Des Dichterfürsten Rondrabund
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Des Dichterfürsten Rondrabund
Baronin Rena und Landedler Wolfhardt geben sich zu Ferdok das Ja-Wort
„Die Zeit der Travia, nun ist sie da“ hatte der Edle Wolfhardt von der Wiesen kürzlich bei der Brautfahrt des Prinzen Edelbrecht gesungen — nun war für ihn selbst die Zeit gekommen, seine Verlobte, die Baronin Rena von Arbasien, vor den Traualtar zu führen.
Allerdings nicht im Hause der Wildgans, sondern in der Halle der Rondra zu Ferdok tauschten sie Ringe und Eid nach altem, ritterlichen Brauche. Das Licht der Kerzen brach sich funkelnd auf den blanken Brünnen der adligen Gemeinde, während sich das junge Paar unter dem Segen Seiner Hochwürden RdG Rudward von Thalblatt die Ewige Waffentreue schwor.
Nach der Zeremonie begab sich die Festgesellschaft hinüber in die Residenz des Grafen Growin, der keine Kosten und Mühen gescheut hatte, dieses Fest für seine ehemalige Knappin und Erste Ritterin auszurichten — und die Brautleute waren durchaus dankbar, wäre doch der Landsitz des Edlen auf Toroschs Aue nicht groß genug, um die Gäste nebst Gefolge zu beherbergen.
Zum ersten Mal seit dem Begräbnis seiner Eltern sah Herr Wolfhardt die Familie wieder beisammen: die Schwestern Rondralieb und Gulda von der Wiesen, die zu Ferdok als Lanzerinnen dienen; seinen Bruder Halmdahl, Priester der Hesinde zu Salmingen; und seine Tante, Alane von Tarnelfurt — allein der jüngste Bruder Bernhelm weilte nicht unter ihnen, ward er doch nach Weiden in die Knappschaft gegeben. Da mochte sich die Braut für einen Augenblick ein wenig einsam gefühlt haben, da keiner aus ihrer Sippe anwesend war. Aber die Herzlichkeit der neuen Schwägerinnen ließ keine traurigen Gedanken aufkommen — die drei jungen Damen, von denen zweie übrigens noch ungebunden sind, bildeten „ein ganz reizendes Kleeblatt“, wie Frau Alane lächelnd bemerkte.
Auch zahlreiche Freunde des Brautpaares waren erschienen, natürlich der Baron von Vinansamt und Ritter Falk Barborn, die sich noch gut daran erinnerten, wie sich auf der Heimreise von des Rabensteiners Traviafest im Hinterkosch die ersten zarten Bande zwischen den heute Vermählten geknüpft hatten; das war anno 28 gewesen. „Da wurde es ja auch mal Zeit!“ meinte Ritter Falk dazu und klopfte dem Bräutigam wohlwollend auf die Schulter.
Prinz Edelbrecht indessen konnte zu seinem großen Bedauern der Hochzeit seines treuen Dichterfreundes und Falkenritters Wolfhardt nicht beiwohnen, weilte er doch selbst auf traviagefälliger Fahrt im Greifenfurtschen, von der er Herrn Wolfhardt eigens beurlaubt hatte, um das seit langem Anstehende endlich in Angriff zu nehmen. Doch waren die Ringe der Brautleute auf des Prinzen Geheiß (und Rechnung) von Meisterin Rograma in Angbar angefertigt worden. Aus den Händen des Barons von Vinansamt empfing das Paar als Hochzeitsgabe eine Sammlung von Schriften zur „Kunst, Haus und Hof traviagefällig beisammen zu halten“, in feines Leder gebunden, mit kupfernen Gänsen verziert.
Und später, während man sich an Spanferkel mit Ferdoker Bratäpfeln gütlich tat, erwähnte der Baron, wie nebenbei, daß man den diesjährigen Frondienst doch dazu verwenden könne, um die Straße nach Toroschs Aue auszubauen. Derlei Pläne kamen dem Edlen gut zupaß, hatte er doch unlängst beschlossen, einigen arbasischen Flüchtlingsfamilien Land zur Pacht zu geben — so würden sie zwar in der Fremde, aber doch bei der Frau Baronin sein.
Vorher aber ereignete sich noch ein kleiner Zwischenfall. Draußen vor dem Saale hörte man plötzlich laute Stimmen wie von einem Streit; gerade wollte sich der Graf erkundigen, was vorgefallen sei, da öffnete sich die Türe, und ein etwas verwegen aussehender Mann betrat forschen Schrittes den Saal.
„Ich will doch auch dabei sein, wenn mein kleines Schwesterchen heiratet!“ rief er der Baronin von Arbasien zu, die mit einem überraschten Freudenschrei aufgesprungen war und auf den unverhofften Gast zulief; denn niemand anderes als ihr Bruder Damian war es, der seit langem schon als Glücksritter durch die Lande streifte!
Seit Kindertagen hatten sich beide Sprößlinge des Hauses Arbasien nicht mehr gesehen. Ohne seinen Ring mit dem hier wohlbekannten arbasischen Wappen freilich wäre Herr Damian wohl kaum bis in den Festsaal gelangt. Nach dieser Unterbrechung wurde das Mahl mit einem zusätzlichen Gedeck wieder aufgenommen, reichlich gewürzt durch allerlei Anekdoten, saß doch außer dem unverhofft Aufgetauchten noch so mancher weitgereiste Recke des Koscher Landes mit an der Tafel.
Dabei kam man auch auf das bevorstehende große Adelsfest im Horasiat zu sprechen, und es stellte sich heraus, daß viele der Anwesenden noch unschlüssig waren, ob man denn wirklich dorthin reisen solle. Baronin Rena indessen erklärte, sie habe ohnehin den Wunsch, nach ihrer Hochzeit das Liebliche Feld zu bereisen, sei sie doch den schönen Künsten und dem Hesindianischen seit langem zugetan; man kann sich denken, daß ihr dichtender Gatte diesem Wunsch sehr gerne nachkam.
Die Gäste, vor allem der wackere Hausherr, Gevatter Growin von Ferdok, waren zunächst verwundert ob dieser Pläne; dann aber befand er, daß man „die Kinder“ eigentlich nicht alleine dorthin reisen lassen könne. Dem Spruch des Grafen schlossen sich andere der edlen Festgesellschaft zustimmend nickend an, und so hob man zu später Feierstunde die Krüge zu dem Trinkspruche: „Auf, auf ins Horasiat!“