Von Schall & Sang & Wörterklang

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Ausgabe Nummer 28 - Tsa 1023 BF

Von Schall & Sang & Wörterklang

Musik und Dichtkunst im Koscher Land

Wahrlich, wenig Großes und Rühmliches haben Hesinde und Rahja dem Koscherland angedeihen lassen, heißt’s. Wie lieblich erklingen entlang des Yaquirs Laute und Geige, wie wehmütig singt der Albernier seine Lieder, wie kunstvoll webt der Garetier die Noten seines Spinetts — ja, selbst der Weidener übt sich treulich im Minnesang. Um das wackere Fürstentum aber sei’s übel bestellt, so meinen viele.

Die Werklieder

In einem Land, in dem zwergische und menschliche Lebensweise aufs engste verwoben sind, wundert es nicht, daß sich auch die Musik der Völker zu einer neuen Form entwickelt hat. Von den Angroschim des Kosch (und zuweilen auch des Amboß) stammt der Brauch, die Überlieferungen der Bruderschaften und Gilden in eine Art rhythmischen Sprechgesang zu packen, der mit den Handlungen und Arbeiten genauesten einhergeht.

Dies dient zu dreierlei: erstens werden die häufig sehr komplizierten Kunstgriffe von Generation zu Generation überliefert, zum zweiten vermag auf diese Weise größere Scharen, beispielsweise von Steinmetzen, im Einklang arbeiten zu lassen, und zum dritten vertreibt sie die Langeweile bei den oftmals mondewährenden Werken.

Naturgemäß haben die Werklieder keinerlei Begleitung, da ja die Hände für die Arbeit frei sein müssen. Den Zwergen — und auch einigen Menschenmeistern — gelingt es aber, mittels ihrer Werkzeuge eine Art Melodie zu erzeugen. Berühmt sind die Schmiedelieder der Angbarer und das Hammerlied der Ferdoker Metzen. Das längste Lied dieser Art soll von Bergkönig Arombolosch gesungen worden sein, als er seine legendäre Axt in viertätiger ununterbrochener Arbeit schmiedete und dabei über vierzig Strophen sang.

Da auch die Flammende & Erzkirche des Herrn Ingerimm den Werkliedern ähnliche Gesänge kennt, heißt es in den nachbarlichen Nordmarken spottend: „Zwerge beten mit dem Hammer.“

Heldensagen

Geschichte, Tradition und Erbe bedeuten an wenigen Ort mehr als im Kosch. Neues wird stets an Gewesenem gemessen, Altes selten über Bord geworfen. Daher nimmt es nicht Wunder, daß — ebenfalls dem Zwergenvolke abgeschaut — die Heldendichtung hoch im Wert steht. Kein Geschlecht, daß nicht mindestens einen heroischen Streiter benennen könnte, keine Stadt oder Grafschaft, die nicht ihren besonderen Schützer hätte. Droben im Gebirge verehrt man besonders den Heiligen Kupperus, der in den Magierkriegen einen mächtigen Geist bannte und nun den Schlaf der Koscher bewacht, rund um Angbar den Helden Freilian vom See. Allein die Sagen über den strahlenden Baduar und Fürst Halmdahl den Keiler füllen ganze Bände, und etliche davon wurden von Barden (allerdings zumeist aus Weiden oder Hinterkosch) vertont.

Spruchdichtung

Auch diese koscher Eigenart entstammt dem ehrbaren Handwerk. Es ist zumal in Angbar und Ferdok bei den Meistern üblich, ihre Werke nach der Vollendung mit einem besonderen Spruch zu schmücken — sei dies im Sockel eines Steinbilds, auf der Sohle des Schuhs oder in der Ecke des Tuchgewebes mit feinsten Lettern.

Diese Sprüche sind von gewitzter Weltgewandheit, derbem Spott, strenger Belehrung oder frommer Zuneigung geprägt. Dabei haben sich die wohlmeinenden Koscher schon manchen Hader geschnürt: Unvergessen die Geschichte, als der Steinbrücker Schuster Hanusch Sackfold einem Garether Gecken ein besonders keckes Sprüchlein auf die Sohle schusterte. Am nächsten Tage schon war’s in aller Munde, und die Gassenjungen sangen den Vers dem Kaufmann hinterdrein, daß dieser wütend abfuhr.

Man sieht’s: besonders gelungene Sprüche warten nicht lange auf ihre Melodei; und Meister wie Gevatter Sackfold haben in ihrer Werkstatt oft einen ganzen Band stehen, darinnen ihre Sprüche gesammelt sind, auch wenn sie selbst sich nicht auf die Schrift verstehen.

Volksweisen

Natürlich liebt das einfache Volk auch seine Musik. Gerade im Wengenholmschen (auch im Schetzeneck), wo es viele Einödbauern und Hirten hat, ist die Kunst des Flötenschneidens wohlbekannt, und vielfach gehört das Flötenpfeifchen für die Einheimischen zur Arbeit wie der feste Stecken und der lederne Wasserschlauch. Diese Lieder besitzen selten einen Text, doch befaßt sich die Melodie stets mit den Erscheinungen der Natur: Wind, Wasser, Berg und weites Feld klingen in den zarten wehmütigen Tönen mit.

Wenn aber in der warmen Jahreszeit das Volk von nah und fern zum Twergentrutzer Trutzfest oder dem Schetzenecker Bierfest strömt, die Mädel buntbestickte Tücher um den Nacken geschlungen haben und die Burschen ihr bestes Wams tragen, dann feiern die Koscher, und die Kapellen spielen mit Trommeln und Pauken, Trompeten, Hörner und Tuten zum Tanze auf — genauso lautstark wie traditionelle Zwergenmusik, von der die Instrumente entlehnt sind, aber meist deutlich schwungvoller.

Weithin bekannt (und bei zärteren Gemütern gefürchtet) ist der ebenfalls zwergische Pfeifenbalg, welcher ein durchdringendes Gequäke von sich gibt. Das Angbarer Sappeur-Regiment besaß eine eigene Kapelle Sackpfeifer, die beim Marsch stets vorneweg schreiten und den Soldaten „den Marsch blasen“. Angeblich soll während der Belagerung von Gareth 18 Hal ihr stetes Auf- und Abmarschieren, knapp außer der Bogenschußweiten einer von answinstreuen Truppen aus Darpatien gehaltenen Bastion die Besatzung zermürbt haben, noch bevor die Mauern unterminiert waren. Vor der Trollpforte jedoch teilten die Musikanten das traurige Schicksal ihrer Kameraden.

Der ebenfalls beliebte Quetschbeutel findet sich hingegen kaum in den Marschkapellen, mit ihm spielt meist ein einzelner Musikant zum Tanze oder Mitsingen auf. Das auch Harmonicum oder — wegen seiner Form — Raupe“ genannte Instrumente ist vor gerade erst 15 Götterläufen von den Ferdoker Instrumentenbauern Ingrosch, Sohn Igen und Silberkind dem Elfen während der Arbeit an der Nordmarken-Orgel nebenher“ erfunden worden, hat sich aber seither für seine Väter erheblich besser ausgezahlt als der Auftrag des Herzogs von Elenvina.

Das urtümlichste jener absonderlichen Instrumente aber ist das Berghorn, welches wohl ganze vier Schritt lang ist und darum auf den Boden gestützt sein muß. Es bedarf schon der kräftigen Lungen eines Wengenholmers, diesem Ungetüm einen Ton zu entlocken, und nur ein großer Meister vermag darauf jene langgezogenen Klagen zu spielen, die einstweilen durch alle Täler des Gebirges dringen.

Man sagt, daß Berghorn habe seinen Ursprung in den Zeiten des Wengenholmer Freibundes, als die abgelegenen Gehöfte einander Botschaften und Warnungen zukommen lassen mußten. Den anrückenden bosparanischen Legionen jedenfalls erschien den wenigen erhaltenen Berichten zufolge furchtbar und gemahnte einige Söldner der Drôler Marken an den Olifanten, die man in südlichen Feldzügen gegen die Tulamiden kennengelernt hatte.

Karolus Linneger & Burgholdin der Jüngere


Irdischer Hinweis: Dieser Artikel bildete die Grundlage für den Wiki-Artikel Sing und Sang.