50 Jahre Anshold - Vier Sappeure und zwei Prospektoren

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Der Brodilsgrund vor Angbar am 11. Peraine 1044 BF

Aus vielen Kehlen erschallten Jubelschreie, als Growin Sohn des Gorbosch zum Sieger des Armbrustschießens erklärt wurde. Der Graf von Ferdok hatte alle Mitstreiter hinter sich gelassen, darunter einige gestandene Veteranen. “Kangroscha!”, lobte der unterlegene Raskalosch Sohn des Ronax. Falls der Hauptmann der Angbarer Sappeure verärgert darüber war, es nicht in die Finalrunde geschafft zu haben, so zeigte er es zumindest nicht nach außen. Stattdessen ließ er es sich nicht nehmen, als erster persönlich zu gratulieren, und stapfte vom Rande des Feldes sofort auf den Gewinner zu.

Er war nicht der einzige, der den Wappenrock der wiedererstandenen Sappeure trug. Ingram Dickrüb, mit dem er seit dem Frischlingsschuss der Fürstlichen Bergschützen befreundet war und der es inzwischen ebenfalls zum Hauptmann geschafft hatte, ging direkt neben ihm her. Auch er war nach der Vorrunde aus dem Wettbewerb, zeigte aber dennoch ein Lächeln. Sich die Finalrunde mit seinem Freund anzusehen war durchaus unterhaltsam gewesen. Und die Ehre der Sappeure hatten derweil zwei andere hochgehalten...

Diese zwei reichten sich zunächst die Hände und umarmten sich dann herzlich. Kein Wunder, dienten sie doch in derselben Lanze und hatten sich in den vergangen Jahren zusammengerauft.

Ansonsten hätten die beiden Frauen kaum unterschiedlicher sein können, was ihre Herkunft und Gebahren anging. Die eine, welche den zweiten Platz gemacht hatte, verbeugte sich formvollendet und machte noch eine galante Geste in Richtung des Grafen, bevor sie sich ihm in wohl eingeübter, aufrechter Haltung näherte, den Blick auf Ihr Gegenüber gerichtet, das Gesicht wie eine Maske. Kein Zweifel, dies war eine ausgebildete Kriegerin von edlem Stand.

Die andere, welche den Wettbewerb auf dem vierten Rang beendet hatte, machte eine grimmige Miene, knurrte einmal und folgte ihrer Kameradin in gemächlichem Gang, den Oberkörper gemütlich hin- und herwiegend. Sie wirkte wie eine Söldnerin oder Soldatin aus dem einfachen Volk. Trotz ihres ernsten Gesichtsausdrucks war Travine Ferdoker insgeheim zufrieden, denn so gut abzuschneiden hatte sie nicht erwartet. “Na immerhin – besser als ich waren nur drei Adelige! Aber Du musstest Dich alleine dem Grafen geschlagen geben. Das müssen wir nachher noch ordentlich begießen, Ackbar!” Die Angesprochene hieß mit vollem Namen eigentlich Waliburia Duridanya Perainiane von Sturmfels, wurde aber von ihrer Lanze mit ihrem Herkunftsort angeredet, weil das kürzer war. Ihre Augen blitzten fröhlich auf; ansonsten blieben ihre Gesichtszüge unergründlich.

“Euer Hochwohlgeboren, es ist mir eine Ehre! Wir haben Eure Unterstützung für die Sappeure nicht vergessen – seht selbst, dass sie nicht vergebens war!”, eröffnete Ackbar das Gespräch, als sie bei den anderen angelangt waren. Travine Ferdoker verzichtete auf jegliche Förmlichkeiten und kam nach einer knappen Begrüßung gleich zur Sache. “Vielleicht möchte der Herr Graf zur Feier des Tages eine Runde mittrinken. Ich gebe einen aus!” Es war in der Lanze Brauch geworden, eine bestimmte Sorte Schnaps vor dem Trinken anzuzünden, so dass ingerimmgefällige Flämmchen über den Bechern brannten. Wer wollte da noch nein sagen?

Bevor die beiden Freundinnen sich zu ihrer Unterkunft begaben, sprachen sie noch mit zwei weiteren Angroschim, die sie von einer früheren Begegnung in Moorbrück kannten. Sie hatten Bengram Sohn des Borgrim bereits unter dem Teilnehmerfeld gesehen hatten, doch noch keine Zeit für einen Plausch gehabt. “Glückwunsch Euch beiden! Es war mir eine Ehre, einmal vor den Augen des Fürsten zu schießen, aber man hat heute deutlich gemerkt, wer mit der Armbrust erfahrener ist!” “Gratulation auch von mir!”, ergänzte Xandresch Sohn des Xologrim, “wobei er noch der bessere Schütze ist als ich! Aber wir sind es beide einfach nicht gewohnt, vor Publikum zu schießen. Das Schicksal eines Prospektors!” “In der Wildnis zählt nur, dass man gut genug trifft.”, bemerkte Travine Ferdoker und zwinkerte den Zwergen zu. “Da gibt es sogar einen ganz wertvollen Preis zu gewinnen: Das eigene Leben.” “Oho, Du bist ja mit Worten heute so gut wie mit der Armbrust!”, frotzelte Ackbar nun, sichtlich gelöst und erfreut über das Wiedersehen. “Warum gehen wir nicht zusammen einen trinken? So bald werden wir uns wohl nicht innerhalb von Stadtmauern wiedersehen!” Das gefiel den Zwergen, und auf dem Weg zur nächsten Gaststube erkundigten sie sich noch über das werte Befinden ihres Vetters Ibralosch Sohn des Ingrasch, der in derselben Lanze diente wie die zwei Frauen. So endete das Armbrustschießen mit einem gepflegten Zechen, bei dem die Anspannung des letzten Tages rasch von den Teilnehmern abfiel.