Sonnenfürsten
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Lange nachdem in anderen Teilen des Reiches schon der gleißende Bannstrahl der Priesterkaiser durch die Reiche zog, blieben die Zeiten im Kosch noch vergleichsweise ruhig und besonnen. Die Geweihten des Praios brachten so manches Gute, legten die Grenzen fest, verzeichneten die Bürger in Listen (freilich vor allem um die Steuern gerecht fordern zu können), sorgten für Ordnung. Doch nach der Ermordung des Lichtboten Kathay loderten auch im Kosch die Feuer der Inquisition, brannten Ketzer, Magier und Hexen, vergingen auch hier die hehre Kirche Rondras und das Rittertum Baduars fast völlig im „Sommer von Feuer und Blut“.
Chronik
Neue Herren von Praios Gnaden
Als man im Jahre 335 BF mit einem Male die Rondrageweihten ehrlose Gesellen hieß (den Kronprinzen Rude hätten sie nämlich gemeuchelt), obzwar sie bei Treu und Glauben beteuerten, dies alles sei ein böswillige List ihrer Feinde, die Praiospriester aber die Getreuen der Leuin allesamt richten ließen, da war den Koscher Edlen guter Rat teuer.
Das gemeine Volk fügte sich wohl in die neue Ordnung, die dem Götterfürsten gefälliger sei (wenngleich sie bald darauf zu murren beginnen sollten, doch davon später). Unter den Rittern, Junkern, Baronen und Grafen aber waren viele, die die Frau Rondra und den Herrn Praios gleichermaßen in Ehren hielten, ohne dass sie zu sagen vermochten, welche Gottheit ihnen lieber sei. So aber zerfielen die Edlen bald in solche, die sich der neuen Herrschaft dienlich zu sein mühten oder zumindest wie das Volk still hielten und zunächst abwarteten, und solche, die nicht von ihrem Glauben an die Leuin lassen wollten - die Folge waren Kampf und Tod.
Die Angbarer Geweihten fielen auf den Stufen der Tempelburg, die hernach – gleich den Tempeln von Ferdok, Koschtal, Gerrun, Leuwensteyn und Alt-Garnelen – mit dem Greifensiegel verschlossen wurde. Einzig Rondras Halle zu Rhôndur blieb dank selten nachsichtiger Praioni verschont.
Ihrer Göttin treu blieb auch Leonore vom Eberstamm. Die Muhme des Fürsten Odoardo vom Eberstamm, selbst eine Geweihte der Leuin, verweigerte die Herausgabe der Reichsinsignien, die Kaiser Ugdalf ihr als Burggräfin zu Uztrutz in Verwahrung gegeben hatte. Über ein Jahr lang ward die kaiserliche Pfalz Rudes Schild von den Truppen des Priesterkaisers Aldec belagert, bevor die ausgehungerten Verteidiger einem verzweifelten Ausfall wagten – und allesamt niedergemacht wurden. Die Burg des ersten Rude hatte den Parteigängern des zweiten Namensträgers kein Glück gebracht. Seit jenem Tage verschwunden aber sind die alte Greifenkugel und die Gürtelschließe Rauls des Großen …
Leonores Schwestersohn Odoardo freilich – welcher wie seine Vorfahren in Gareth weilte und dem Lichtboten wieder und wieder seiner Ergebenheit versicherte – verlor zwar den Fürstentitel (doch nicht den Kopf, und dessen konnte ein jeder gewisslich froh sein in den Tagen der Priesterkaiser) und blieb nurmehr Burggraf der Mark Ochsenblut bei Gareth, wie seine Nachkommen, denn keiner von diesen sollte sich jemals wider die Geweihtenschaft empören.
Wie im ganzen Reiche herrschten auch im Kosch fortan die Geweihten des Greifen in all ihrer strahlenden Schrecklichkeit. Die Grafschaften Zwischenwasser und Schetzeneck wurden mit weiten Teilen des Gratenfelser Landes zur Lichtei Greifenpass zusammengefasst. Die Grafschaft Ferdok blieb als Lehen eines Graf-Inquisitors erhalten, war jedoch nominell gleichsam der Lichtei hörig. Einzig Wengenholms Baronien nördlich derAnge unterstanden in jener Zeit dem Greifenfurter Hochgeweihten des Praios.
Verwalter der Lichtei blieb Seneschalk Vinan V., der sich dem Herren Praios weihen ließ, fortan Sonnenvogt nannte und die einst der Rondra geweihte Abtei Leuwensteyn bis 343 BF zu einer Zwingfeste der Sonnenpriester ausbaute. Alsbald strahlte die Kuppel der Klosterkapelle in jenem Gold, das einst Angbars Halle der Kämpfer schmückte und das Kloster geriet derart prächtig, dass Leuwensteyn zur eigentlichen Residenz der Lichtei wurde (nur selten das eigentlich dafür vorgesehene Gratenfels).
Die besonnenen Zeiten
Nachdem der erste Sturm der Priesterkaiserlichen Herrschaft verklungen und der ärgste Widerstand gebrochen war, kehrte bald wieder Ruhe in koscher Land ein. Der gestrenge Blick der Priesterkaiser ruhte auf anderen Provinzen des Reiches, wo die Sonnenlegionäre und neu gegründeten Bannstrahler hart gegen die Ketzerei vorgingen und die Feuer loderten. Dagegen zeigten sich Vinan V. und seine Nachfolger im Amt der Sonnenvögte als deutlich mildere Herrscher. Aus ihrer Sicht sei dem Götterfürsten am besten gedient, wenn man die Grenzen verzeichnet und Grenzsteine setzt, neue Brücken, Straßen, Bildstöcke, Kapellen und Tempel errichtet. So entstanden in jener Zeit nicht zuletzt der prächtige Praiostempel zu Angbar am neuen "Sonnenplatz" (dem heutigen Neumarkt) oder die prachtvolle Abtei zu Prasunk - was andererseits freilich einen entsprechend verdoppelten Gottesdank (wie der Zehnt damals hieß) forderte. Erstmals wurde jeder Koscher in langen Listen getreulich verzeichnet, freilich vor allem um die horrenden Abgaben gerecht fordern zu können - und damit das nötige Gold für die neuen Bauten zu erhalten. Dieses harte Los trugen die braven Koscher zumeist in praiosgefälliger Demut – und selbst die verbliebenen Adeligen zeigten sich still und fügsam, denn im Grunde war die Herrschaft bei aller Härte noch milder als anderswo - und der Rondratempel von Rhôndur vermochte die Lehren Baduars ebenso zu bewahren, wie die Hexen ihre Kulte in den entlegenen Wäldern.
Der Sommer von Feuer und Blut
Von Kathay, dem dritten der Priesterkaiser, erhoffte sich mancher im Koschland mildere Zeiten und Steuern – war Seine Erhabenheit (heut’ mag man sich dessen nicht mehr rühmen) doch ein gebürtiger Bragahner! Allein, sein segensreiches Wirken beschränkte sich darauf, in seinem Heimatort den Bau einer weiteren Zwingfeste zu befehlen, den Koschern ersparte er kein Taggebet und keinen Kreuzer. Als der Erhabene im Götterlaufe 414 BF mit prunkvoller Bagage das Reich durchzog, schickte er sich gar an, den Fortgang der Arbeiten selbstselbstens in Augenschein zu nehmen.
Zu Leuwensteyn im Vinansamtschen hatte die Hofgesellschaft Gastung genommen, als es einer Frau aus dem Volke gelang, an all den Geweihten, Greifenreitern, Söldlingen und Dienervolk vorbei unerkannt – mit sündiger Hexenkraft wohl, wie der Groß-Inquisitorius hernach verkündete – in das Gemach des Erhabenen Meisters Einlass zu finden. Zu töten aber vermochte die Tochter Satuarias ihn nach neuesten Quellen nicht – es heißt, dass niemand anders als Graf Gurvan von Wehrheim, ein Wahrer der Ordnung, der Versuchung der Macht erlag und den verwundeteten Kaisers hinterrücks erschlug.
Aller Welt aber tat man kund, die Krötenhexe habe den Erhabenen gemeuchelt, und sie ward dafür gerichtet. Doch kein Fluch kam über ihre Lippen, da man sie blendete und ihr das Augenlicht nahm, bevor man sie den Flammen übergab. Ihr Scheiterhaufen war nur der Funken, der viele weitere entzündete: Rasch stellte man Sonnenvogt Vinan XII. einen Groß-Inquisitorius zur Seite, während der Sonnenvogt selbst sich mühte seinen Eifer zu beweisen, sich fortan zum gestrengen Herrscher wandelte und zur eigenen Mahnung den Beinamen Kathay gab. Bald versuchten sich der Sonnenvogt, der Groß-Inquisitorius (der seinen Sitz bald am Trolleck errichten ließ) und die Graf-Inquisitorin zu Ferdok gegenseitig in Glaubenseifer und Gnadenlosigkeit zu überbieten. Wo eben noch Ruhe und Milde herrschten, rollte nun eine umso gleißendere Feuerwalze durchs Land. Rachsüchtig durchstreiften die Schergen der Inquisition das Land, ohne Gnade suchten sie wahrhaftige und vermeintliche Feinde ihrer Herrschaft zu strafen und „metenarische Zustände“ auszumerzen, wo immer noch eine Geweihte oder ein Baron Großherzigkeit gezeigt hatte. So fand auch der letzte Rondra-Tempel ein Ende - aber nicht ohne dass zumindest ein einfacher Geweihter namens Leubold mit der Schwertscheide Baduars und dem Wissen um die alten Liturgien des Koscher Ritus entkommen konnte.
Der Kult des Phex
Doch auch andere Geweihte der Zwölfe mussten sich nun vorsehen nicht als Gegner der praiosgefälligen Ordnung gesehen zu werden. In Angbar hob man einen vermeintlichen Kult des Namenlosen aus und ließ den "Oberschamanen" Ferrik aufknüpfen, weil er das Bild einer Ratte auf die Brust tätowiert hatte - ohne zu wissen, dass diese in seiner südlichen Heimat als Tier des Phex gilt. Die Vogtvikarin von Angbar, die Graue Grimma, brach daraufhin mit den alten Traditionen ihres Kultes, predigte fortan den redlichen und ehrbaren Handel und ließ einen öffentlichen Tempel bauen.
Firuns Bärenfluch
Etwa zur selben Zeit ritt der Leib-Inquisitorius des Priesterkaisers zur Jagd durch die Koschberge. Er, Hagrobrandt von Namen, war ein grausamer Herr, der sich daran ergötzte Bären auf glühende Eisen zu schicken, auf dass dieser tanze und damit die Überlegenheit des Menschen beweise. Im Dörflein Firnholm schließlich geschah es, dass Iralda, eine einfache Geweihte Firuns – eine aufrechte Frau und fromm allen Zwölfen – sich weigerte, ihren Hut zu ziehen, als der hohe Herr mit seiner Gesellschaft vorbeiritt. Als Ketzerin wurde sie gerichtet und der Tempel – ein kleines Holzhüttchen nur – ein Raub der Flammen. Im darauffolgenden Winter werden die Hochlande von Bären heimgesucht, einem erst, zweien dann, dreien hernach, vieren, fünfen und ungezählten mehr. So flohen die Menschen Firnholms und der Nachbartäler, denn auch diese ereilte bald darauf des Eisigen Jägers Fluch.
Da es aber an rechten Helden fehlte, die den Kampf wider die Tyrannei wagen wollten – die aufrechtesten waren der Inquisition leicht auszumachen und schnell gerichtet – , ward das Joch nicht abgeschüttelt, obzwar der Unmut schwelte wie der Brand eines Köhlers. Nur wenige Zeugnisse des leisen Widerstandes sind bis heute in den Chroniken verzeichnet, wie etwa die Zerstörung des Fürstenpasses auf dem Baduarsteigs zwischen Angbar und Burg Fürstenhort, den die Zwerge eines Winters mit Eis vom Felsen sprengten. Viel häufiger finden sich lange Listen von Prozessen gegen Aufständische und Ketzer, Berichte von Folterungen, Grausamkeiten und lodernden Scheiterhaufen. Im Mahnerschrein der Abtei Prasunk kann man bis heute Relikte jener Tage betrachten: Das Herz der vermeintlichen Attentäterin auf Priesterkaiser Kathay, Hexenschädel oder in Gläsern sorgsam eingelegte Zungen lästerlicher Redner.
Erst als über fünfzig Jahre nach der Ermordung Kathays die Kunde von des Herrn Rohals Erhebung im Koscherland umherging, brach sich der aufgestaute Unmut Bahn, ward die Zwingburg zu Bragahn geschleift und allerorten die Priester des Greifen davongejagt. Es sollte lange dauern, und die Mühen vieler volksnaher und weiser Geweihter benötigen, bis sich die Achtung der Koscher vor der Praioskirche halbwegs erholte.
Zeittafel
- 335 BF
- Belagerung von Alt Rudes Schild durch die Sonnenlegion der Priesterkaiser
- Die Fürsten vom Erbenstamm werden zu Burggrafen in der Kaisermark degradiert
- Das Fürstentum Kosch wird in die Lichtei Greifenpass und die Lande des Graf-Inquisitors von Ferdok geteilt
- 352 BF
- Erste Erwähnung der Ferdoker Garde, als sie sich in die Koschberge zurückziehen um dort die Rondrianischen Ideale zu bewahren.
- 387/388 BF
- Während der Namenlosen Tage regnet es rund um Bragahn Breitmaulfrösche vom Himmel. Die Einheimischen haben wenig Zeit, über die possierlichen Tiere zu lachen, deren gierige Mäuler die Ernte verschlingen. Erst dem Helden Born Blaubart gelingt es, der Plage ein Ende zu setzen.
- Einzelne Geweihte der Rondra und Gardereiterinnen aus Ferdok finden im unzugänglichen Roterz bei Zwergen Asyl.
- 414 BF
- Tödliches Attentat auf Priesterkaiser Kathay – „Sommer von Feuer und Blut“. u.a. wird das widerspenstige Dorf Rankhag niedergebrannt und auf den Ruinen zur Mahnung das Stift Prasunk errichtet.
- 415 BF
- Firuns Fluch: Nach der Hinrichtung der Firun-Geweihten Iralda von Firnholm breitet sich eine Bärenplage im mittleren Kosch aus
- Der Phex-Geweihte Ferrik wird als angeblicher Anhänger des Namenlosen hingerichtet
- 416 BF
- Die Graue Grimma, oberste Phex-Geweihte von Angbar, reagiert auf die Bedrohung für ihren Kult, indem sie einen öffentlichen Tempel errichten lässt und fortan die Grundsätze von Redlichkeit und ehrlichem Handel predigt
- 424 BF
- Der wahnsinnige Vogt der Geistmark Gwidhân von Ronahan befielt die Wälder zwischen Ange und Koschbergen zu roden und riesige Scheiterhaufen zu errichten. Schließlich kommt er selbst bei einem Brand ums leben und geht seither als "Schwarzer Praioni" um
- 466 BF
- Rohal der Weise vertreibt die Priesterkaiser
Persönlichkeiten der Epoche
Die Seneschalke von Kosch (II) - "Sonnenfürsten" von priesterkaisers Gnaden in der Lichtei Greifenpass
322 - | 355 | Vinan V. der Sonnenvogt | Vorlage:Tsa um 283 | Vorlage:Boron355 |
355 - | 358 | Vinan VI. Polto | Vorlage:Tsa um 286 | Vorlage:Boron 358 |
358 - | 374 | Vinan VII. der Prächtige | Vorlage:Tsa 303 | Vorlage:Boron 374 |
374 - | 388 | Vinan VIII. Born | Vorlage:Tsa 320 | Vorlage:Boron 388 |
388 - | 390 | Vinan IX. Coradin | Vorlage:Tsa 340 | Vorlage:Boron 390 |
390 - | 405 | Vinan X. Praiobart | Vorlage:Tsa 342 | Vorlage:Boron 405 |
405 | Vinan XI. Stitus | Vorlage:Tsa 361 | Vorlage:Boron 405 | |
405 - | 448 | Vinan XII. Kathay | Vorlage:Tsa 378 | Vorlage:Boron 448 |
448 - | 466 | Vieska III. | Vorlage:Tsa 401 | Vorlage:Boron 469 |
- Kathay - Vorlage:Tsa 365 - Vorlage:Boron 414 - Priesterkaiser (412-414 BF), gebürtiger Koscher, seine Ermordung führte zum "Sommer von Feuer und Blut"
- Hilborn der Gleißende - von 414 bis 418 erster Groß-Inquisitorius zu Trolleck
- Netiana die Gleißende - Groß-Inquisitorin von Trolleck zwischen 418 und 451
- Falormian Ohnegnad - Letzter Groß-Inquisitorius zu Trollek von 451 bis 465
- Prailucata von Drift - Graf-Inquisitorin zu Ferdok während des Sommers von Feuer und Blut
- Darian Lichterlohe - Nachfolger Prailucatas als Graf-Inquisitorius zu Ferdok
- Iralda von Firnholm - Heilige des Firun, Opfer der Priesterkaiserlichen Inquisition
- Graue Grimma - Begründete als Vogt-Vikarin von Angbar die koscher Glaubensregeln des Phex von Redlichkeit und ehrlichem Handel
- Leonore vom Eberstamm, Rondrageweihte, verteidigte die Reichinsignien zu Alt Rudes Schild - ohne Erfolg
- Leubold der Wahrer - Letzter überlebender Rondra-Geweihter, rettete Baduars Schwertscheide aus dem Tempel zu Rhôndur und bewahrte die Regeln, Riten und Gesänge des koscher Kultes