Die Kaiserlichen Inseln im Angbarer See

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Ausgabe Nummer 35 - 1027 BF

Die Kaiserlichen Inseln im Angbarer See

Die Kaiserlichen Inseln. © M. Lorber

Nach alter Überlieferung ließ sich schon Kaiser Valpo dereinst von Angbar, wo er in eigener Person die örtlichen Brauereien inspiziert hatte1, hinüber auf die damals unbedeutenden Inseln rudern. An diesem beschaulichen Fleckchen Dere gefiel es ihm so gut, dass er die Inseln kurzerhand zum kaiserlichen Lehen machte und dort fortan so manches (be)rauschende Fest feierte.

Lange wurde es erneut still um die kleine Inselgruppe. Erst Kaiser Perval entdeckte das vergessene Lehen auf der Suche nach einem geeigneten Ort für ein Seemanöver, dem der altgewordene Monarch trotz angeschlagener Gesundheit beiwohnen konnte, wieder. So wurde auf dem größten der Eilande kurzerhand ein kleiner Gefechtshafen errichtet und eilig eine kleine Flotte erschaffen, die sich zur Freude des greisen Kriegsherren anno 45 v. H. eine denkwürdige Seeschlacht lieferte, über die ansässigen Hügelinge staunend den Kopf schüttelten.

Es blieb das einzige rondrianische Schauspiel dieser Art, denn schon wenige Monde darauf starb Perval.

Seine zwei kaiserlichen Kinder, Bardo und Cella, jedoch hatten an diesem Ort Gefallen gefunden und verbrachten manch ausgelassene Stunde dort. Bardo etwa baute den Gefechtsstand seines Vaters auf der Hauptinsel Pervalia zum Pavillon um, machte aus den übrig gebliebenen Schiffen eine Lustflotte und ließ gar ein kleines Schloß errichten. Schon nach diesem einen Sommer jedoch soll Bardo das Interesse an Pervalia verloren und nie mehr einen Fuß auf das Eiland gesetzt haben.

Seither verrotten die Boote der Miniatur-Kriegsflotte unter ihren Planen – sofern sie nicht frühzeitig, wie die „Barschbügler“ verkauft wurden. Heute dient dieses Boot nach Runderneuerung in neuem Glanz dem Flößer Herbim, Herboschs Sohn als Seefähre. Der kaiserliche Pavillon und das Bardoschlößlein auf dem Eilande befinden sich hingegen in leidlichem Zustand, seit sie der Prinz Edelbrecht und die Gefährten seiner tollen Burschentage wiederentdeckten, und Graf Orsino von Falkenhag lädt dort dann und wann zu einer kleinen aber höchst exquisitten Gesellschaft.

Kaiserin Cella dagegen soll während einer Feierlichkeit auf der Insel Cellastein der Geist Valpos erschienen sein, woraufhin sie dort einen Rahjatempel und einen Wohnturm für einen ihrer Minister errichten ließ, der fortan diesen Tempel stets offen und gepflegt zu halten hatte. Noch heute verrichtet der Enkel jenes Ministers, der Reichsedle Therunbold von Cellastein, getreulich nach kaiserlicher Urkunde seinen Dienst und pflegt den Blumengarten, versorgt den kleinen Schrein mit frischem Lampenöl sowie stets duftenden Kissen.

Einen Geweihten sieht der Tempel jedoch nur im Rahmen des Seefestes während des Rahjamondes. Wie es heißt, soll Graf Orsino ein treuer Spender für die Tempelkasse sein und seinen Teil zur kürzlichen Erneuerung beigetragen haben. Sein Schloß Grauensee2 thront seit etwa sechzig Götterläufen unweit der Inselgruppe, so daß sich der Schöne Graf von seinem Schlafgemach aus stets an der frischen Pracht des kleinen Tempels erfreuen kann.

Die kleineren Eilande Elbenstein (an deren Nordspitze tatsächlich eine weiße Nymphenstatue aus Marmor steht) und der karge Wittenstein (auf Rogolan Winterherz geheißen) sind nicht bewohnt oder werden, wie die verwunschene Insel Nachtreigen, sogar aus Aberglauben gar nicht erst betreten.

Bleibt die Frage ob diese, wie es scheint, seit Bardo und Cellas Zeiten in Gareth vergessenen Inseln dereinst wieder von einer kaiserlichen Lehnsherrin betreten werden — auf daß sie ihren im Volksmund geführten Namen mit neuem Stolz führen mögen: die Kaiserlichen Inseln.

Born von Stedtler

1 – Wohl jener Besuch, an dem der scharfsinnige Kaiser als erster die wunderlichen Tiermischwesen erspähte, die seither als Valpodinger bekannt sind.

2 – Das Schloß ist ein genaues Abbild der ein wenig älteren fürstlichen Thalessia zu Angbar, ein Geschenk des Fürsten Berndrich vom Eberstamm an seine Schwester Praiodane anläßlich ihrer Hochzeit mit dem Grafen Praiodan von Falkenhag. Die Schlösser liegen sich an West- und Ostufer des Sees gegenüber.