Entführung des Prinzenpaares - Die Hofdame

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Erlenschloss, 1031

Erlan von Sindelsaum hatte sich kurz von der Gruppe entfernt, um ein stilles Örtchen aufzusuchen, aber als er zurückkehrte, war der Saal verlassen. Suchend blickte er sich um und begann ein wenig durch das Schloss zu streifen. Die Räume waren für seinen Geschmack in ihrer Exotik teilweise erschreckend exotisch. Insgeheim hoffte Erlan, dass der Erbprinz solche Extravaganzen bei seiner Thronbesteigung hinter sich lassen würde, aber man wusste ja nie.
Nachdem er ein Weilchen durch die Gänge geschlendert war, entdeckte er ein Mädchen, das gedankenverloren aus einem Fenster blickte. Ihre bessere Kleidung wies sie als Hofdame aus. Erlan wandte sich an das Mädchen.
"Guten Abend, junge Dame. Darf ich fragen, warum ihr so einsam und verlassen aus dem Fenster starrt?"
Die junge Dame zuckte sichtlich zusammen und blickte ihn für einen Moment überrascht an.
"Ich musste an die Prinzessin denken, aber wer seid ihr? Ich habe euch hier noch nie gesehen. Gehört ihr zu der Suchmannschaft?"
"Allerdings, aber verzeiht mir meine Unhöflichkeit. Mein Name ist Erlan von Sindelsaum."
Dabei neigte er leicht das Haupt. Die junge Frau wandte sich nun vollends Erlan zu. "Ich bin Perainhild von Leihenhof, Hofdame Nadyanas."
Erlan hatte also richtig gelegen, die Dame war tatsächlich im engeren Kreis des Erbprinzenpaares.
"Dann habt ihr doch sicherlich etwas von der Entführung mitbekommen? Wo wart ihr denn, als es passierte? Ich habe gelesen, dass an diesem Tage viele merkwürdige Gestalten im Schloss weilten. Ist euch dabei jemand besonderes aufgefallen? Und meint ihr, dass es sein könnte, dass die beiden einfach mal für ein Weilchen ihre Ruhe haben wollen?"
Erwartungsvoll blickte Erlan Perainhild an, während er auf ihre Antwort wartete.
"Sie hatten einen anstrengenden Tag hinter sich gebracht und sehnten sich nach Ruhe, da habt Ihr sicher recht. Die Prinzessin hat mich gleich nach dem Abendessen gebeten, sie alleine zu lassen und diesmal nicht zum Entkleiden zu begleiten. Doch um ihre Ruhe zu haben, wären sie nicht überstürzt, mitten in der Nacht, ohne eine Nachricht aufgebrochen. Vor allem aber...", die Augen der jungen Dame glitzerten, "... habe ich gesehen, wie sie entführt wurden. Doch sah ich in der Nacht nicht mehr als Schemen, die sich am Pferdestall aufhielten. Ich hielt die Gruppe von etwa sechs oder sieben Leuten für einige der vielen Besucher, und nahm an, dass die Wachen sie schon noch vertreiben würden. Mir wurde es erst klar, um wen es sich handelte, als ihr Schlafgemach leer vorgefunden wurde. Ich erinnere mich noch, dass ich mich wunderte, dass eine Frau ein Kleid trug, das dem Schlafrock der Prinzessin ähnelte... es war nur ein kleiner Augenblick, in dem ich ihn sah ..."
Ihre Fäuste ballten sich, und sie presste sie an ihre Stirn.
"... ich hätte sofort die Wachen rufen müssen. Oh, verzeiht mir, Prinzessin ... verzeiht mir..."
Von dem Ausbruch berührt legte Erlan Perainhild die rechte Hand beruhigend auf die Schulter.
"Grämt euch nicht. Wir werden die Prinzessin schon wieder finden. Der ganze Kosch sucht schon nach ihnen."
Bisher ohne Erfolg, dachte Erlan dabei düster.
"Doch erzählt mir mehr über diese Gestalten. Konnten ihr etwas besonderses erkennen? Handelte es sich um Menschen, und waren sie bewaffnet? Haben sie vielleicht gar irgendwelche Spuren hinterlassen? Vielleicht hat ja einer etwas verloren."
Wie alt dieses Mädchen wohl sein mochte. Vermutlich so alt wie seinen eigenen Töchter. Das Verschwinden des Prinzenpaares war wohl ein harter Schlag für sie gewesen. Nach kurzem Nachdenken wandte sich Erlan erneut an die junge Maid.
"Zeigt mir doch, wo ihr die Entführer gesehen habt."
Dabei nahm er die Hand von der Schulter und blickte das Mädchen aufmunternd an. Die Jungfer wischte ihre Tränen mit einem Tuch von ihren Wangen und lächelte Erlan dankbar an, auch wenn ihr Blick traurig blieb. Sie dachte einen Moment nach und führte sich das schmerzhafte Bild wieder vor Augen, das sie sodann zu beschreiben begann.
"Soweit ich es erkennen konnte, waren alle Menschen - einen Zwerg sah ich nicht. Ihre Kleidung wirkte eher wie die von Edelleuten, denn von Räubern - vielleicht habe ich auch deshalb zunächst keinen bösen Verdacht geschöpft. Ich glaube bei einem ein Schwert - oder zumindest eine Schwertscheide - an seiner Seite gesehen zu haben. Sie unterhielten sich - und wirkten fast gelassen, während der kurzen Zeit in denen ich sie sah. Doch leider waren sie zu weit entfernt um Worte zu verstehen. Ich kann Euch zu der Stelle führen, an der sie standen."
"Waren sie nur adlig angezogen, oder bewegten sie sich auch wie Leute aus der besseren Gesellschaft? Aber führt mich doch nun bitte zu der Stelle. Mal sehen, vielleicht findet sich ja was. Ich weiß, das wurde bestimmt alles schon mehrmals abbgesucht, aber man weiß ja nie."
Ein wenig besorgt blickte er Perainhild an. Hoffentlich überstand sie es, zum Ort des Geschehens zurückzukehren. Der Fakt, dass die Entführer wie Adlige ausgesehen hatten, verwirrte ihn ein wenig. Ob vielleicht die Falkenhags dahinter steckten? Voltan traute er nicht über den Weg. Aber den Erbprinzen entführen, dass würde vermutlich nicht mal er wagen. Da durchzuckte ihn ein Gedanke wie ein Blitzschlag.
"Adlig sahen sie aus? Waren denn auch Frauen dabei? Sah vielleicht eine in etwa so aus wie diese?"
Dabei holte er einen der Steckbriefe über Charissia von Salmingen hervor. Wenn sie dahinter steckte, konnten sie sich auf einiges gefasst machen.
Perainhild blieb einen Moment stehen und betrachtete das Bild - auf ihrer Stirn war eine feine Falte zu erkennen.
"Ich weiß nicht ... Frauen waren wohl dabei, doch konnte ich keines der Gesichter erkennen. Die Gruppe stand im Mondschatten des Stalles."
Sie gingen weiter durch einen Gang und näherten sich einem Seitenportal.
"Ob sie adlig waren oder nur so gekleidet waren, kann ich schwer sagen. Auf mich wirkten sie nicht verkleidet.", fuhr sie fort und öffnete die Tür zum Hinterhof.
Der Schnee spiegelte das fahle Mondlicht in bläulichem Schimmer wieder. Die Hofdame führte den Edlen von Sindelsaum zu einem nahegelegenen Anbau mit drei großen Toren, den Stallungen - in der Tat lag der Platz davor in dunklem Schatten. Wer hier stand, konnte bestenfalls in Umrissen erkannt werden.