Lawinengefahr

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Ausgabe Nummer 32 - 1025 BF

Lawinengefahr

„Und schlimmer noch als die plötzlichen Winde, die Hagelschauer oder sonstiges Hexenwetter sind die Lawinen, die von den Zwergen hier „Krawalloschim“ genannt werden. Und dero scheidet der Einheimische zumindest in zwei Arten: zum einen die Lawine, welche wie Firuns Atem über die Hänge tobt, ein geballtes Wirbeln von Schnee, das einen heftigen Winddruck vor sich her treibt und damit gar Bäume bersten läßt und Tiere und Wanderer von den Beinen reißt. Und wen es nicht in die Tiefe zerrt, dem nimmt das tobende Element den Atem, als sauge es die Luft hinfort. Wahrlich, so streng kann nur des Eisigen Gevatters Zorn sein!

Aber alldieweil, wenn getaut und so die Schmelze anbricht, dann rutscht der Schnee herab von den Hängen und schiebt sich wie ein gewaltiges Wesen hinab ins Tal. Anders als der wütende Firun reißt hier allein der schwere Schnee alles mit sich, was im Wege liegt. Wer die Allgewalt dieser viele Quader schweren Schneemauer erfährt, ist des sicheren Todes. Er wird zugedeckt und erdrückt, ehe noch der Atem ihm ausbleibt oder er gar erfrieren mag. Bisweilen, so erzählte man mir, erlebt man, daß die solcherart Heimgesuchten von Eisschollen enthauptet werden oder aber lebendig ins Tal rutschen, wo sie, wenn nicht schon tot, von der nachdrückenden Eiswoge zerquetscht werden, ehe alle zum Stillstand gekommen. Und so sagt man: dies ist das finstere Treiben der Berggeister, der Hexen und Geoden.“

Cordovan Holnwegen „Allein über den Greifenpaß. Memoiren eines Kaiserlichen Landvermessers“