Von rastlosen Herrschern und verfluchten Seelen

Aus KoschWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen


Kosch-Kurier36-.gif

Ausgabe Nummer 43 - Ingerimm 1029 BF

Von rastlosen Herrschern und verfluchten Seelen

Ein Einblick in die gespenstischen Sagen der Geistmark

Der folgende Traktat wurde vom Geistmärker Hofmagus Malzan Lichterlohe zu Händen seiner Wohlgeboren Voltan von Falkenhag verfasst. Dieser hat es dem Kosch-Kurier gnädig zur Publikation überlassen, den Lesern zur Bildung und der Göttin zu Ehren.

Die Schriftleitung

Werter Collega, Euer Wohlgeboren, Ihr habt gnädiges Interesse an einer Beschreibung jener Spukgestalten, die meiner jetzigen Heimat den Namen geben, geäußert. Mit Freuden erfülle ich eure Bitte und hoffe, euren Wissensdurst ausreichend stillen zu können. Ich beschränke mich dabei auf jene zehn Erscheinungen, deren Echtheit derzeit von den Einheimischen am deutlichsten bejaht wird. In mondlosen Nächten werden an Herdfeuern noch zahllose weitere Geschichten erzählt.

Die Geistmärker Geister lassen sich in je drei Sorten und Klassen einteilen. Die Sorten sind: Geister, deren Existenz belegt ist, Spuke mit unsicherer Existenz und offensichtliche Hirngespinste. Als Klassen lassen sich aufführen: Geister historischer Persönlichkeiten, Gespenster, die auf generischen Sagen beruhen, sowie offensichtliche Falschinterpretationen natürlicher oder übernatürlicher Phänomene. Für diese Zusammenstellung habe ich jedoch ein einfacheres Ordnungsprinzip gewählt: Jenes der alphabetischen Reihenfolge. Verzichtet habe ich auch auf eine Zuteilung zu den Kategorien, die Gargi, Sohn des Gax im „Monster-Handbuch“ eingeführt hat (Gefesselte Seele, Nachtalp, Spuk, Irrlicht und Erscheinung).

Die eisernen Angroschim

Von diesen beiden Gespenstern liegen Berichte aus der ganzen Baronie vor. Es handelt sich um zwei Zwerge, offenbar Brüder, deren Körper ganz aus Erz bestehen und bei jeder Bewegung quietschen und knarren. Nicht einig sind sich die Zeugen über die Natur dieses Erzes. Während einige sagen, es sei ungreifbar wie alle Geisterkörper, sprechen andere von unheiligem, eiskaltem und schneidend scharfem Eisen. Angeblich stehen die beiden Zwerge unter einem Fluch Angroschs, weil sie zu Lebzeiten das Eisen nicht ehrten. Offenbar arbeiten sie an ihrer Erlösung, indem sie Eisen einsammeln. Während einige behaupten, die Angroschim raubten eiserne Gegenstände, meinen andere, sie bäten nächtliche Wanderer verzweifelt darum. Eine Variante der Sage behauptet gar, dass sie das Eisen nicht mitnähmen, sondern lediglich dem Angrosch weihten und so seinem bisherigen Besitzer zurückgäben.

Das fliegende Auge

In Wengerich fürchten sich manche vor dieser Erscheinung. Angeblich lebte in dieser Gegend einst ein Herumtreiber, der seine Nase in alles steckte und überall ein Auge hineinwerfen wollte. Eines Tages mischte er sich in ein Geheimnis ein, das er besser hätte ruhen lassen, und büßte mit dem Leben dafür. Doch während sein Körper längst verrottet ist, blieb sein Auge zurück und will noch immer alles mit ansehen, was irgend jemand heimlich anstellt. Dieses fliegende, bluttriefende Auge ist bemerkenswert gut bezeugt. ich halte es allerdings für denkbar, dass es sich nicht um einen Geist handelt. Ein Dämon ganz ähnlicher Gestalt ist aus der Domäne des Vielgestaltigen Blenders bekannt und scheint nicht zuletzt am Hofe des verfluchten Galotta häufig invokiert worden zu sein.

Das Schlossgespenst von Halmwacht

Es versteht sich fast von selbst, dass in der Geistmark auch der Burg derer von Sighelms Halm ein Gespenst zugeschrieben wird. Es soll sich um eine ältere Frau handeln, angeblich die Mutter eines früheren Barons. Doch über dessen Namen und Lebenszeit kursieren die unterschiedlichsten Varianten, so dass ich versucht bin, die Geschichte in den Bereich der Märchen zu verweisen. Das Schlossgespenst taucht nur in besonders schlimmen Zeiten im obersten Turmzimmer auf, um vor drohender Gefahr zu warnen. Interessanterweise wurde es weder in diesen Tagen noch während des Orkenzugs gesehen. Zuletzt soll es in der kaiserlosen Zeit erschienen sein.

Der halbe Holzfäller

Im Bergwald an der Ostgrenze der Baronie, nördlich von Bocksloch, soll dieses Gespenst umgehen. Es erscheint als grobschlächtiger Mann, von dem nur eine Hälfte zu sehen ist. Einige behaupten, dass man seine säuberlich durchtrennten Innereien sehen könne, andere berichten, dass die Schnittstelle nur neblig wabere. Der halbe Holzfäller soll je nach Erzählung vom Tannkönig oder vom Rabatzmann in zwei Stücke gehauen worden sein, weil er gegen den Wald gefrevelt hatte. Angeblich hasst er alles, was zwei Teile hat, und versucht es zu zerstören. Man sagt auch, der Geist suche jemanden, der seine beiden Teile zusammenbringt, denn der Rabatzmann soll die eine Hälfte der Leiche aufs Bockshorn geworfen haben und die andere auf den Gipfel des Luginsland.

Karras Schwestermörder

Als Baron Borckhardt von Sighelms Halm im Jahr 696 BF starb, hinterließ er Zwillinge. Kaum waren die Boronsriten vollzogen, begannen sich Karras und Ulide um die Nachfolge zu streiten. Bevor Fürst und Kaiser über die Ansprüche entscheiden konnten, ließ Karras heimlich seine Schwester und deren Familie beseitigen. Danach herrschte er tyrannisch über die Baronie, bis sein Verbrechen aufflog: Ein Kindermädchen hatte sich mit Ulides jüngstem Sohn retten können und klagte Karras vor dem Kaiser an. Das Reichsgericht befand ihn für schuldig und ließ ihn köpfen. Seither soll seine böse Seele durch die Geistmark irren und sich von der Lebenskraft der Menschen ernähren. Es heißt, um ihn zu vertreiben, müsse man ein paar Bretter zu einem Podest nageln. Dann beginne der Geist zu jammern und zu flehen, ihn nicht aufs Schafott zu schicken.

Die Köhlerkinder

Dies ist wohl die jüngste Erscheinung der Baronie. Seit dem Wüten des Alagrimm wurden verschiedentlich die geisterhaften Gestalten von vier oder fünf kleinen Kindern mit schlimmen Brandwunden gesichtet. Die armen Kleinen sind offensichtlich im Feuer des Unwesens verbrannt und finden nun keine Ruhe. Sie steigen nachts aus dem Rauch eines Lagerfeuers im Wald. Ständig murmeln sie „der Vogel, der Vogel“. Wer Federn trägt, den greifen sie mit brennenden Geisterfingern an.

Der Orkhexer

Dieses Gespenst soll schon seit dem ersten Orkenzug im Wald westlich von Storchsklausen umgehen. Die Leute erzählen, eine versprengte Bande der Schwarzpelze habe das Kloster stürmen wollen, doch die Gebete der Perainepriester hätten es beschützt. Da habe dieser Orkhexer einen Dämonen gerufen, der die Priester beseitigen sollte. Doch der Dämon ließ sich nicht beherrschen. Er tötete den Hexer und wollte ihn mit in die Niederhöllen reißen, wurde aber zuvor von den Priestern gebannt. Die ausgerissene Seele des Orks spukt nun im Wald, rasselt mit Knochenkeulen und hinterlässt unheilige Zeichen an Bäumen.

Der Rosskuppler

Die folgende Geschichte hat sich erst vor rund vier Jahren zugetragen: Ein wandernder garetischer Handwerksmann namens Maselrich Rosskuppler landete im Kerker der Burg Sighelms Halm, weil er sich trotz obrigkeitlichem Verbot mit blökenden Geräuschen über die tobrischen Siedler in der Geistmark lustig gemacht hatte und danach den Baron bezichtigte, selbiges auch schon getan zu haben. Rosskuppler darbte ein halbes Jahr im Loch, bis Baron Kordan ihn auf Intervention aus seiner Heimat freiließ. Da war sein Körper aber vom Fieber schon so verzehrt, dass er auf dem Heimweg noch innerhalb der Geistmark verstarb. Nun geht der Rosskuppler angeblich in der Nähe von Wengerich um und bittet um Rache am Baron. Dabei soll seine Rede immer wieder von kläglichem Blöken unterbrochen werden.

Der schwarze Praioni

Dieses Gespenst irrt angeblich jede Praiostagsnacht durch die Wälder rund um Boltansroden. Es erscheint als verkohlte Leiche im verrußten Priesterornat. Die Eckpunkte seiner Legende sind historisch verbürgt: Im Jahr 424 BF kommt der priesterkaiserliche Vogt der Geistmark, Gwidhân von Ronahan, bei einem Brand ums Leben. Laut einer Chronik aus der Rohalszeit war Gwidhân wahnsinnig und tyrannisierte die Bevölkerung mit immer neuen Auflagen zu Ehren seines Gottes. Die Geisterlegende besagt, der Vogt habe schliesslich befohlen, den gesamten Wald von der Ange bis zum Gebirge zu roden, „auf dass des Hohen Herren Glanz ungehindert zu Boden fallen möge“. Aus dem geschlagenen Holz ließ Gwidhân riesige Scheiterhaufen errichten, „um das Licht des Götterfürsten auch in die tiefste Nacht zu tragen“. Nicht selten brannten auf den Scheiterhaufen auch Bauern, die sich gegen den Wahnsinn des Vogtes zur Wehr gesetzt hatten. Doch eines Nachts blies ein starker Wind die Funken dieser Brände bis auf das Dach der vögtlichen Residenz, die sogleich lichterloh in Flammen stand und Gwidhân das Leben kostete. Boron aber soll dem Praioni den Eintritt in die Zwölfgöttlichen Paradiese versagt haben, so dass er bis heute in den Wäldern umgehen muss, die er vernichten wollte. Doch während es früher hieß, der schwarze Praioni wimmere und knirsche mit den Zähnen, behaupten heute manche, er lache wild und hämisch, seit der Alagrimm den Kosch verwüstet hat.

Die tolle Bande

Diese Gespenster suchen angeblich in Vollmondnächten die Harschenheide rund um Bauersglück heim. Es sollen die ruhelosen Seelen einer Handvoll Rüpel sein, die in vergangener Zeit die Dörfler mit Raub und Gewalt quälten, bis sie auf der Flucht vor den Bütteln verreckt sind. Nun hetzen sie selbst nächtliche Wanderer in den Tod, um sie danach in ihre Reihen aufzunehmen.

Zwei weitere Erscheinungen, von denen das Volk gerne berichtet, habe ich aus dieser Sammlung weggelassen: Xubosch und den Roten Ochsen. Der Geode Xubosch soll sich bei einer Flut für Menschenkinder geopfert haben und nun in der Harschenheide manchmal zu Hilfe eilen, wenn wieder Hochwasser droht. Der Rote Ochse terrorisierte die nördlichen Wälder der Baronie während einiger Zeit nach dem zweiten Orkenzug. Beides sind offensichtlich keine Geister. Die Berichte von Xubosch, wenn sie denn echt sind, lassen in ihm einen Alveraniar Ingerimms oder Efferds erscheinen (ein durchaus interessanter Gegensatz!), während der Ochse eindeutig als Dämon identifiziert und gebannt werden konnte.

Meisterinformationen

Einige Abenteuerideen von Kordan findet sich unter dem Titel "Von rastlosen Herrschern und verfluchten Seelen" unter den Abenteuerschauplätzen.