Aus der Historie: Die Geschichte des Geschlechts
◅ | Der Fürst empfängt schweigsame Barone gnädig |
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Verlautbarung von Kordan von Blaublüten-Sighelms Halm | ▻ |
Aus der Historie: Die Geschichte des Geschlechts
Die Baronie Geistmark war bis zum Jahre 4 Hal dem Hause von Sighelms Halm zum Lehen, dessen Stammburg seit vielen hundert Götterläufen im Lande steht. Der letzte Träger des Titels jedoch, Baron Derwart von Geistmark, war wahrlich kein guter Herrscher, sondern einer, der sich den Kaiser Bardo zum Vorbild genommen hatte, und sein Lebtag mit eitler Kurzweil und allerlei wüsten Gelagen verbrachte, während sein Volk über der Last der Steuern in arge Not geriet. Beim Tode des Barons, der im Jahre 10 vom Schlag getroffen starb, atmete manch einer auf: jetzt sollte wohl des Herren Schwester ihm auf den Throne folgen.
Denn auch wenn Baroness Erma sich als Jungfer von Prunk und Lustbarkeiten des barönlichen Hofes hatte blenden lassen, so sah sie wohl das Unglück im Lande und erwies sich obendrein als kluge Verwalterin. Das ihr bereits zu Lebzeiten ihres Bruders anvertraute Rittergut der Familie erwirtschafte trotz der immer höheren Steuerforderungen im jedem Götterlauf mehr als in jenem davor, und doch blieb noch genug, um die ärgste Not im Volk zu lindern. Doch obgleich die Frau Erma seine nächste Anverwandte war (seine Gemahlin nämlich hatte der Baron verstoßen, nachdem ihre Verbindung fünf Jahre lang kinderlos geblieben war), benannte er in seinem Testament seinen Lustknaben Asmodin zum Nachfolger.
Dies entsetzte nicht nur den Traviageweihten — allein, alles Klagen blieb erfolglos, war doch Derwart noch in der Reichsgrundreform des Kaisers als rechtmäßiger Baron bestätigt worden. Asmodin, genannt „der Knabe“, aber führte das ausschweifende Leben seines geliebten Gönners weiter, ohne sich im geringsten um die Amtsgeschäfte zu scheren, bis sich eines Tages ein Haufen verzweifelten Bauern aufmachte, die „sündige Feste“ zu stürmen.
An ihre Spitze setzte sich der Geweihte Wilbur von Zweizwiebeln-Sighelms Halm (der Schwestersohn des alten Herrn Sigward), und es hieß auch, daß gar Büttel am Sturm auf die Burg beteiligt waren, die der Baron von Auersbrück seinem Eidam zur Hilfe gesandt hatte. Die Spießgesellen des Knaben Asmodins ergriffen allesamt die Flucht, als sich die Schar näherte, er selbst aber fiel in die Hände seiner Gegner. „PRAois allheiligst hat gerichtet, was im Argen lag,“ sprach Hochwürden Wilbur, als der Gefangene in Ketten zu seinen Füßen lag, und nur die Milde der Baroness Erma rette das Leben des Sünders. Niemand jedoch sollte je den Beteiligten Vorwürfe machen, daß sie sich gegen ihren Herrn verschworen hatten.
Die gute Frau Erma aber hatte sich indes der Mutter Travia weihen lassen, der sie über all die Jahre eine fromme Jüngerin geworden war. Obschon sie doch dem Land die rechte Ordnung wiedergeben hatte, verbot’s ihr mit einem Mal altes Gesetz, selbst den Baronsreif zu tragen, so daß an ihrer statt ein Vogt berufen werden mußte (was die Landleute nicht daran hinderte, fortan von „der Baronin“ zu sprechen). Dazu wurde zunächst Hilberian bestimmt, der jüngste ihrer Brüder, aber das Glück war dem alten Haus Sighelms Halm nicht treu. Wenig später fielen der Vogt und seine Gemahlin in den Wengenholmer Bergen einer Lawine zum Opfer (einzig Duridan, der kleine Sohn des Paares, überlebt das Unglück), bevor er noch seinen Posten antreten konnte.
Im Zuge der großen Lehnsvergabe des Jahres 16 aber gefiel es Kaiser Hal, einen einfachen, verdienten Recken in jenes Amte zu berufen, was ein wahrhaft großmütiger Entschluß war, doch vielleicht nicht einer von allzu großer Weisheit. Sprunghaft und nicht zum Regieren veranlagt, kehrte Hochgeboren Mihl Halo eines Tages vom einem Ausritt ins Gebirge nicht zurück und blieb verschwunden, während die Wirren von Answinei und Orkensturm das Reich erschütterten. In jenen Praiosläufen, die voll Schrecken und Trauer waren, hatten oftmals Ritter und Söldlinge von Kaiser und Fürsten in Geistmark in Garnison gelegen. Auch wenn sie die Baronie nicht vor dem Ansturm der Orken schützen konnten, so halfen sie doch nach der Schlacht von Gareth die verbliebenen Schwarzpelze zu vertreiben und die Ordnung wiederherzustellen.
Mehr als vier Götterläufe stand Geistmark unter militärischem Befehl, und auch jetzt, da der Krieg vorbei ist, ist der von Fürst Blasius entsandte Vogt Kordan ein gestandener Kriegsmann. Doch zugleich ist er auch ein von Sighelms Halm (wenn auch kein direkter Nachkomme der alten Barone), von dem man hofft, daß er das lange geschundene Land zu neuer Blüte führt. Wie bei der Ernennung ihres Neffen Duridan zum fürstlichen Cantzler, so gelang es der Baronin Erma auch diesmal, den Fürsten zu ihren Gunsten zu stimmen — kennt sie Seine Durchlaucht doch noch aus ihrer Jugendzeit, als sie der Fürstinmutter als Zofe aufwartete.
Burgholdin d. Jüngere, Diener der Herrin Hesinde