ich hab sie mit erst jetzt genauer angesehen. Also, ich glaub ja nicht, daß sie aus angroschgefälligem Stein gemacht ist...

1. Ingerimmsstunde

Was bin ich froh, daß ich nicht gleich mit vor bin, denn die alle sind jetzt ganz grausam gemeuchelt worden – liegen da, ganz erbärmlich, dunkler Nebel streicht unheimlich um sie herum. Der Tarrim ist an mir ganz von Sinnen vorbeigerannt, und ganz blutig war er. Wie er sind gar manche geflohen, aber die meisten halten tapfer aus. Angroschhilf, daß auch Dremox und Begrosch noch wohlauf sind.

2. Rondrastunde

Angroschbleibbeiuns – was für ein furchtbares Schreien und Jammern, so viel Lärm, Blut und Gestank. Schlimmer noch als Väterchens Geschichten von den Drachenkriegen, denn da haben wir doch immer so heldenhaft gewonnen. Hier sterben aber nur alle. Der Walmar fiel neben mir um wie ein Fels, als ein Geschoß ihn plötzlich traf. In Budellas Graben ist eben ein heller Feuerball entstiegen, und jeder der Sappeure, der noch konnte, ist brennend rausgerannt. Viele waren das nicht, und Budella hab ich nicht gesehen. Mir ist ganz übel …

In der Nacht

Als so ein widerliches Wesen – wohl eine Art Fledermaus auf mich zuflog habe ich die Besinnung verloren und bin erst jetzt wieder aufgewacht. Es ist schon ganz dunkel, aber geschrien und gekämpft wird immer noch. Fast wäre ein Reiter über mich gefallen, doch ich konnte mich noch wegrollen. Mein Bein ist verletzt. Irgendwas muß ein Stück herausgebissen haben, als ich ohne Sinnen war – ich kann nicht mehr wegrennen, und glaube mir, das versuche ich mehr als alles andere. Nur weg von hier, von diesem Grauen, dieser Hölle …!

Später

Inzwischen ist die Sonne ein weiteres mal wieder aufgewacht – ich liege in einem Lager, zusammen mit unzähligen Verletzten – all jenen Glücklichen, die diese Schlacht lebendig überstanden haben. Budella lebt sogar als eine der wenigen Sappeure noch, aber die Flammen haben sie übel zugerichtet. Ingerimmgeweihte will sie nun werden, hat sie mir verraten, ehe sie wieder in Ohnmacht versank. Ich konnte Dremox sehen, er hatte seine eigene Hellebarde in seinem Wanst stecken – und Begrosch soll in Stücke gerissen worden sein. Sogar unsere gute Kuh Thalessia ist von einem Biest gefressen worden, während sie davonlief. Oh wie ist dies alles schrecklich – so sehr, daß ich mich gar nicht recht darüber freuen kann, daß wir mit Angroschs und Ambros’ Hilfe nun wohl doch gesiegt zu haben scheinen. Jedenfalls sagt man das so im Lager – daß der üble Meister von Zulipan gerichtet worden sei – aber auch der König von Gareth, was den guten Fürsten wohl schmerzen mag, ja, manch gestanden Rittersmann sah ich weinen ob all des Leids umher. Herrje, wenn so viel Scherz nötig war, um neue Hoffnung zu gebären, dann sei es eben so – aber ob ich mich je daran erfreuen kann weiß ich nicht – denn mir scheint, als wäre alles Lachen in mir verglommen. Wie recht hatte doch da unser altes Mütterchen Thrascha!

Harxim Hasenbeutler