Die Badilikaner-Stube

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Ausgabe Nummer 12 - Firun 1018 BF

Schänken des Kosch: Die Badilikaner-Stube

Ein fürwahr heiliges Wirtshaus zu Fünfbrunnen im Uztrutzschen

„Nun, Frau Gaugräfin, ich wollte Euch ja noch von der ‘Badilakaner-Stube’ erzählen, in der ich kürzlich mein Mittagsmahl einnam.

Von außen macht sie keinen großen Unterschied zu den anderen Kneipen und Tavernen, die der Reisende in Koscher Landen finden kann. Das Fundament ist bis zur Höhe von etwa einen halben Schritt aus Gestein, darüber schließt sich Fachwerk an. Neben der Schenke gibt es einige Holzstangen, an denen der Reisende sein Reittier anbinden mag. Über der Tür schaukelt das Bierkrugschild der Wirteinnung.

Kommt man zur Tür rein, so fällt der Blick zunächst auf eine kleine Traviastatue aus Rotesche, von deren ausgestrecktem Arm ein echter, halb gefüllter Klingelbeutel herabhängt.

Der zweite Blick wander über die grobschlächtigen Holzbänke und Tische und den ebenfalls eher rustikalen Tresen, dann trifft er unweigerlich auf einen der Wirtsleute, die allesamt eine orange-gelbe Robe mit weiter Kapuze und Schnürsandalen tragen — es handelt sich um eine vom Badilikanerorden betrieben Stätte, aber das sagte dem Belesenen ja auch das Schild an der Tür.

Als nächstes sah ich die an der Wand angenagelte Speisekarte — eine Seltenheit in einfachen Landstuben, das müßt ihr zugeben.

Meine Begleiter, die Imker vom Hügelvolk, schwatzten laut und bestellten für sich und mich eine große, dampfende Schüssel eines Zwiebel-Porree-Eintopfes und einen großen Krug Bier; beides brachte der Wirt prompt.

Beim Essen nutzte ich die Gelegenheit, mich in der Schenke umzusehen — und ich war überrascht. Ich sah hier den einfachen Bauersburschen mit den von der Aussaat schmutzigen Händen, den schwarzberockten Borongeweihten vom nahen Garrensand, den in Seide und Bausch gewandeten Händler aus Rhaunen, einen Angbarer Rohalswächter und einen thorwaler Flußpiraten.

Zusammen mit uns, einem Eisenwälder und drei Hügelzwergen, eine recht bunte Mischung, wie man sie aus den Abenteurer-Kneipen der Großstädte vielleicht kennt.

Doch die wahre Überraschung kam erst, als wir zu Ende gegessen und getrunken hatten. Denn dann standen meine Begleiter mir nichts dir nichts auf und gingen, ich schaute ihnen mit offenem Mund hinterher und dachte, sie wollten die Zeche prellen.

Dann rief mir einer zu: ‘Wo bleibst Du, Gevatter?’ und ich trottete leicht verwirrt zum Ausgang. Dort füllten wir alle den Klingelbeutel, verabschiedeten uns und gingen sehr gut gelaunt unserer Wege. Ja, ich, ein vielhundertjähriger Angroschim !, murmelte zu mir selbst sogar eine Bemerkung über das gute Wetter und staunte über einen läppischen Zitronenfalter, der an mir vorbeisegelte!

Erst als ich an einem Marktstand einen Kürbis als Proviant kaufen wollte, bemerkte ich, daß ich ganze drei Zwergentaler — das sind fast vier Dukaten ! — in den Klingelbeutel gelegt haben muß.

Verwirrt ging ich zur Badilikaner - Stube zurück und beobachtete die Tür. Meine Erkenntnis ist in etwa diese: In der Schenke ißt und trinkt jeder, was er nötig hat. Der Wohlhabende wie der Arme. Der Magus steckte, ohne es zu merken, wohl drei Dukaten in den Beutel, ein Bauersmann sechs Heller, der Borongeweihte ein paar Silberlinge, der Thorwaler einen kleinen Opal, der nächste Bauersbursche einen einzigen Kreuzer und ein alter Flußfischer gar nichts.

Ja, Frau Hartsteen, im Angesicht dieser unscheinbaren Holzstatuette, da gibt jeder gerne, was er kann, und die Reichen bemerken es kaum, erfüllt von innerer Freude und Zufriedenheit, den Armen aber, die weniger haben als sie zum Leben und Essen bräuchten, ist die Dankbarkeit förmlich ins Gesicht gezeichnet. Dies nämlich bestätigte mir auch der Krambold, den ich beim Verlassen der Schenke ansprach:

„Uns Menschen scheint das wohl wahrhaftig das beschauliche Wirken der Travia zu sein, leise, aber für alle ohne Ausnahme erfreulich!“