Neuer Schwung im Sumpf - Zwerge und Elfe
Die Nachricht vom Verschwinden des Knüppeldammes nach Klammwinkel versetzte die gesamte Ortschaft in Unruhe. Dorfschulze Olgosch Sohn des Ogrim brauchte einige Zeit, um die Leute soweit wie möglich zu beruhigen. Derweil ließ Waibel Grabosch Sohn des Grubosch die Mitglieder seiner Lanze in Gruppen ausziehen, um die unmittelbare Umgebung zu erkunden. Drohte Neuvaloor eingeschlossen zu werden? Breitete sich der Sumpf immer weiter aus? Verleibte er sich alle Gründungen der Moorbrücker Neusiedlung wieder ein?
Am Abend stand fest, dass Neuvaloor erst einmal sicher schien. Dennoch beschlossen die Angbarer Sappeure, vorerst hier zu bleiben und jeden Tag das Gebiet um die Siedlung erneut abzusichern. Sie hatten in den letzten Monaten bereits reichlich Erfahrung damit gemacht, wie schnell sich der Sumpf wieder ausbreiten konnte! Und hier war auch dämonische Magie am Werk…
Im Verlauf des nächsten Tages trafen zwei weitere Besucher in Neuvaloor ein: Zwerge mit schlammbedeckter Kleidung und breitkrempigen Lederhüten. Es handelte sich um Prospektoren, sie sich als Bengram Sohn des Borgrim und Xandresch Sohn des Xologrim vorstellten und in der Siedlung bereits bekannt waren. Als sie Ibralosch Sohn des Ingrasch unter den Sappeuren entdeckten, brachen sie in laute Jubelrufe aus – stammte er doch ebenso wie sie aus der Wettertrutz-Sippe und war somit ein Verwandter! Schnell war für die Neuankömmlinge ein Krug Bier organisiert, und gemeinsam tauschte man sich auf Rogolan über die neuesten Erlebnisse aus. Auch über den etwas aus der Art geschlagenen Vetter Bram Sohn des Schrax, der in Ferdok Ambitionen hegte, Schreiber für den Kosch-Kurier zu werden, wurde herzlich gelacht.
Als die Sprache jedoch auf den Knüppeldamm nach Klammwinkel kam, verfinsterten sich die Mienen der Prospektoren. “Ich glaube, es ist besser, wenn wir unsere Erkenntnisse mit allen hier teilen”, schlug Bengram vor. Was sie dann den Dorfbewohnern und Sappeuren zu berichten hatten, klang nicht sehr zuversichtlich: Das plötzliche Aufweichen, ja regelrechte Verflüssigen des Bodens in der Nähe von Klammwinkel war auch den beiden Prospektoren aufgefallen, als sie gerade in der Gegend das Gelände kartographieren wollten. Anhand von Markierungen hatten sie messen können, dass sich das Phänomen zwar nicht weiter in Richtung Neuvaloor ausbreitete, aber der gesamte Umkreis Klammwinkels schien betroffen zu sein. Klare Sache: Die dortigen Menschen und Zwerge steckten fest. “Wir haben es zwar noch nicht aus Richtung Hohentrutz versucht, aber nach allem, was wir gesehen haben, würde es mich wundern, wenn es von dort aus ein Durchkommen gäbe.”, schloss Xandresch ihren Bericht.
Das bestärkte die Lanze in ihrer Absicht, noch einige Tage hier zu verweilen. Die Prospektoren wollten ebenfalls bleiben und helfen, das Gelände zu erkunden. Insgeheim hofften sie darauf, versunkene Schätze zu finden, von denen es angeblich einige im Moorbrücker Sumpf geben sollte. Tatsächlich stießen sie jedoch auf eine alleine umherstreifende Elfe mit strohblondem Haar. Diese hatte ebenfalls gemerkt, dass sich etwas an der Umgebung verändert hatte, und war gerne bereits, mit zurück ins Dorf zu kommen. Dort war der neueste Gast bereits bekannt, hatte die Elfe doch schon einmal die Siedlung besucht und sich insbesondere mit Ritter Boromil vom Kargen Land lange unterhalten. Daher stellte sie sich nur den Angbarer Sappeuren vor.
“Sanyasala, fey'ama! Ich werde Eldariel Abendglanz genannt.” “Grabosch Sohn des Grubosch.” “Es ist mir eine Freude, werter boroborinoi, auch wenn der Anlass des Kennenlernens kein schöner ist.” “Das kann man wohl sagen! Die Nachbarsiedlung scheint plötzlich vom Sumpf eingeschlossen, und ein Mitglied meiner Lanze liegt verletzt und mit Fieber auf dem Krankenlager.” “Das tut mir sehr leid! Vielleicht kann ich helfen…” “Nun, unsere Heilerin kümmert sich bereits um Ackbar – so heißt die Kranke. Sprecht am besten mit ihr.”
“Du heißt Eldariel? Ich bin Ildaria. Das klingt ja ganz ähnlich!” Für einen Moment hatte die junge Frau ihre Sorgen vergessen und schaute mit großen Augen die Elfe an. Eldariel musste schmunzeln. Einige der Rosenohren kannten noch unschuldige Freuden. Nachdem sie sich hatte erzählen lassen, was genau passiert war, inspizierte sie die Wunde und tastete die Ackbars Stirn ab. “Der Verband war gut gemacht, und auch der Tee und die Heilkräuter haben das ihre getan. Ich denke, sie wird es auch ohne mein Zutun überleben und wieder ganz zu Kräften kommen. Allerdings kann ich die Dauer der Heilung ein wenig verkürzen, wenn Du das möchtest.” Ildaria nickt nur kräftig, dann sah sie fasziniert zu, wie Eldariel ganz sanft eine Hand auf Ackbars Arm legte und leise immer wieder bah’sama sala bian da’o sang. Täuschten sie ihre Augen, oder sah Ackbar nach einigen Minuten weniger blass aus? Als Eldariel ihr Werk vollendet hatte, sagte sie schlicht: “Nun muss ich mich selbst ein wenig ausruhen.” Ildaria konnte ihr Glück nicht fassen! War das Phexens Gunst gewesen?
Als die Elfe das Haus verließ, wurde sie von einer Einwohnerin angesprochen. “Sanya, Eldariel!” “Sanya… Ulinai?” “Eorla!” Eldariel erinnerte sich daran, dass eine der Frauen hier Isdira sprach. Diese sprach weiter. “Vielleicht möchtest Du nach all dem Sumpf ein reinigendes Bad nehmen. Mein Mann Ibrom und ich würden uns freuen, Dich als Gast begrüßen zu können.” Ah, natürlich! Sie hießen Wasserlieb und waren Bader. “Eorla.” Das würde ihr nach der Reise und der Heilung gut tun...